mehrere Kinder

Deutscher Kitaverband stellt Maßnahmen gegen Fachkräftemangel vor

21.07.2020 Kommentare (2)

100.000 Erzieher*innen fehlen

Waltraud Weegmann: „Wir benötigen gute Lösungen, um Kita-Qualität zu sichern.“

Berlin/Stuttgart, 14.07.2020. Fachkräftealarm im Kita-System: Bundesweit fehlen über 100.000 Erzieher*innen. Durch die Corona-Pandemie hat sich das Fachkräfte-Problem weiter zugespitzt: Viele Erzieher*innen, die zur Risikogruppe gehören, können derzeit nicht arbeiten. Der eklatante Fachkräftemangel ist einer Träger-Befragung des Deutschen Kitaverbands zufolge die derzeit dringendste Herausforderung im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe. Denn die Auswirkungen sind für alle Beteiligten deutlich spürbar: Träger können den Familien nicht ausreichend Kita-Plätze zur Verfügung stellen. Die vorhandene Kita-Teams arbeiten an der Belastungsgrenze. Es kommt zu Beeinträchtigungen der Kita-Qualität.

Die Arbeitsgruppe „Fachkräfte“ im Deutschen Kitaverband legt nun ein Positionspapier vor, in dem sie ein Maßnahmenpaket zur Bekämpfung des Fachkräftemangels zur Diskussion stellt. Vor allem die Umsetzung dieser Vorschläge könnten dem seit langem bekannten Problem die Spitze nehmen: 

Multidisziplinäre Teams

Die Deutsche Kitaverband fordert für die Träger mehr Spielraum bei der Stellenbesetzung. „Kita-Teams müssen vielfältiger werden“, sagt die Bundesvorsitzende des Deutschen Kitaverbands Waltraud Weegmann. Sie möchte in Zukunft zum Beispiel mehr pädagogisch weitergebildete Direkteinsteiger*innen aus anderen Berufsfeldern in Kitas beschäftigen. Das habe den pädagogischen Vorteil, dass sie die Themenvielfalt der Gesellschaft in die Kitas trügen und den Kindern zusätzliche Wissensgebiete erschlössen. „Gleichzeitig erweitert das unsere Möglichkeiten bei der Personalsuche“, sagt Weegmann, die sich vorstellen könnte, zehn Prozent der Stellen in einer Kita auf diese Weise zu besetzen. Gleichzeitig fordert sie mehr Akademiker*innen in der Kindertagesbetreuung. „Bislang können wir sie nicht entsprechend ihrer Qualifikation bezahlen, dadurch wandern studierte Kindheitspädagog*innen in andere Tätigkeitsfelder ab. Das sollten wie künftig verhindern“, sagt sie. Zu einem multifunktionalen Team gehören für den Deutschen Kitaverband darüber hinaus kaufmännische Kräfte. „Heute erledigen Erzieher*innen auch die Verwaltungsaufgaben mit. Davon sollten wir sie entlasten“, fordert die Bundesvorsitzende.

Duales Ausbildungssystem

In den meisten Bundesländern steht für angehende Erzieher*innen zunächst einmal vor allem schulisches Lernen auf dem Programm. Der doppelte Nachteil: Es fehlt die Möglichkeit, die gelernten Inhalte gleich praktisch zu erproben. Außerdem verdienen die Fachschüler*innen in dieser Phase noch kein Geld. Eine praxisintegrierte Ausbildung (PIA) nach dem Vorbild anderer dualer Ausbildungsgänge trüge dazu bei, die Erzieher*innenausbildung attraktiver zu machen und so mehr neue Kräfte zu gewinnen.

