Junge guckt in ein Goldfischglas

Die Förderung von Selbstbildung im Bereich der Naturwissenschaften in der Grundschule

Hilde Köster, Hilde von Balluseck

23.06.2009 Kommentare (1)

Inhalt
  1. 1. Wissenschaftliche Grundlagen
  2. 2. Die Grundschule als Ort der Selbstbildung?
  3. 3. Zur Kooperation zwischen Lehrer/innen und Frühpädagog/innen
    1. Ein Beispiel: Selbstbildung im Bereich naturwissenschaftlichen Lernens
  4. 4. Das Konzept: FEE - Freies Explorieren und Experimentieren
    1. Ein Beispiel
  5. 5. Zusammenfassung
  6. Literatur

1. Wissenschaftliche Grundlagen

„Der Mensch ist ein geborener Lerner und von selbst bestrebt, die Welt zu verstehen und Handlungskompetenz zu erwerben. Wir sprechen deshalb von „Selbstbildung“, weil niemand das Kind dazu motivieren muss. Niemand kann dem lernenden Menschen die geistige und gefühlsmäßige Verarbeitung seiner Begegnungen mit der Welt (und mit sich selbst) abnehmen. Denn es besteht keine Möglichkeit einer direkten Übertragung von Erfahrung, Wissen oder Kompetenzen von Erwachsenen auf Kinder.“

Niedersächsischer Orientierungsplan für Bildung und Erziehung, 2005: 11

Die Auffassung, dass Bildung sich im Wesentlichen in selbsttätigen, eigeninitiativen Aneignungsprozessen vollzieht, entstammt der konstruktivistischen Vorstellung über die Möglichkeiten des Erkenntnisgewinns. Dieser Theorie zufolge gibt es kein objektives Wissen, das Lernenden so ‚vermittelt' werden könnte, dass es für alle die gleichen Repräsentationen der Wirklichkeit hervorbringen könnte. Pädagog/innen, die einen Inhalt oder ‚Stoff' an Lernende weitergeben, können also niemals sicher sein, welche ‚Früchte' ihre Bemühungen tragen.
In den Erziehungswissenschaften ist diesem Gedanken inzwischen in vielfältiger Hinsicht Rechnung getragen worden. Es herrscht ein weitgehender Konsens darüber, dass es ein erfolgreiches ‚Beibringen' nicht geben kann. Die Methode der Belehrung soll der Eröffnung individuell unterschiedlicher Lernwege in anregenden Lernumgebungen und der Ermöglichung verschiedener Lernstrategien weichen.

Eng verbunden mit diesen Erkenntnissen ist das „Bild vom Kind“, wie es zurzeit in der Literatur gezeichnet wird (vgl. Kluge 2006: 22ff.; Schäfer 2005: 30ff.; Wörz 2004: 39): Das Kind als aktives und von Geburt an auf den Kontakt mit seiner Umwelt gerichtetes Wesen bringt bereits ein reichhaltiges Verhaltensrepertoire, angeborenes ‚Wissen' und Fähigkeiten mit auf die Welt (Meiser 2004: 50ff.). Es ist von Beginn an bestrebt, seine Erfahrungen, Fähigkeiten und Fertigkeiten auszubauen und zu erweitern. Da dies kaum ohne Mitwirkung anderer Menschen geschehen kann, kommunizieren Säuglinge in vielfältiger Weise mit den sie umgebenden Personen (vgl. Als, Butler 2008: 57).
Kinder sind besonders in ihren ersten Lebensjahren beständig auf der Suche nach neuen Erfahrungen. Die Neugier fungiert dabei als ‚Antrieb', Exploration und Spiel dienen als Mittel, um sich die Welt zu Eigen zu machen und sie aktiv mitzugestalten (vgl. Oerter, Montada 1998: 768). Jedes Kind sammelt auf diese Weise ein eigenes, individuelles Erfahrungsrepertoire an. Selbst mit äußerlich scheinbar gleichen Erlebnissen sind sehr persönliche Sinneswahrnehmungen, Emotionen, kognitive Prozesse und innere Repräsentationen verbunden. Dieses komplexe Erfahrungsnetzwerk stellt eine sich ständig erweiternde und wandelnde Basis für jedes weitere Lernen dar. Alle neuen Eindrücke werden aufgrund dieser Basis wahrgenommen und daher von Kind zu Kind unter Umständen sehr unterschiedlich verarbeitet. Die Konstruktionen von Welt und der eigenen Beziehung zu ihr sind daher so verschieden, wie die Kinder selbst.

