Erzieherin mit Tablett

ChatGPT in der Kindheitspädagogik am Beispiel Kindertagesstätte

Prof. Dr. Noreen Naranjos Velazquez & Prof. Dr. Matilde Heredia

03.03.2025 Kommentare (0)

Inhalt
  1. Künstliche Intelligenz – ChatGPT ist nicht das erste Tool
    1. Chancen vom KI-Tool ChatGPT
  2. Impulse für die Nutzung von Chat-GPT
    1. Tägliche Aufgaben
    2. Kommunikation mit Eltern 
  3. Zusammenfassung
  4. Literatur und Empfehlungen zum Weiterlesen
    1. Autorinnen

Zu Beginn des Jahres 2023 zeichnete sich eine neue Ära ab, in der Kindertageseinrichtungen (Kitas) durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI) vor neuen Möglichkeiten standen. Diese könnten mögliche Schlüssel für anhaltende Herausforderungen wie Qualitätsmanagement und Fachkräftemangel sein (Angelis et al., 2023; Klaudy & Stöbe-Blossey, 2020; Kluczniok, 2018). Gemeint ist die Erprobung eines auf dem Sprachmodell GPT 3.5 basierenden Chatbots: ChatGPT von OpenAI (2023). Dessen Anwendungsbereiche erstrecken sich über verschiedene gesellschaftliche Bereiche. Besonders in pädagogischen Settings gibt es dabei eine Auseinandersetzung mit den potenziellen Risiken, die der Einsatz solcher KI-Tools mit sich bringen kann (Alkaissi & McFarlane, 2023; Deutscher Ethikrat, 2023, S. 185; Naranjos Velazquez, 2025). Der vorliegende Artikel zeigt vier konkrete Anwendungsbeispiele für den Einsatz des Chatbots ChatGPT in der täglichen Kita-Praxis auf.

Künstliche Intelligenz – ChatGPT ist nicht das erste Tool

Die Entstehung und Entwicklung von Künstlicher Intelligenz (KI) markiert einen Wendepunkt in vielen Bereichen des täglichen Lebens und der Arbeitswelt. Insbesondere das KI-Tool ChatGPT, basierend auf dem Sprachmodell GPT3.5/GPT4, eröffnet neue Dimensionen in der Informationsverarbeitung, Kommunikation und Entscheidungsfindung.

Chancen vom KI-Tool ChatGPT

ChatGPT stellt als freizugängliches KI-Tool eine Innovation dar. Es revolutioniert die Art und Weise, wie Informationen abgerufen und verarbeitet werden. Zudem bietet ChatGPT Vorteile im Bildungsbereich. Durch die Fähigkeit, komplexe Anfragen zu verarbeiten und auf Basis eines umfassenden Verständnisses für Sprache zu antworten, ermöglicht ChatGPT eine neue Ebene der Interaktion und des Lernens. Die Nutzung des Tools kann dazu beitragen, den Fachkräftemangel zu mildern, indem routinemäßige, sich wiederholende Aufgaben automatisiert werden, wodurch Pädagog:innen mehr Zeit für ihre Kernaufgaben erhalten (Heredia & Naranjos Velazquez, 2023). 

Insbesondere in Kindertagesstätten bietet der Einsatz von ChatGPT zudem die Möglichkeit, die pädagogische Qualität zu steigern. Durch die Automatisierung administrativer Tätigkeiten und die Bereitstellung von Unterstützung bei der Dokumentation und Entwicklung pädagogischer Konzepte können Einrichtungen effizienter gestaltet und die pädagogische Arbeit intensiviert werden. Dies führt zu einer verbesserten Strukturqualität und entlastet das Personal, sodass mehr Zeit für die individuelle Förderung der Kinder bleibt (Heredia & Naranjos Velazquez, 2023).

Beispiele für routinemäßige, sich wiederholende Aufgaben:

  • Verfassen von E-Mails zu wiederkehrenden Aspekten, wie Elterngespräche oder Einladung zum Elternabend, auch für die Öffentlichkeitsarbeit, wie zum Beispiel Pressemitteilungen 
  • Anwesenheitslisten abgleichen 
  • Wochenaktivitäten in einem ansprechenden kurzen Text verwandeln
  • Brainstorming für alternative Formulierungen zu selbst entwickelten Sätzen
  • Übersetzung in andere Sprachen: Speiseplan, Aktionsmaterialien, Einladungen, Elternbriefe, Monatsblätter, Website-Informationen