Anerkennung von Fachkräften

Ein weiterer Vorschlag des Deutschen Kitaverbands bezieht sich auf eine schnellere und unbürokratischere Anerkennung von inländischen sowie ausländischen Fachkräften. Dazu sollten die Voraussetzungen bundesweit vereinheitlich werden und die Überprüfung durch die Träger selbst erfolgen. „Fachkräfte, die in einem Bundesland anerkannt sind, müssten in Zukunft ohne Nachprüfung auch in allen anderen Bundesländern anerkannt sein“, erklärt Weegmann. Eine ähnliche Vereinfachung kann sich der Verband auch für pädagogische Kräfte vorstellen, die im EU-Ausland eine Berechtigung zur Arbeit als Fachkraft in der Kindertagesbetreuung erwarben. „Für alle anderen fordern wir: Ein Antrag auf Anerkennung müsste innerhalb von vier Wochen bearbeitet sein“, sagt die Vorsitzende, die sich darauf freut, diese und weitere Vorschläge ihres Verbands mit politischen Entscheidungsträger*innen zu diskutieren.

Mehr Informationen: 

Die ausführlichen Positionspapiere „Fachkräftemangel wirksam bekämpfen“ sowie „Direkteinstieg ermöglichen – Spezialist*innen in Kitas fördern“ finden Sie in der Anlage sowie auf der Website des Deutschen Kitaverbands www.deutscher-kitaverband.de.

Quelle: Deutscher Kitaverband. Bundesverband freier unabhängiger Träger von Kindertagesstätten e.V.

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Kommentare (2)

Erika Butzmann 21 August 2020, 16:23

Würden die Familienpolitikerinnen von Bund und Ländern in ihrer Verbissenheit, möglichst viele Kleinstkinder in Krippen unterzubringen nachlassen, wären massenhaft finanzielle Mittel und Personal frei. Viele Kinder könnten ihre frühe Kindheit in ihrer Familie erleben und Erzieherinnen wären nicht bis zum Burn-out belastet. Aber die Köpfe dieser Politikerinnen sind ideologisch so vollgepackt, dass für das Naheliegende kein Platz mehr vorhanden ist. Es gibt in den Krippen weder soziale noch kognitive Bildung für die Kleinsten, aber viele verlernen das Lachen. Das vergeht ihnen, weil sie lange Zeiten zur Eingewöhnung und auch oft danach weinen müssen, sie es den Erwachsenen für deren Ziele recht machen müssen und die später aufkommende Wut der Kinder nicht verstanden wird. Lachen wird seltener und Freude kommt bestenfalls über materielle Zuwendungen auf.

Bedenkt denn niemand, wie sich langzeitiger Stress in der frühen Kindheit auf die weitere Persönlichkeitsentwicklung auswirkt? Wären sich die PolitikerInnen ihrer Verantwortung bewusst, würden sie den Eltern nicht ununterbrochen suggerieren, dass die frühe Krippenbetreuung ein Segen für ihre Kinder ist. Sie würde deutlich sagen, dass ein Großteil der Kinder Schaden nehmen kann und jede Mutter und jeder Vater darüber selbst nachdenken soll, ob für ihr Kind die frühe Fremdbetreuung zuträglich ist.

VeTo 13 August 2020, 22:51

Eine weitere Möglichkeit Erzieherinnen wieder in den Dienst zu stellen wird in Lüneburg über den Betriebsarzt geregelt. Eine vom Bundesministerium für Soziales entwickelte Tabelle mit 4 Stufen bewertet Risikogruppen und stellt z. B. Asthma Patienten und Menschen mit Neigung zu akuten Atemwegserkrankungen in Stufe 3 als nicht besonders schutzbedürftigt dar. Auch aktuelle hausärztliche Unterlagen/Untersuchungsergebnisse und Krankenhaus Berichte sind gegen diese Einstufung und Entrisikopatientisierung nicht hilfreich. Arbeitsrechtliche halte ich diese Maßnahmen für höchst fragwürdig.

Risikopatienten der Gruppe 1 und 2 (Krebskranke und COPD-Betroffene) sind eher selten in der Arbeitswelt Kita anzutreffen.

Es ist bedenklich in welche Richtung sich die Fachkräftemangelbekämpfung entwickelt.

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