Wie bedeutungsvoll es ist, dass Kinder diese Erfahrungen in einem günstigen sozialen Umfeld erwerben, ist vor allem durch die Resilienzforschung deutlich geworden (vgl. Wustmann 2004). Die intakte Bindung an eine oder mehrere Bezugspersonen und eine Umgebung, in der sich die Kinder wohl, sicher und wertgeschätzt fühlen, ist eine wichtige Voraussetzung dafür, dass Kinder ‚erfolgreiche' Aktivitäten zur Erkundung und Erforschung ihrer Umwelt entfalten können. Fühlen sie sich sicher und geborgen, beginnen Kinder von sich aus zu explorieren: Sie erkunden systematisch oder auch eher zufällig Dinge in ihrer Umgebung, indem sie schauen, hantieren, manipulieren oder auch zweckentfremden bzw. umdeuten. Das ‚Explorationsspiel' beginnt bereits im Säuglingsalter und wird als sehr bedeutsam für die kindliche Entwicklung angesehen: „Damit ist die Annahme verbunden, dass Spieltätigkeiten stets mit der Entdeckung und Erforschung von neuen, interessanten und überraschenden Merkmalen der Umwelt in Verbindung stehen.“ (Heimlich 2001: 33)
Sachser weist darauf hin, dass die Verhaltenssysteme Neugier und Spiel viele Übereinstimmungen aufweisen und kaum voneinander unterschieden werden können (Sachser 2004: 476). Beide werden nicht in jeder beliebigen Situation aktiviert, sondern benötigen ein „entspanntes Feld“ (ebd.: 477), das dadurch gekennzeichnet ist, dass es sowohl Anregung als auch Sicherheit bietet.

In weiten Bereichen benötigen Kinder mit diesem Hintergrund niemanden ‚direkt' zur Unterstützung. In anderen Situationen fordern sie beim Sammeln neuer Erfahrungen aber die Beteiligung von Erwachsenen und anderen Kindern ganz gezielt heraus. Durch Laute, Blickkontakt und Greifen beherrschen es schon Kleinkinder sehr gut, die Aufmerksamkeit auf sich oder den jeweils gerade interessanten Gegenstand zu lenken. Ko-konstruktiv nennt man diese interaktiven Prozesse, bei denen Kinder und Erwachsene gemeinsam an der Erweiterung der Erfahrungsbasis, des Verhaltensrepertoires und an der Entwicklung der eigenen Persönlichkeit arbeiten. Von Seiten der Erwachsenen ist dieser Prozess im idealen Fall darauf gerichtet, dass das Kind zunehmend selbstständiger wird (vgl. [3]).

2. Die Grundschule als Ort der Selbstbildung?

Die neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse haben sich in der Ausbildung von ErzieherInnen bzw. FrühpädagogInnen nicht zuletzt befördert durch die Bildungsprogramme der Länder durchsetzen können. Diese Rahmenpläne beziehen sich primär auf die vorschulischen Kindertageseinrichtungen und fußen durchgängig auf konstruktivistischen Anschauungen. Die einen betonen besonders, dass Bildungsprozesse bei jungen Kindern durch Selbstbildung stattfinden sollten, andere legen großen Wert auf die soziale Umgebung, in der die Kinder lernen. Aber selbst wenn es Unterschiede in den Ansichten über die Rolle der sozialen Umwelt und der Anregung durch Erwachsene gibt, kann doch von einer weitgehenden Einigkeit darüber ausgegangen werden, dass Kinder vielfältige Gelegenheiten erhalten sollten, sich selbst aktiv ein Bild von der Welt zu machen (vgl. [1]).

Selbstbildung und eigenaktives Lernen ist demgegenüber in der Grundschule immer noch ein eher vernachlässigtes Thema.
Lange Zeit war der Grundschulunterricht geprägt durch einen als ‚frontal' mittlerweile vielfach kritisierten Klassenunterricht, in dem der Lehrer oder die Lehrerin häufig in lehrerzentrierter, darbietender Weise agierte. Auch heute findet sich diese Form des Unterrichts noch sehr verbreitet, obwohl seit langem Konsens darüber besteht, dass wichtige bildungstheoretische Intentionen auf diese Weise nicht erreichbar sind und sinnvolle und notwendige Kompetenzen für das Leben in der heutigen Gesellschaft in diesem Unterricht nicht erworben werden können. Kritisiert wurden und werden vor allem die Erziehung zur Unselbstständigkeit sowie die passive Haltung der Schüler in Bezug auf die Inhalte und Methoden des Unterrichts (vgl. Ramseger 1977: 12 ff.).

Obwohl die Selbsttätigkeit und Selbstorganisationsfähigkeit des eigenen Lernens bereits in der reformpädagogischen Bewegung zu Beginn des 20. Jahrhunderts erforscht, gefordert und auch im Verlauf der Zeit immer wieder von namhaften Pädagogen thematisiert wurden, gab es dennoch keinen echten Durchbruch dieser Auffassungen von pädagogisch sinnvollem Lernen in der Schulwirklichkeit (Brügelmann 1997: 43). Selbst heute, da es seit Jahren eine solide Diskussionsbasis, vielfältige Literatur und breit gefächerte Erfahrungen auf dem Gebiet gibt (vgl. Peschel 2002a, b; Köster 2006; Köster, Gonzales 2007), ist nur eine zögerliche Annahme und Umsetzung der ‚modernen‘ Ideen in der Schulpraxis zu verzeichnen.
Die massive Gegenwehr gegen den jahrgangsübergreifenden Unterricht an Berliner Grundschulen zeigt, wie schwer sich Konzepte durchsetzen lassen, die auf eine Öffnung des Unterrichts zielen (vgl. [4]).