Praktische und ethische Grenzen 

Trotz der vielfältigen Möglichkeiten die ChatGPT bietet, ergeben sich auch Herausforderungen, insbesondere hinsichtlich des Datenschutzes und ethischer Fragestellungen. Die Generierung und Verarbeitung von Daten durch KI-Tools birgt Risiken in Bezug auf den Schutz persönlicher Informationen und die Verbreitung von Falschinformationen. Ethische Überlegungen betreffen zudem die Transparenz und Verantwortlichkeit im Umgang mit KI-generierten Inhalten. Eine kritische Auseinandersetzung mit diesen Aspekten ist essenziell, um Missbrauch zu verhindern und Vertrauen in die Technologie zu fördern (Heredia & Naranjos Velazquez, 2023; Naranjos Velazquez, 2025). Darüber hinaus stoßen KI-Tools wie ChatGPT an praktische Grenzen, wenn es um die Interpretation und Verarbeitung emotional sensibler oder kontextabhängiger Informationen geht. Die Fähigkeit zur Empathie und zum tieferen Verständnis menschlicher Emotionen bleibt eine Domäne, in der menschliche Fachkräfte unersetzlich sind (Naranjos Velazquez, 2025). 

Tipps, um diese Aspekte im Blick zu haben

Beim Arbeiten mit der frei verfügbaren Version von ChatGPT 3.5 ist es wichtig zu beachten, keine personenbezogenen Daten einzugeben, wie etwa Namen von Kindern oder Eltern, um Datenschutzrichtlinien einzuhalten und ethische Aspekte zu berücksichtigen. Beispiele für ethische Aspekte sind die Vermeidung von Diskriminierung, die Förderung von Fairness und Transparenz sowie die Gewährleistung von Sicherheit und Privatsphäre für alle Nutzer. Zusätzlich sollte beachtet werden, dass nur wirklich von pädagogischen Fachkräften beobachtete Aspekte in Beurteilungen von Spielverhalten einfließen dürfen, um die Integrität und Objektivität der Analysen zu wahren. 

Impulse für die Nutzung von Chat-GPT

Können KI-gestützte Technologien, wie ChatGPT, den pädagogischen Alltag in Kindertageseinrichtungen bei pädagogischen Angeboten und Arbeitsprozessen entlasten? Möglicherweise wird diese Frage und die allgemeine Auseinandersetzung mit KI in der Praxis von Kindertageseinrichtungen noch in die Zukunft betrachtet. Ein genauerer Blick auf die mögliche Anwendung dieser Technologien zeigt jedoch, dass ChatGPT bei konkreten Arbeitsprozessen in Kitas nützlich sein kann. Zunächst werden Praxisbeispiele erläutert, in denen ChatGPT niedrigschwellig und zielgerichtet angewendet werden kann.

Tägliche Aufgaben

Zu den täglichen Aufgaben in der Praxis der Kindheitspädagogik zählen die Kommunikation und die Dokumentation (Knauf, 2015; Schönborn & Kuhl, 2020, S. 170). Die Kommunikation in Kitas verläuft auf verschiedenen Ebenen und mit unterschiedlichen Gruppen häufig parallel; dazu gehören Kinder, Mitarbeitende, Eltern und Familien. Sowohl die Dokumentation als auch die Kommunikation stehen im Mittelpunkt von Qualitätsanforderungsprozessen, die wiederum durch aktuelle Herausforderungen, wie den Fachkräftemangel (Biedinger, 2020), komplexer werden.

Text verfassen für Elternbriefe und Aushänge

Nicht selten entstehen im Kitaaltag Missverständnisse oder sogar Konflikte aufgrund eines Mangels an Information. Schriftliche Informationen, wie Aushänge oder Elternbriefe, sind praktisch, um Eltern und Familien über aktuelle Ereignisse, Probleme oder kurzfristige Veränderungen von Strukturen oder der Planung von Aktivitäten und Ausflügen zu informieren. Zu den möglichen Themen zählen ein Trauerfall, Beißvorfall oder die Vermittlung sensibler Informationen. Oft bedeutet eine solche Situation eine zusätzliche Belastung für die Mitarbeitenden der Kitas, wenn neben den täglichen Aufgaben auch ein Aushang oder ein Elternbrief verfasst werden muss. Im Sinne einer gelungenen Bildungs- und Erziehungspartnerschaft auf Augenhöhe (Roth 2010, S. 17-19) ist es notwendig, die Eltern und Erziehungsberechtigten möglichst zeitnah über aktuelle Themen, Probleme und Änderungen, die kurzfristig auftreten (können), die zu informieren und einzubeziehen.  