Unsere Hypothese ist, dass die Beteiligung frühpädagogischer Fachkräfte am Unterricht der Grundschule, wie sie in Berlin praktiziert wird, eine Chance darstellen kann, die Umstellung des traditionellen Unterrichts auf ein konstruktivistisch orientiertes und Selbstbildungsprozesse förderndes Lernen zu unterstützen.

3. Zur Kooperation zwischen Lehrer/innen und Frühpädagog/innen

Während Lehrer/innen schon von jeher als ihre Hauptaufgabe die Bildung von Kindern ansehen konnten, ist diese Funktion für ErzieherInnen relativ neu. Erst durch die Diskussionen im Gefolge der PISA- und anderen Studien sowie der Bildungspläne hat sie ein politisch und praktisch fassbares Gesicht bekommen. Die Akademisierung der ErzieherInnenausbildung tut ein Übriges, um die Bildungsarbeit mit Kindern in den Vordergrund der pädagogischen Tätigkeit der Erzieher/in zu rücken.

Nirgendwo aber ist die Aufgabe der frühpädagogisch qualifizierten Erzieher/in so schwer zu definieren wie in der Schule, wo seit jeher die Berufsgruppe der Lehrer/innen die Bildungsarbeit leistete. Diese Aufgabe wird Lehrkräften auch von politischer Seite zugesprochen, während die Bildungsaufgabe der Erzieher/in in der Schule noch relativ blass bleibt. In den letzten Jahren gibt es eine Flut von Veröffentlichungen zur Kooperation von Jugendhilfe und Schule, die sich primär auf die sich etablierende Schulsozialarbeit, und hier in erster Linie auf Sozialarbeiter-/SozialpädagogInnen beziehen (z.B.Henschel u.a. 2007;) . ErzieherInnen werden dabei eher Freizeitaufgaben zugeschrieben (vgl. Ladenthin/Rekus 2005; Schirp u.a. 2004; Wahler u.a. 2005;;). Beiden Berufsgruppen wird die Aufgabe zuerkannt, mit Eltern und Ämtern zu kooperieren, und Kinder psychosozial und in ihren Bildungsprozessen zu unterstützen. Aber SozialpädagogInnen erhalten keine Ausbildung als BegleiterInnen von Bildungsprozessen, es sei denn, man definiert die psychosoziale Unterstützung als eine Form nonformaler Bildung. In den Veröffentlichungen wird auch von der Unterstützung durch ErzieherInnen bei Hausaufgaben gesprochen (vgl.Markus 2005) , Dabei bleibt unklar, wie den an Fachschulen ausgebildeten ErzieherInnen besser gelingen soll, was von den ExpertInnen für Bildungsarbeit, nämlich Lehrkräften, nicht bewältigt wird

Institutionell sind die beiden Berufsgruppen unterschiedlich verortet. LehrerInnen gehören eindeutig zum System Schule, während ErzieherInnen und SozialarbeiterInnen [1] sehr häufig in Einrichtungen der Jugendhilfe tätig sind, die in die Schule integriert sind. Damit stehen sich schon zwei Systeme gegenüber, die sehr unterschiedliche Traditionen haben . Hinzu kommt - und dies wird in den wenigsten Veröffentlichungen thematisiert (Ausnahme: Ellinger, Koch, Schröder 2007) - dass es in der Schule eine durch Status bzw. Gehalt eindeutige Hierarchie gibt: ErzieherInnen und SozialarbeiterInnen befinden sich in - häufig befristeten - Arbeitsverhältnissen, während die Mehrheit der Lehrkräfte einen Beamtenstatus und damit soziale Sicherheit genießt. Darüber hinaus erhalten sie ein höheres Gehalt. Von daher findet die Kooperation zwischen den beiden Berufsgruppen von vorneherein nicht auf Augenhöhe statt und bedarf insbesondere der persönlichen Bereitschaft der Lehrkräfte, andere Gesichtspunkte als die eigenen zu akzeptieren - die Strukturen des Schulsystems helfen ihnen dabei nicht. Die geforderte Kooperation von Jugendhilfe und Schule kommt an ihre Grenzen, wenn diese systemischen Unterschiede nicht thematisiert werden,

Dabei gibt es durchaus die Möglichkeit, dass Schule und Jugendhilfe sich gegenseitig in dem Maße bereichern, in dem Einrichtungen der Jugendhilfe und ihre Systemmerkmale (u.a. individuelle Förderung, sozialräumliche Perspektive, nonformale Bildung) Eingang in die Schule finden. Das geschah z. B. mit der Integration von Schulstationen in Berliner Grundschulen (Balluseck 2004). Diese stand im Kontext der Neu-Definition eines Arbeitsfeldes der Schulsozialarbeit, die seitdem als bedeutsames Arbeitsfeld auch in die Schulplanung mit einbezogen wird.

Einen Schub hat die Diskussion um das Miteinander von LehrerInnen und ErzieherInnen bei der Bildungsarbeit durch die verstärkte Einführung von Ganztagsgrundschulen erhalten. In diesen Schulen sollen sich Bildung, Erziehung und Förderung im Wechsel über den ganzen Schultag abwechseln und ergänzen. Dazu ist vorgesehen, dass LehrerInnen und ErzieherInnen gleichzeitig mit den Kindern arbeiten. Auf beide Berufsgruppen kommen damit neue Aufgaben zu.
Die Kooperation erfordert

  • mehr Zeit für Teambesprechungen,
  • Entwickeln neuer Inhalte für den Unterrichts- und Erziehungsbereich,
  • koordinierte Elternarbeit.

In Berlin sind alle Grundschulen seit dem Schuljahr 2005/06 Ganztagsschulen, in denen von 6 bis 18 Uhr Bildung und Erziehung gleichermaßen angeboten wird. Die meisten Ganztagsschulen arbeiten mit der ‚offenen Form', das heißt, Unterricht und ‚Freizeit' sind getrennt. 2006 arbeiteten neben 10.000 Lehrer/innen 3.300 ErzieherInnen in der Grundschule (Senatsverwaltung 2006). Es sind zumeist Schüler/innen aus den ökonomisch und/oder sozial benachteiligten Schichten, die eine ‚Betreuung‚ am Nachmittag wahrnehmen (vgl. Balluseck 1996, 2004). Unter den Ganztagsschulen bietet die gebundene Ganztagsschule jedoch die besten Bildungschancen, weil alle Kinder einer Klasse von morgens bis mindestens 16 Uhr in der Schule verbleiben, was LehrerInnen und ErzieherInnen Möglichkeiten zu einer Rhythmisierung von Unterricht und Freizeit bietet. Dazu bedarf es jedoch eines Personalschlüssels, der derzeit - zumindest in Berlin - nicht realisiert wird. [2]

Schon von der Zahl, aber auch von der Struktur der meisten Grundschulen her haben bisher ErzieherInnen nur wenige Chancen, Bildungsaufgaben wahrzunehmen. Dies mag daran liegen, dass das Gros der ErzieherInnen bisher auch nicht auf die traditionellen Bildungsaufgaben der Schule vorbereitet ist. Dies wird sich durch die reformierte Ausbildung an Fachschulen und durch die akademisch ausgebildeten Frühpädago/innen jedoch schnell ändern. Die Initiierung von Selbstbildungsprozessen ist ein bedeutender Bestandteil der Ausbildung bzw. des Studiums. Dadurch sind FrühpädagogInnen in der Zukunft gerade dafür prädestiniert, innovative Lernformen auch in der Grundschule zu fördern. Die Spezialisierung auf konstruktivistische Erfahrungs-, Lernprozesse und -methoden bedeutet dort einen großen Vorteil, wo - wie im jahrgangsübergreifendem Unterricht anvisiert (vgl. BMBF o.J., S. 26) - eine Öffnung von Unterricht erfolgen soll. Hier zeigen sich Stärken, die sich in der Kooperation von Lehrkräften und Frühpädago/innen als sehr fruchtbar erweisen können. Diese These gilt es in Zukunft wissenschaftlich abzusichern.

Ein Beispiel: Selbstbildung im Bereich naturwissenschaftlichen Lernens

Die Ergebnisse einer Untersuchung im naturwissenschaftlichen Bereich des Sachunterrichts zeigen Möglichkeiten auf, Selbstbildungsprozesse im Grundschulunterricht zu initiieren und zu begleiten.