ChatGPT kann hierbei auf verschiedene Weise von großer Unterstützung sein. Nachdem die zentralen Informationspunkte formuliert sind, d.h., was der Inhalt des Textes ist, der kommuniziert werden soll, kann ChatGPT die Grundstruktur eines Elternbriefs bzw. eines Aushangs vorgeben. Ebenfalls kann ChatGPT gebeten werden, den Text (Elternbrief oder Aushang) auf Grammatik und Rechtschreibung zu überprüfen. Nachdem eine gewünschte Textgrundlage entsteht, kann ChatGPT gebeten werden, den Text in einfache Sprache umzuformulieren. Bei Bedarf kann der Text in weitere Sprachen wie Englisch, Französisch oder Türkisch übersetzt werden. Um feine Nuancen in der Kommunikation zu berücksichtigen, kann ebenfalls ChatGPT darum gebeten werden, den Ton des Briefes freundlicher, diplomatischer oder blumiger zu gestalten.

Texte unkompliziert verfassen

Die Wettervorhersage für morgen hat sich kurzfristig verändert, der geplante Ausflug in den Stadtpark wird trotzdem stattfinden. Es ist aber wichtig, schnell die Eltern darüber zu informieren, dass die Kinder eine Regenjacke und feste Schuhe mitbringen sollen. Dazu soll ein Elternbrief und ein Aushang für den Eingangsbereich formuliert werden und in 3 Sprachen übersetzt werden und zur Abholzeit verteilt bzw. im Eingangsbereich aufgehängt werden: Mit ChatGPT kein Problem: 

  • Kurz und präzise die zentralen Punkte des Elternbriefes/Aushanges aufschreiben
  • Bitte ChatGPT eine Vorlage für einen Elternbrief/Aushang zu formulieren
  • Trage die zu Beginn formulierte Punkte, die im Elternbrief/Aushang beinhaltet sein sollen und bitte ChatGPT darum, diese in der vorgeschlagenen Vorlage umzuformulieren  
  • Überprüfe, ob der erste Entwurf klar formuliert ist und kein Aspekt der Information fehlt
  • Trage diese bei ChatGPT ein und bitte um eine Formulierung in einfacher Sprache
  • Bitte ChatGPT den Text in den von dir gewünschten Sprachen zu übersetzen. 

Portfolioarbeit

Wie kann die Portfolioarbeit im pädagogischen Alltag individueller und effektiver gestaltet werden? Portfolios im pädagogischen Alltag individueller und effektiver zu gestalten, ist eine Herausforderung, insbesondere angesichts aktueller Schwierigkeiten wie Fachkräftemangel und zunehmend komplexer struktureller sowie pädagogischer Aufgaben. Die Kernfunktion von Portfolios besteht darin, die Bildungs- und Lebenserfahrungen von Kindern während ihrer Zeit in der Kita zu dokumentieren. Portfolios erfassen Lerninteressen, Lernerfahrungen und erste positive Sozialisationserfahrungen mit Gleichaltrigen (Krüger 2016). Sie sollten idealerweise durchgängig im pädagogischen Alltag zugänglich sein und als prozessorientiertes, kindbezogenes Verfahren genutzt werden (Lepold & Lill 2021, S.28-29), um Interessen und Erfahrungen der Kinder im Dialog mit ihnen festzuhalten.

Im Sinne der Unterstützung individueller Bildungs- und Entwicklungsprozesse ist es sinnvoll, Portfolios noch gezielter auf die Erfahrungen und Bildungsprozesse der Kinder auszurichten und die Kinder stärker in die Gestaltung ihrer eigenen Portfolios einzubeziehen. Dadurch wird die Diversität der Gruppe sowie die Individualität der Kinder deutlicher sichtbar (Hechler, 2019). Diese Perspektive bedeutet auch, dass die Gestaltung der Portfoliovorlagen erweitert werden sollte. In idealen Portfolios fließen „Beobachtungsergebnisse der Erwachsenen und die Werke der Kinder zusammen und machen dadurch die Bildungsprozesse und Entwicklungsverläufe eines Kindes sichtbar“ (Lepold & Lill 2021, S. 9). 

Die Einbeziehung der Eltern, Erziehungsberechtigten und Familien in die Gestaltung der Portfolios von Anfang an ist von großem Vorteil. Auf diese Weise kann effektiver auf die Sprachen, Kulturen und das Lebensumfeld des Kindes eingegangen werden, was die Identität der Kinder als aktive Teilnehmer:innen ihrer eigenen Bildungserfahrungen stärkt.

Wie kann ChatGPT bei der Erstellung von individuellen Portfolios nützlich sein? Um Portfolios effektiver, vielfältiger und individueller im pädagogischen Alltag zu gestalten, ohne dass das pädagogische Team zusätzliche Arbeit übernehmen muss, ist es notwendig, die Arbeitsschritte systematischer zu organisieren. ChatGPT kann dabei helfen, gezielt Dokumentations- und Portfoliovorlagen für den eigenen pädagogischen Alltag zu entwickeln. Diese Vorlagen können die Interessen der Kinder, die in der Einrichtung vertretenen Kulturen und aktuelle Situationen in der Kita, wie einen Umzug, einen Umbau oder eine Umgestaltung des Außengeländes, berücksichtigen. 

Mit der Unterstützung von ChatGPT können Schwerpunkte für die Portfolioarbeit definiert werden. Im Dialog mit ChatGPT lässt sich überprüfen, ob die gewählten Schwerpunkte der Portfoliovorlagen vollständig sind oder welche Aspekte bzw. Schwerpunkte möglicherweise übersehen wurden. Bei Bedarf können mit ChatGPT angrenzende Themen oder Aspekte identifiziert und in die Vorlagen integriert werden. 

ChatGPT kann darüber hinaus helfen, die Vorlagen in einfacher Sprache zu formulieren und auch in weitere Sprachen zu übersetzen. Dadurch werden die Beteiligungsmöglichkeiten von mehrsprachigen Familien in die Portfolioarbeit erweitert und die Zugänglichkeit verbessert. So wird die kulturelle Vielfalt in der pädagogischen Arbeit noch besser berücksichtigt und alle Familien können sich aktiv und verständlich einbringen. 

Portfoliovorlagen mit ChatGPT entwickeln 

Ausgangslage: Unsere Kita hat ein großartiges Außengelände, wo Kinder sehr gerne Zeit verbringen, leider sind diese Erfahrungen in den Portfolios wenig dokumentiert:

  • ChatGPT kann bei der Suche und Definition von neuen und gezielten Aspekten zur Dokumentation von Erfahrungen im Außengelände der eigenen Kita unterstützen.
  • Nach Beobachtung der Aktivitäten der Kinder im Außengelände können mit ChatGPT Portfoliovorlagen entwickelt werden, die auf die Interessen der Kinder gerichtet sind, ebenso können vorhandene Vorlagen thematisch erweitert werden
  • Die neuen Portfoliovorlagen können in Leichte Sprache und auch in weitere Sprachen übersetzt werden. 
  • Um mehr Dialog in den Portfolios einzufügen, können mit ChatGPT Fragen bzw. Kinderinterviews vorbereitet werden

Kommunikation mit Eltern 

Die Kommunikation zwischen Kita und Familien ist die Grundlage einer gelungenen Bildungs- und Erziehungspartnerschaft. Der Alltag von Kindern wird zwischen zwei Systemen aufgeteilt: „Zum einen gehören sie ihrer Herkunftsfamilie an und zum anderen dem Kita-System. Das familiäre System ist vorrangig geprägt durch die Beziehung zwischen den Generationen Eltern und Kind. In der Kita strukturiert sich das System durch die Beziehungen der Gleichaltrigen“ (Elling & Kruse-Heine 2020, S.120). 

Eine gelungene und qualitative Kommunikation mit Eltern und Familien bildet die Grundlage für Vertrauen, Sicherheit und eine nachhaltige Bildungs- und Erziehungspartnerschaft. Diese Kommunikation leidet jedoch oft unter den Herausforderungen des pädagogischen Alltags, wie Fachkräftemangel und Zeitmangel. Nicht selten ist die Kommunikation mit Eltern, Erziehungsberechtigten und Familien im Alltag auf Tür-und-Angel-Gespräche eingeschränkt und oft nicht ausreichend, um alle anstehenden Themen zu besprechen. „Kita ist ohne Eltern heute nicht denkbar“ (Aich, Kuboth & Behr 2017, S.9-10), und sowohl aus rechtlichen als auch aus pädagogischen Gründen gehört die Einbeziehung der Eltern in die Bildungs- und Erziehungsprozesse der Kinder zu einer qualitativen pädagogischen Arbeit dazu. Aktuelle Aspekte, wie die Mehrsprachigkeit und die kulturelle Vielfalt der Familien, die in der pädagogischen Einrichtung willkommen sind, sollten in der Kommunikation berücksichtigt werden. 