Kinder zeigen in aller Regel Neugier und ein ausgeprägtes Interesse an physikalischen, chemischen und technischen Inhalten. Explorieren und Experimentieren, Spielen Bauen und Konstruieren sind Beschäftigungen, denen sie in Kindertagesstätten selbstverständlich und unterstützt durch die Pädagog/innen, aber auch in ihrer Freizeit gerne nachgehen. Wechseln die Kinder in die Schule, gibt es für diese Tätigkeiten, bei denen sie vielfältige Erfahrungen sammeln und Wissen über die sie umgebende Welt erwerben können, meist nur noch wenig Gelegenheit. Horst Rumpf fasst dieses Dilemma des typischen „Schullernens“ (Rumpf 1986: 15) zusammen: „Man kann 13 oder 18 Jahre als Schüler, als Student in unseren Bildungseinrichtungen hauptberuflich beschult, instruiert, ausgebildet werden, ohne jemals mit eigenen Händen, aus eigener Kraft, aufgrund der Erfahrungen der eigenen Sinne und der daran geknüpften Gedanken etwas Handgreifliches getan, gestaltet, hergestellt, begriffen zu haben.“ (Rumpf 1981: 173)
Dies betrifft insbesondere den Bereich physikalischer, technischer und chemischer Themenbereiche im Sachunterricht (vgl. Möller et al. 1996; Strunck 1998; Lück 2000; Blaseio 2004; Risch, Lück 2004; Köster 2006). Als eine Ursache dafür können persönliche ‚Lehrgrenzen' der Pädagog/innen gegenüber diesen Inhalten angesehen werden: Vielfach liegt eine Abneigung gegen die Fächer Physik, Chemie und Technik durch eigene schulische Erfahrungen vor, und die Pädagog/innen fühlen sich fachlich nicht kompetent. Sie äußern Ängste hinsichtlich möglicher fachlicher Fragen der Kinder, die sie nicht beantworten könnten (vgl. Köster 2006: 13ff.). Diese persönlichen Grenzen, die dazu führen, dass im Unterricht durchschnittlich z.B. nur zu etwa 3 % physikalische Inhalte thematisiert werden (Risch, Lück 2004) entwickeln sich zu Lernhürden für die Kinder - ihnen werden Chancen genommen, Interessen zu entwickeln, grundlegende Erfahrungen zu sammeln und Wissen zu erwerben, das später für das Erlernen abstrakter, fachlicher Inhalte zur Verfügung stehen könnte.
Untersucht wurde deshalb, was Kinder tun, wenn man ihnen die Möglichkeit zum freien, ungelenkten Explorieren, Spielen, Entdecken, Forschen, Bauen, Konstruieren etc. während der Unterrichtszeit gibt. Diesen und weiteren Fragen gingen wir in verschiedenen Studien nach (Köster 2006; Köster, Gonzalez 2007). Immer wieder stellt sich heraus, dass Kinder, denen das Spielen während des Unterrichts ermöglicht wird, im Vergleich zu anderen Kindern eine wesentlich höhere Leistungsbereitschaft, eine größere Ausdauer und eine gesteigerte Selbstständigkeit zeigen. Sie sind zufriedener, entwickeln eine höhere Sozialkompetenz, größere Kreativität, mehr Selbstvertrauen und Selbstbewusstsein. Zudem ist ihr Lernen ebenso effizient, wie das der Kontrollgruppen, obwohl ihnen weniger Zeit für die traditionellen Unterrichtsinhalte zur Verfügung steht (Hartmann et al. 1988; Petillon, Flor 1997). Klassen, denen umfangreiche Spielmöglichkeiten geboten wurden, zeigen darüber hinaus eine Verringerung der Aggressivität, ein positiveres Sozialverhalten, eine signifikant bessere Arbeitshaltung und eine größere Schulzufriedenheit (Einsiedler 1999: 163). In diesem Bereich könnten Grundschulen in besonderer Weise von den Kompetenzen frühpädagogischer Fachkräfte profitieren, da diese hinsichtlich der Spielpädagogik auf eine solide Ausbildungsbasis zurückgreifen können.

4. Das Konzept: FEE - Freies Explorieren und Experimentieren

Zunächst erhielten die Kinder zweier vierter Klassen das Angebot, sich eine Experimentierecke im Klassenraum einzurichten. Das Verhalten während der nächsten Wochen wurde jeweils mittels teilnehmender Beobachtung dokumentiert und anschließend analysiert. Im Überblick zeigt sich folgendes Verhalten bei den Kindern: Es sind vier Phasen der Erfahrungsgewinnung feststellbar:
In der ersten Phase, der so benannten Organisationsphase wird von den Kindern näher bestimmt, wie das Erfahrungsfeld ‚Experimentierecke' inhaltlich und in seiner äußeren Form gestaltet werden soll. Die Kinder unterhalten sich über die organisatorischen Bedingungen (Wo im Klassenraum soll die Experimentierecke aufgebaut werden, welche Materialien etc. werden gebraucht?) und Klären das Inhaltliche (Was sind Experimente, was soll und kann entdeckt werden?). Nach dieser Planung kümmern sich die Kinder um die Ausstattung der Ecke mit Tischen, Materialien und Büchern. Folgende Tätigkeiten lassen sich beobachten: Die Kinder sammeln Ideen für eigene Experimente, sie stellen Materialien, Bücher und Experimentieranleitungen zusammen und sie handeln Bedingungen, wie zum Beispiel den Ort der Experimentierecke im Klassenraum, mit der Lehrerin aus.