Hürden der Mehrsprachigkeit meistern 

Mehrsprachigkeit ist ein Gewinn für den pädagogischen Alltag, kann jedoch in der Praxis von Kitas eine Überforderung für pädagogische Fachkräfte bedeuten. „In den letzten Jahrzehnten ist eine veränderte Sichtweise in Bezug auf die sprachliche Bildung und Förderung im Allgemeinen und auf den Umgang mit mehrsprachig aufwachsenden Kindern im Besonderen zu beobachten“ (Jahreiß 2018, S.29). Zwar wird Mehrsprachigkeit zunehmend im Kitaalltag bei pädagogischen Angeboten oder im Alltagsgeschehen einbezogen, doch bleibt die Kommunikation mit Eltern ohne eine gemeinsame Sprache eine Herausforderung für pädagogische Fachkräfte, die eine qualitative Bildungs- und Erziehungspartnerschaft mitgestalten möchten und dabei oft an sprachlichen Kenntnissen sowie an Zeitmangel scheitern. Um alle Eltern in die Bildungs- und Erziehungsprozesse ihrer Kinder einzubeziehen, kann die schriftliche mehrsprachige Kommunikation durch ChatGPT zielgerichteter gestaltet werden. Eltern, die die deutsche Sprache noch nicht beherrschen, können so grundlegende Informationen über die Organisation der Kita, die Alltagsstruktur, Regeln, Bring- und Abholsituationen, aktuelle Ereignisse, aber auch Elterngespräche, Familienangebote und Feste schriftlich erhalten. Mit ChatGPT können sowohl Textbausteine für verschiedenste Themenbereiche als auch in unterschiedlichen Sprachen formuliert werden. Zudem können wichtige kulturelle und soziale Aspekte der verschiedenen Sprachen und kulturellen Hintergründe zusammengefasst und als Informationen für das Team zur Verfügung gestellt werden. In einem weiterführenden Prozess können KI-Assistenten für die Sprachen entwickelt werden, die bei der Verfassung von Informationen unterstützend zur Seite stehen können.

Mehrsprachige Kommunikation mit Eltern

Drei Familien, die neu im Stadtteil sind und mit der Eingewöhnung ihrer Kinder bald beginnen, sollen vor und während der Eingewöhnung begleitet werden. Aktuell verfügen die pädagogischen Fachkräfte und die neu zugezogenen Familien jedoch über keine gemeinsame Sprache: 

  • Die wichtigsten Informationen über die Eingewöhnung werden im Flyer mehrsprachig aufgelistet.
  • Während der Eingewöhnung wird mit Familien über die Familiensprache(n) kommuniziert.
  • Bei Bedarf können die wichtigsten Merkmale der Sprachen mit ChatGPT recherchiert werden
  • Sprachliche Ähnlichkeiten zwischen Familiensprache(n) und Deutsch als Amtssprache, können dadurch festgestellt werden
  • Die zentralen Informationen zur Eingewöhnung werden auf Deutsch und in die drei Sprachen übersetzt.
  • Zentrale Aspekte und Verhalten während der Eingewöhnung werden kurz und präzise formuliert und auch in die drei Sprachen übersetzt.
  • Die Eltern haben während der Eingewöhnung die Möglichkeit, Fragen zu sammeln, die wir parallel oder anschließend mit ChatGPT übersetzen und klären können

Sensibilität für kulturelle Vielfalt verbessern

Kulturelle Vielfalt ist in Kitas zunehmend präsent und bereichert diese Einrichtungen auf vielfältige Weise. Gleichzeitig kann die Vielfalt auch Unsicherheiten bei den Mitarbeitenden hervorrufen, insbesondere wenn Umgangsformen, kulturelle Unterschiede, Geschlechterrollen oder Nähe-Distanz-Aspekte missinterpretiert werden. Zu einer professionellen Haltung der pädagogischen Fachkräfte gehört es, auch in der Interaktion mit Eltern aus anderen Kulturen offen und ehrlich zu kommunizieren (Leitner & Reutner 2020, S. 150). Es wird nicht erwartet, dass Teams von Kindertageseinrichtungen alle Kulturen, kulturellen Unterschiede, Rituale und sensiblen Themen der Kulturen kennen. Vielmehr ist es wichtig, einen sensiblen und offenen Umgang mit den verschiedenen Kulturen zu entwickeln.

Die kulturelle Vielfalt im Kontext der Erziehungs- und Bildungspartnerschaft steht im Zusammenhang mit einer gelungenen kultursensiblen und mehrsprachigen Praxis. In dieser werden implizite und explizite Aspekte der Sprache berücksichtigt, und alle Sprachen im pädagogischen Kontext als wertvoll anerkannt (Purkarthofer, S. 49-52). Idealerweise sollte dieser Aspekt auch in der Einbeziehung von Eltern in Bildungssituationen ihrer Kinder berücksichtigt werden. Bei der Gestaltung von Kommunikation sowie Bildungs- und Erziehungspartnerschaften geht man meistens von den eigenen Erfahrungen und der eigenen Kultur aus. In anderen Kulturen ist die Beteiligung von Eltern jedoch nicht selbstverständlich. „Es gibt Länder wie die Türkei, in denen dies wenig erwartet wird und in denen die Verantwortung für die Ausübung von erzieherischen Kompetenzen sowie für die Vermittlung von Bildung die Bildungseinrichtung übernimmt. Und es gibt Länder wie die USA, in denen der Kontakt mit den Eltern sehr eng ist“ (Laluna/Leyendecker 2020, 90) 

Mit der Unterstützung von ChatGPT können kurze Fragebögen für den Einstieg der Eltern in die neue Einrichtung gestaltet werden. Dadurch ist es möglich, zentrale Aspekte aus der eigenen Sprache sowie Kultur der Kinder und Familien kennenzulernen. Gleichzeitig kann gemeinsam an der Kommunikation und der Kita-Kultur gearbeitet werden. Dies ermöglicht es, von Anfang an eine Struktur für die Bildungs- und Erziehungspartnerschaft zu entwickeln, bei der sensible kulturelle Aspekte berücksichtigt werden.

Zusammenfassung

Im Jahr 2023 begann eine neue Ära für Kindertageseinrichtungen durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI), insbesondere durch den Einsatz des auf GPT 3.5 basierenden Chatbots ChatGPT von OpenAI. Die Implementierung dieses KI-Tools bietet das Potenzial, zentrale Herausforderungen wie Qualitätsmanagement und Fachkräftemangel zu adressieren. Der Artikel diskutierte sowohl die Chancen als auch die ethischen und praktischen Grenzen von ChatGPT in pädagogischen Settings. Die spezifischen Anwendungsbereiche von ChatGPT in der Kita-Praxis umfassen:

  • Unterstützung bei täglichen Aufgaben: ChatGPT kann für das Verfassen von Texten für Elternbriefe und Aushänge genutzt werden, erleichtert die Portfolioarbeit und unterstützt die Dokumentation von Bildungs- und Lebenserfahrungen der Kinder.
  • Verbesserung der Kommunikation mit Eltern**: Der Einsatz von ChatGPT kann helfen, die Mehrsprachigkeitshürden zu meistern und die Sensibilität für Kulturelle Vielfalt zu erhöhen.
  • Ethik und Datenschutz: Trotz der vielen Vorteile erfordert der Einsatz von ChatGPT eine kritische Auseinandersetzung mit Fragen des Datenschutzes und der ethischen Verantwortung. Dies beinhaltet den Schutz persönlicher Informationen und die Sicherheit im Umgang mit den generierten Daten.
  • Potenzial und Grenzen: ChatGPT bietet große Unterstützungsmöglichkeiten, stößt jedoch bei Aufgaben, die emotionales Verständnis und tiefgehende menschliche Interaktionen erfordern, an seine Grenzen. Menschliche Empathie und persönliche Beziehungen bleiben unerlässlich in der pädagogischen Arbeit.

 Übungsaufgaben

Literatur und Empfehlungen zum Weiterlesen

Deutscher Ethikrat (2023): Mensch und Maschine: Herausforderungen durch Künstliche Intelligenz. Zugriff am 10.04.2024. Verfügbar unter http://www.ethikrat.org/fileadmin/Publikationen/Stellungnahmen/deutsch/stellungnahme-mensch-und-maschine.pdf

Görz, G.; Schmid, U. & Braun, T. (Hrsg.), Handbuch der Künstlichen Intelligenz (6. Auflage). De Gruyter Oldenbourg

Naranjos Velazquez, N. (2023): Nutzung von ChatGPT in Netzwerken Frühe Hilfen: Impulspapier. Universität Rostock. Zugriff am 11.04.2024. Verfügbar unter https://doi.org/10.18453/rosdok_id00004206

Glossar 

Die Bildungs- und Erziehungspartnerschaft beschreibt die Zusammenarbeit zwischen Eltern und pädagogischen Fachkräften zum Wohl des Kindes. Ziel ist es, eine gemeinsame Verantwortung für die Bildungs- und Entwicklungsprozesse der Kinder zu tragen.

ChatGPT ist ein KI-gestützter Chatbot, der auf dem Sprachmodell GPT-3.5/GPT-4 basiert und von OpenAI entwickelt wurde. Es kann menschenähnliche Texte erstellen und auf komplexe Anfragen in natürlicher Sprache antworten.

Ethik in der Pädagogik beschäftigt sich mit den moralischen Prinzipien und Werten, die das Handeln von Erziehenden und Lehrenden leiten. Dies umfasst Aspekte wie Gerechtigkeit, Respekt, Verantwortung und das Wohl des Kindes.

Künstliche Intelligenz (KI) bezeichnet die Fähigkeit von Maschinen, insbesondere Computern, Aufgaben auszuführen, die normalerweise menschliche Intelligenz erfordern. Dazu gehören Problemlösung, Mustererkennung, Sprachverstehen und Entscheidungsfindung.

Mehrsprachigkeit bezeichnet die Fähigkeit einer Person, in mehreren Sprachen kommunizieren zu können. In der pädagogischen Praxis bedeutet dies, dass Kinder und Eltern mit unterschiedlichen sprachlichen Hintergründen unterstützt und gefördert werden, um eine effektive Kommunikation zu gewährleisten.