In der darauf folgenden Orientierungsphase wird bereits experimentiert; die Kinder orientieren sich dabei zunächst über die ihnen zur Verfügung stehenden Möglichkeiten (Was gibt es alles, was ist interessant?). Dann beginnen sie mit Explorationen. Sie streben nach Erlebnissen, nach Spaß, Erstaunlichem und es ist eine hohe Kommunikationstätigkeit feststellbar, die sich durch Gefühlsäußerungen, vielfältige Gesten, Mimik, Rufen und Lachen auszeichnet. Die Auswahl der Versuche und das zwar intensive, jedoch zunächst nicht nachhaltige Interesse an den Phänomenen lassen die Deutung zu, dass die Kinder zu Beginn hauptsächlich nach neuen, spannenden Erfahrungen und Erlebnissen streben. Sie sammeln neue Eindrücke, gehen im Wesentlichen spielerisch, aber noch relativ ‚flüchtig' mit den Phänomenen um.
Auch aufgrund der Äußerungen der Kinder kann man schließen, dass es ihnen zunächst um ästhetische und emotionale Komponenten geht: Sie wollen staunen, sich freuen, lachen und spektakuläre oder ansprechende Phänomene hervorbringen. Dabei tauschen sie sich lautstark und begeistert aus, möchten den Mitschülerinnen und -schülern zeigen, was sie entdeckt haben. Deutlich sichtbar ist das Vermeiden ‚ernsthafter' Betrachtungen.
Die Orientierungsphase wird wegen dieser Kennzeichen von uns inzwischen auch als die ‚Chaosphase' bezeichnet. Die Kinder scheinen hier völlig ungeregelten Aktivitäten nachzugehen und sie ‚verstoßen' ständig gegen wichtige Regeln, die es fast in jeder Klasse gibt: Sie schauen eine Experimentieranleitung aus einem Buch oder dem Internet an, lesen aber nicht, sondern beginnen, sich an den Zeichnungen oder Fotografien orientierend, das ausgewählte Experiment aufzubauen. Wenn ihnen das nicht sofort gelingt, probieren sie noch ein wenig herum oder wenden sich direkt einem neuen Versuch zu. Die Regel, die hier gebrochen wird, lautet: „Führe alles, was du anfängst auch zu Ende.“ Wenn es doch gelingt, das gewünschte Phänomen hervorzubringen, freuen sich die Kinder und teilen dies den anderen Kindern lautstark mit. Da dies zur gleichen Zeit viele Kinder tun, scheint es tatsächlich chaotisch zuzugehen in der Klasse. Die Lehrer/innen erkennen in dieser Phase oft die Strukturen nicht wieder, die sie aus dem Unterricht gewöhnt sind. Da die Kinder viele Experimente nicht zu Ende führen und andere, die gelingen, in keiner Weise hinterfragen, stellt sich für die Lehrer/innen oft die Frage nach dem Ertrag dieses ‚wilden' Handelns.
Hört und sieht man jedoch genau hin, stellt man fest, dass die Kinder immer zur Sache reden und agieren. Nach der Beobachtung in vielen Klassen unterschiedlicher Stufen können wir sagen, dass diese Phase besonders wichtig ist. Sie ist notwendig, um den ‚Neugierdruck' der Kinder abzubauen, um ihnen Gelegenheit zugeben, sich im ‚Feld' zu orientieren, zu erfassen, welche Möglichkeiten ihnen offen stehen und um ein Vertrauen darin zu schaffen, dass sie sich tatsächlich mit dem beschäftigen dürfen, das sie selbst auswählen. Auf diese Weise prägen sie eine nachhaltige intrinsische Motivation aus.

In der Explorationsphase nähern sich die Kinder dann einzelnen Phänomenen oder Experimenten ernster und konzentrierter. Von Kind zu Kind ist es etwas unterschiedlich, wann diese Phase eintritt. Sie tritt jedoch zuverlässig ein, meist nach wenigen Tagen, an denen die Kinder Gelegenheit erhalten, während einiger Stunden zu experimentieren. Allerdings sind die Phasen nicht scharf trennbar, sodass mit ‚chaotischen' Einschüben auch später noch hin und wieder gerechnet werden muss.
Die Kinder kommunizieren auch in dieser Phase miteinander, jedoch wird eher ‚privatisiert': Die Erfahrungen werden weniger spontan und weniger ‚öffentlich' verbalisiert. Selbst wenn auch hier Versuchanordnungen zunächst nur spielerisch und probeweise verändert werden, kann doch davon ausgegangen werden, dass diese Art der Erfahrungsgewinnung den Übergang vom ästhetischen Erleben zum Nachdenken über eine Sache markiert.
Zusammengefasst zeichnet sich die Explorationsphase durch folgende Merkmale aus:

  • ‚ernsthafter' Zugang zu den Phänomenen und Versuchen
  • gezielte Auswahl der Versuche, längerfristiges ‚Sich-Einlassen' und Konzentration auf das jeweilige Phänomen/ Experiment
  • genauere Beobachtung
  • Fragen nach dem ‚Wie' und detaillierte Beschreibungen
  • Variationen werden vorgenommen
  • Experimente werden mehrfach wiederholt