Portfolioarbeit in der pädagogischen Praxis bezeichnet die systematische Sammlung und Dokumentation von Lern- und Entwicklungserfahrungen eines Kindes. Ziel ist es, die Bildungsprozesse und Fortschritte des Kindes sichtbar zu machen und zu reflektieren.

In Bezug auf ChatGPT ist ein "Prompt" der Text oder die Eingabe, die ein Benutzer an das Modell sendet, um eine Antwort oder eine bestimmte Reaktion zu erhalten. Der Prompt kann eine Frage, eine Anweisung, eine Beschreibung oder jede andere Art von Text sein, die dazu dient, das Modell zu einer bestimmten Antwort zu veranlassen. Beispiele für Prompts in ChatGPT:

- Frage: "Was ist die Hauptstadt von Frankreich?"

- Anweisung: "Erkläre die Relativitätstheorie in einfachen Worten."

- Beschreibung: "Schreibe eine kurze Geschichte über einen Detektiv, der einen geheimen Code entschlüsselt."

Qualitätsmanagement auf der Strukturebene umfasst zum Beispiel alle organisatorischen Maßnahmen, die dazu dienen, die Qualität von Produkten oder Dienstleistungen zu verbessern. In Kitas bezieht es sich auf die Sicherstellung und kontinuierliche Verbesserung der pädagogischen Arbeit und Betreuung.

Literaturverzeichnis 

Aich, G. & Kuboth, M. & Behr, M. (Hrsg.)(2017): Kooperation und Kommunikation mit Eltern in frühpädagogischen Einrichtungen. Beltz Juventa. 

Alkaissi, H. & McFarlane, S.I. (2023): Artificial Hallucinations in ChatGPT: Implications in Scientific Writing. Cureus, 15(2), e35179.

Angelis, L. de; Baglivo, F.; Arzilli, G.; Privitera, G.P.; Ferragina, P.;  

Tozzi, A.E. & Rizzo, C. (2023): ChatGPT and the Rise of Large Language Models: The New AI-Driven Infodemic Threat in Public Health. SSRN Electronic Journal. 

Bauberger, S., Beck, B., Burchardt, A. & Remmers, P. (2021). Ethische Fragen der Künstlichen Intelligenz. In G. Görz, U. Schmid & T. Braun (Hrsg.), Handbuch der Künstlichen Intelligenz (6. Auflage, S. 907–934). De Gruyter Oldenbourg.

Bauckhage, C., Hübner, W., Hug, R. & Paaß, G. (2021). Tiefe neuronale Netze. In G. Görz, U. Schmid & T. Braun (Hrsg.), Handbuch der Künstlichen Intelligenz (6. Auflage, S. 509–570). De Gruyter Oldenbourg 

Biedinger, N. (Hg.) (2020). Was Eltern und Fachkräfte bewegt. Ein 

Überblick über die vorschulische Bildung in Deutschland. Verlag Barbara Budrich. Opladen, Berlin, Toronto: Verlag Barbara Budrich.  

Deutscher Ethikrat (2023): Mensch und Maschine: Herausforderungen durch Künstliche Intelligenz. Zugriff am 10.04.2024. Verfügbar unter http://www.ethikrat.org/fileadmin/Publikationen/Stellungnahmen/deutsch/stellungnahme-mensch-und-maschine.pdf

Elling, Ch. & Kruse-Heine, M. (2020): »Auf dünnem Eis«. Einfühlsame Kommunikation mit Eltern. In: Cloos, P.; Kalicki, B.; Lamm, B.; Leyendecker, B. et al. Zusammenarbeit mit vielfältigen Familien. Herder. (S.120-127)

Hechler, O. (2019): Heterogenität sichtbar machen – Überindividuelle Kategorien und individuelle Ausdrucksgestalten. In: Behinderte Menschen 42 (4/52019), S. 17–26. www.behindertemenschen.at. 

Heredia, M. & Naranjos Velazquez, N. (2023): Pädagogische Qualität in Kindertagesstätten neu gedacht: Mit dem KI-Assistent ChatGPT mehr Zeit für Kernaufgaben. Zugriff am 11.04.2024. Verfügbar unter https://www.kindergartenpaedagogik.de/fachartikel/qualitaet-und-qualitaetssicherung/qualitaetsfeststellung-qualitaetsmanagement/paedagogische-qualitaet-in-kindertagesstaetten-neu-gedacht-mit-dem-ki-assistent-chatgpt-mehr-zeit-fuer-kernaufgaben/

Jahreiß, S. (2018): Migrationsbedingte Mehrsprachigkeit in Kitas. Eine empirische Studie zum Praxistransfer einer Weiterbildung für Erzieherinnen und Erzieher. Waxmann 

Knauf, H. (2019): Bildungsdokumentation in Kindertageseinrichtungen. Prozessorientierte Verfahren der Dokumentation von Bildung und Entwicklung. Wiesbaden: Springer VS. htt-ps://doi.org/10.1007/978-3-658-24101-8

Klaudy, E.K. & Stöbe-Blossey, S. (2020): Qualität und Evaluation in Kindertageseinrichtungen. In Braches-Chyrek, R.; Röhner, C.; Sünker, H. & Hopf, M. (Hrsg.), Handbuch Frühe Kindheit (2., aktual. u. erw. Aufl., S. 547–558). Barbara Budrich. 