Ein Beispiel

Christian erinnert sich an ein Experiment, das er „irgendwann im Fernsehen gesehen“ hat. Er möchte den Versuch sofort durchführen und sucht die benötigten Materialien, eine Teekerze, eine Keksdose und ein Glas zusammen. Zunächst zündet er die Kerze an und stülpt das Glas da¬rüber. Die Flamme erlischt bald darauf. Einige Mitschüler haben diesen Versuch verfolgt. Sie beginnen spontan, Vermutungen anzustellen über den Grund für das Erlöschen der Flamme: „Die Kinder haben gerätselt, wie kann denn so etwas passieren, warum geht die Flamme aus? Sie einigen sich darauf, dass die Flamme die Luft im Glas verbraucht haben muss.“ (L.) Christian füllt nun die Keksdose mit ein wenig Wasser und stellt die Kerze hinein. Er zündet sie erneut an und stülpt das Glas über die Kerze. Wieder erlischt die Flamme und nach kurzer Zeit zieht sich das Wasser im Glas ein Stück weit hoch. Christian wendet sich an seine Mitschüler und sagt nach Angaben der Lehrerin: „Na seht ihr, daran sieht man, dass die Kerze die Luft verbrannt hat, jetzt ist viel weniger Luft drin, und das Wasser kann hochsteigen.“
Christians Leistung ist beachtlich, selbst dann, wenn er den Versuchsverlauf noch aus der Fernsehsendung erinnert. Obwohl er es nicht deutlich ausspricht, impliziert seine Erklärung, dass das Wasser nun den Platz der Luft einnimmt, die nach seiner Vorstellung verbraucht bzw. „verbrannt“ (Christian) worden ist.
Christian beschäftigt sich in den nächsten Tagen immer wieder mit diesem Versuch. Nach vielen Versuchen ist im Boden des ‚Glases‘, das aus Kunststoff besteht, ein Loch entstanden, wodurch das Experiment nun scheitert. Die Kinder nehmen stattdessen eine Kakaoflasche mit weitem Flaschenhals.
Die Lehrerin berichtet, dass Mandy die Frage aufwirft, ob zwei Kerzen doppelt soviel Luft verbrauchen und man durch die Erhöhung der Anzahl an Kerzen „die ganze Flasche voll Wasser kriegen“ könne. Die Diskussion führt jedoch nicht zur Erprobung des Vorschlags, denn der Flaschenhals ist zu eng, um mehreren Kerzen Platz bieten zu können. Ein anderes Kind, das sich mit dem Loch im Boden des Glases beschäftigt hat, äußert die Idee auszuprobieren, ob es überhaupt an der Kerze liege oder nur daran „dass es so heiß wird im Glas.“ „Diesen Gedanken greifen die Kinder sofort auf.“ (L.) Die Flasche wird mit Hilfe der Kerze von außen nun so lange erwärmt, bis sie richtig heiß ist. Die Kinder stellen nun die Flasche ins Wasser und stellen fest, dass das Wasser sich gleichfalls hochzieht. Die Kinder diskutieren über das Phänomen und vermuten, dass sich die Luft in der Flasche durch die Wärme ausgedehnt hat und durch die Abkühlung wieder zusammenzieht.
Dass die Kinder im Gespräch eine ganz neue Fragestellung aufwerfen, zeigt dass sie sich nicht mit einfachen, aber für sie nicht ohne weiteres nachvollziehbaren Erklärungen zufrieden geben. Sie fragen von sich aus weiter und sind in der Lage, diesen Fragen anhand selbst erdachter Versuchsanordnungen nachzugehen. (Aus: Köster 2006: 142ff.; L.= Zitat der Lehrerin)

Über das eigenständige Explorieren steigt die Sensibilität gegenüber ‚Randerscheinungen', die nicht unmittelbar mit dem jeweiligen ‚Experiment' in Verbindung stehen, wie z.B. Bläschen im warmen Wasser oder optische ‚Veränderungen' eines Löffels, mit dem das Wasser umgerührt wird.

Für die Kinder sind diese Tätigkeiten auch Spiel - immer wieder verwenden sie den Begriff des Spielens, wenn sie über ihre Explorationen sprechen. Diese Auffassung stimmt mit theoretischen Ansätzen in der Spielforschung überein: Heimlich weist darauf hin, dass lange Zeit davon ausgegangen wurde, dass Spiel und Exploration unterschiedliche Tätigkeiten seien, dass eine klare Unterscheidung jedoch nicht aufrechterhalten werden kann (Heimlich 2001: 34).

Nach etwa zwei Monaten tritt die Phase der Vertiefung und Spezialisierung ein. Diese ist durch ein eher wissenschaftsorientiertes Experimentieren und Fragen nach dem ‚Wie' und dem ‚Warum' einer Erscheinung gekennzeichnet. Die Kinder spezialisieren sich nun hinsichtlich bestimmter Inhalte oder Experimentgruppen. In dieser Phase entsteht offenbar ein Bedürfnis, Erfahrungen mit anderen zu diskutieren und Erklärungen für die beobachteten Erscheinungen oder Effekte zu finden. Obwohl auch in der Explorationsphase schon ansatzweise zu beobachten, entwickelt sich jetzt bei vielen Kindern eine größere Systematik hinsichtlich der methodischen Vorgehensweise - sie gehen eigenen Untersuchungsfragen mittels eigener Versuche nach, dokumentieren Ergebnisse und präsentieren diese auch den Mitschülern. Innerhalb der Klassen entwickelt sich eine Dynamik, die sich als ‚Forschergemeinschaft' beschreiben lässt.

Eine weitere Untersuchung, während der die Kinder einer zweiten Klasse das Angebot erhielten, eine ‚Technikecke' in ihrem Klassenraum einzurichten, zeigt, dass auch hier alle Phasen beobachtbar sind. Die Spezialisierung auf den technischen Bereich tritt nach und nach selbstorganisiert ein (vgl. Köster, Gonzalez 2007).

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Kinder in der Lage sind, sich selbsttätig und selbstorganisiert Strukturen zu schaffen, die es ihnen erlauben, sich erfolgreich selbst in Bereichen zu bilden, die im Unterricht ansonsten nicht angeboten werden. Sie schaffen es, sich weitgehend selbstständig neue Erfahrungsbereiche zu erschließen, und obwohl sie dies auch ohne Hilfe oder tätige Unterstützung durch die Pädagog/innen tun können, sind sie doch bemüht darum, diese mit in das Geschehen einzubeziehen. In vielen Klassen werden auch Eltern und andere Erwachsene (Hausmeister/innen, Expert/innen) involviert, sodass von einer Selbstbildungskompetenz ausgegangen werden kann, die auch auf die Erweiterung der Möglichkeiten und der Nutzung von Ressourcen gerichtet ist.
PädagogInnen sind häufig erstaunt, welchen Effekt FEE auf die Kinder hat. Sie werden recht schnell in die Aktivitäten der Kinder hineingezogen - als Mitlernende, Zuhörende, Unterstützende oder als Publikum für besonders interessante Phänomene. Darüber hinaus nutzen die Kinder auch die Ressourcen, die die Erwachsenen bieten: Sie fragen nach Materialien, nach Methoden, um etwas genauer zu untersuchen oder auch nach Ideen. Vorhandene Lehrgrenzen verschwinden durch den Einbezug in das forscherische Handeln der Kinder häufig nach kurzer Zeit.
Als förderlich erweist es sich, wenn die betreuenden PädagogInnen sich gemeinsam mit den Kindern auf deren forscherische Ideen einlassen. Sie können unterstützend wirken im Hinblick auf die Beschaffung von Materialien und Informationen sowie auf die Erweiterung der Möglichkeiten zur Recherche, Dokumentation und Präsentation, sollten allerdings weitgehend auf Belehrungen und Kontrollen verzichten. Hier bieten sich unseres Erachtens sehr gute Möglichkeiten der Zusammenarbeit von Lehrer/innen und Frühpädagog/innen, da diese inzwischen schwerpunktmäßig dazu ausgebildet werden, Selbstbildungsprozesse bei Kindern zu unterstützen und zu fördern.
Erste Erfahrungen zeigen darüber hinaus, dass FEE auch sehr erfolgreich außerhalb des Unterrichts, z.B. im Hortbereich, eingesetzt werden kann.

5. Zusammenfassung

Folgt man den Ergebnissen der Forschung und modernen pädagogischen Leitbildern, müssten die Möglichkeiten von Kindern, sich selbst zu bilden, auch in der Grundschule oberste Priorität haben. Dies ist heute jedoch erst selten der Fall. Noch herrscht der traditionelle, von LehrerInnen gesteuerte Unterricht vor. Hinweise auf Möglichkeiten, Kindern in der Grundschule Selbstbildungsprozesse zu ermöglichen, ergeben sich aus Studien im naturwissenschaftlichen und technischen Bereich: Im Sachunterricht konnte gezeigt werden, dass Kinder dazu in der Lage sind, sich weitgehend eigenständig naturwissenschaftliche und technische Erfahrungsfelder zu eröffnen. Dies schafft Freiräume für die PädagogInnen: Ohne belehren zu müssen, werden die Kinder darin unterstützt, eigene Ideen zu verfolgen und Fragen experimentell zu untersuchen.
Eine Chance, diese Selbstbildungsprozesse zu unterstützen, sehen wir in der Beteiligung von FrühpädagogInnen an Bildungsaufgaben der Grundschule. Zu untersuchen, wie konkret die Zusammenarbeit zwischen den akademisch ausgebildeten ErzieherInnen und Lehrkräften aussehen kann, wo und wie sie sich gegenseitig in der Begleitung der Bildungsprozesse von Kindern unterstützen können, ist eine dringende Aufgabe der frühpädagogischen Forschung.

Literatur

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[2] http:/www.bildungsserver.de/innovationsportal/bildungplus.html?artid=57
[3] http:/www.handbuch-kindheit.uni-bremen.de/teil1_4.html
[4] http:/www.tagesspiegel.de/berlin/Bildung-Schule;art270,2454028

Dieser Artikel wurde in leicht abgewandelter Form veröffentlicht in: Hilde von Balluseck (Hrsg., 2008): Professionalisierung der Frühpädagogik. Opladen, Farmington Hills: Barbara Budrich


Fußnoten

[1] Der Begriff Soziale Arbeit umfasst heute die Arbeitsfelder der Sozialarbeit wie die der Sozialpädagogik, für die an Hochschulen ausgebildet wird.

[2] Die gegenwärtige Personalsituation lässt jedoch eine solche Teamarbeit, die insbesondere Kindern mit Förderbedarf zugute kommen würde, nicht zu. Von daher äußern sich Gewerkschaft (GEW Berlin, LDG-Beschluss vom 7./8.6.07) und Ganztagsschulverband (Berliner Morgenpost 12.12.07) sehr kritisch zur Entwicklung der Ganztagsschulen und damit auch zu den Möglichkeiten einer beabsichtigten Kooperation von Lehrer/innen und ErzieherInnen.

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Kommentare (1)

lili 07 Juni 2010, 19:22

sehr schön

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