Kluczniok, K. (2018): Pädagogische Qualität im Kindergarten. In Schmidt, T. & Smidt, W. (Hrsg.), Waxmann-E-Books Sozialpädagogik & Pädagogik der frühen Kindheit. Handbuch empirische Forschung in der Pädagogik der frühen Kindheit (S. 407–426). Waxmann.

Krüger, H.-H. (2016): Die erziehungswissenschaftliche Perspektive: Peers, Lernen und Bildung. In: Sina-Mareen Köhler, Heinz-Hermann Krüger und Nicolle Pfaff (Hg.). Handbuch Peerforschung. Opladen, Berlin, Toronto: Verlag Barbara Budrich, S. 37–54.

Laluna, F. & Leyendecker, B. (2020): Zusammenarbeit mit (neu-)zugewanderten Eltern. Aktuelle Herausforderungen durch geflüchtete Familien und ethnische Minderheiten. In: Cloos, P. & Kalicki, B. & Lamm, B. & Leyendecker, B. (2020): Zusammenarbeit mit vielfältigen Familien. Hg. Nifbe. Herder, S.90-101.

Leitner, B. & Reuter, H. (2020): Gewaltfreie Kommunikation in der KiTa: Wertschätzende Beziehungen gestalten – zu Eltern, Kindern, im Team und zu sich selbst. Jungermann.

Lepold, M. & Lill, T. (2021): Dialogisches Portfolio. Alltagsintegrierte Entwicklungsdokumentation (2. korr. Aufl.). Herder Verlag. 

Naranjos Velazquez, N. (2025). ChatGPT als KI-Assistent in der Aufbereitung von emotional belastenden Inhalten: Ein Forschungsbericht. In J. Späte, D. C. Stix, Endter, & K. Krauskopf (Hrsg.), #GesellschaftBilden im Digitalzeitalter (S. 193-205). Münster: Waxmann.

OpenAI (2023): ChatGPT: KI-Modell. Zugriff am 11.04.2024. Verfügbar unter https://openai.com/ 

Purkarthofer, J. (2018): Sprachorganisation in Bildungsinstitutionen. Gesagtes und Ungesagtes in Kindergarten und Schule. In: Fürstaller, M. & Hover-Reisner, N. & Lehner, B. (2018): Vielfalt in der Elementarpädagogik. Theorie, Empirie und Professionalisierung. Debus Pädagogik/Wochenschau. 

Roth, X. (2014): Handbuch Elternarbeit: Bildungs- und Erziehungspartnerschaft in der Kita. Herder Verlag. 

Schönborn, H.& Kuhl, P. (2020): Dokumentation in Kindertagesstätten. MedienPädagogik: Zeitschrift Für Theorie Und Praxis Der Medienbildung, 168–189. 

Autorinnen

Prof.`in Dr.`in phil. Noreen Naranjos Velazquez lehrt seit 2017 an der IU International University of Applied Sciences. Zu ihren quantitativen Forschungsschwerpunkten gehören interprofessionelle Netzwerke, professionelle Beziehungsarbeit, Prozessmanagement in der betrieblichen Kinderbetreuung sowie Künstliche Intelligenz in Wissenschaft und Praxis der Sozialen Arbeit. Weitere Informationen hier

Prof.`in Dr.`in Matilde Heredia lehrt seit 2020 als Professorin der Kindheitspädagogik an der IU International University of Applied Sciences. Zentrale Forschungsschwerpunkte sind: Chancengleichheit in der Kindheitspädagogik, die Rolle von KI und Digitalisierung im Bildungskontext. Sie ist als Referentin für Bildung und Sozialentwicklung in Deutschland und Argentinien tätig. Weitere Informationen hier

VG Wort Zählmarke

Ihre Meinung ist gefragt!

Kommentar schreiben




Die angegebene E-Mail-Adresse wird nicht dargestellt, sondern nur für eventuelle Benachrichtigungen verwendet.


Bitte schreiben Sie freundlich und sachlich. Ihr Kommentar wird erst nach redaktioneller Prüfung freigeschaltet.





Ihre Angaben werden nicht an Dritte weitergegeben. Weitere Hinweise zum Datenschutz finden Sie im Impressum.