Leitung und Team

Editorial Januar/Februar 2010

Hilde von Balluseck

06.01.2010 Kommentare (2)

Die Ausbildung pädagogischer Fachkräfte

Qualifikationen in der Frühpädagogik

Seit mehreren Jahren befasst sich die Frühpädagogik insbesondere im Hinblick auf die Qualifikation der pädagogischen Fachkräfte in Kindertageseinrichtungen mit der Höherqualifizierung des pädagogischen Personals. Das ist gut und wichtig, weil es sich um eine anspruchsvolle Tätigkeit handelt und der Beruf der ErzieherIn [1] schon längst einer Aufwertung harrte. Es gibt jedoch einen Aspekt, der in dieser Diskussion um Qualifikation ein wenig in den Hintergrund zu geraten droht: Viele Jugendliche, die sich für einen pädagogischen Beruf begeistern könnten, erreichen keinen oder keinen höheren Schulabschluss. Sie können daher nicht den Beruf der ErzieherIn ergreifen. Wenn sie dann eine Ausbildung abschließen, die ausschließlich einen Hauptschulabschluss erfordert, müssen sie bei einer nächst höheren Qualifikationsstufe die gesamte Ausbildung durchlaufen. So stellt sich die Frage der Durchlässigkeit von der Schule bis zur Hochschule. Es geht dabei um die Anrechnung vorhandener Kompetenzen. Dieses Editorial und der dazugehörige Artikel Der Weg zur pädagogischen Fachkraft befassen sich mit der Frage der möglichen (formalen) Qualifikationen für eine frühpädagogische Tätigkeit.

Ausgangspunkt und Anlässe

Ausgangspunkt dieses Editorials waren Zuschriften und Kommentare, in denen die Redaktion um Rat für eine pädagogische Berufsausbildung gefragt wurde. Viele junge Menschen waren dabei, die kurz vor dem Abschluss ihrer Hauptschul- oder Realschulausbildung standen und eine weitere Schullaufbahn nicht mehr in Erwägung zogen.

Daneben wollten KinderpflegerInnen oder Berufstätige mit anderen Abschlüssen von ErzieherIn.de wissen, welche Schritte sie unternehmen müssten, um staatlich anerkannte ErzieherInnen zu werden.

Diese Wünsche von jungen Menschen auf der Suche nach einem Beruf und von Fachkräften in der Praxis treffen sich mit dem Bedarf an qualifizierten Arbeitskräften in der Frühpädagogik. Denn der Fachkräftemangel auf der einen und die höheren Anforderungen an die Qualifikation der pädagogischen Fachkräfte auf der anderen Seite erfordern die Bereitschaft auf der Seite der ausbildenden Institutionen, Menschen, die sich für die anspruchsvolle Tätigkeit der pädagogischen Fachkraft begeistern können, Qualifikations- und Entwicklungsmöglichkeiten zu verschaffen.

A. Die Voraussetzung eines qualifizierten Schulabschlusses

Für eine Berufsausbildung ist heute der Hauptschulabschluss das absolute Minimum, in den meisten Fällen wird aber schon der Mittlere Schulabschluss (früher: Realschulabschluss) verlangt, um eine Ausbildung beginnen zu können. Im sozialen Bereich gibt es noch den Beruf der Kinderpflegerin, der den Hauptschulabschluss erfordert.
Für den Beruf Sozialassistent/-in oder Assistent im Sozialbereich wird als Zugangsvoraussetzung der Mittlere Schulabschluss verlangt. Für die Fachschulen kommen weitere Qualifikationen hinzu, für die Hochschulen in jedem Fall die Hochschulzugangsberechtigung.
Aus vielen Studien ist bekannt, dass das Bildungssystem in Deutschland stark nach der sozialen Herkunft differenziert. Die Einschulung, das Sitzenbleiben, die Überweisung an eine Sonderschule, der Übergang in die Sekundarstufe I und II - bei allen diesen Übergängen sind erwiesenermaßen nicht die Leistungen der SchülerInnen allein, sondern die Wahrnehmung und die Einordnungskriterien der Lehrerschaft entscheidende Variablen. Hinzu kommt, dass viel zu viele Mädchen und Jungen weder von den Eltern, noch von den Lehrkräften in der Schule genug Aufmerksamkeit und Ermutigung bekommen, um überhaupt noch Spaß am Lernen zu haben. In vielen Fällen treibt die Schule den Kindern die Neugier, eigentlich eine anthropologische Konstante, aus. Mit daran beteiligt ist ein geradezu mittelalterliches hierarchisches System, in dem z.B. die einzelne Lehrkraft an das Votum einer Schulleitung gebunden ist („den Dienstweg einhalten"), die von der Schulbürokratie eingesetzt wird und auch, wenn sie versagt, ihren Leitungsjob bis zum Ende ihres Berufslebens behalten kann. Auf diesem Hintergrund sind auch geringwertige Schulabschlüsse zu sehen. Sie sind kein eindeutiges Symptom einer Minderbegabung oder „Faulheit" (deren Entstehung jeweils zu hinterfragen ist), sondern sehr häufig ein Resultat der schulischen Misserfolge und eines Missmanagements in der Schule, das Lehrkräfte demotivieren kann.
Deshalb muss die Bildungspolitik, wenn sie denn schon die Schulbürokratie nicht grundlegend verändert, wenigstens auf Chancen eines späteren Einstiegs in eine qualifizierte Berufsausbildung zielen. Wer also einen einfachen Hauptschulabschluss hat, sollte mit einer Ausbildung soviel Kompetenzen erwerben können, dass dann auch ein Mittlerer Schulabschluss und darauf aufbauend eine qualifiziertere Berufsausbildung möglich ist. Dies ist weitgehend schon der Fall.

B. Anrechnung von Kompetenzen

Das Prinzip der Chance zu einer späteren Qualifikation gilt auch für pädagogische Fachkräfte, die ihre Berufsausbildung unterhalb der Fachschulebene absolviert haben. Ihre Kompetenzen sollten im Rahmen der Qualifikation zur staatlich anerkannten ErzieherIn anerkannt werden. Dies würde die Ausbildungszeit verringern, was auch in einigen Bundesländern der Fall ist.

Im Zentrum meiner Umfrage standen die Ausbildungen zur Kinderpflegerin, zur Sozialassistentin und zur staatlich anerkannten ErzieherIn. Für alle diese Berufe sollten InteressentInnen die Möglichkeit haben, ohne Umwege zu erfahren, welche schulischen und ggf. anderen Voraussetzungen für die Zulassung erforderlich sind, wie lange die Ausbildung währt und welche Anschlussmöglichkeiten die Ausbildung bietet. Da die Bedingungen in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich sind, musste die Umfrage alle Länderministerien einbeziehen. Von 16 Ministerien haben 15 geantwortet (außer Niedersachsen). Meine Anfragen bei der KMK, beim Deutschen Jugendinstitut, bei der GEW waren erfolglos: Niemand konnte (wollte?) mir mitteilen, welche Ministerien zuständig sind. Mein Weg über die Presseabteilungen aller eventuell in Frage kommenden Ministerien war dann relativ erfolgreich: von 16 Ländern liegen inzwischen 15 Antworten vor.

Es wurde deutlich, wie schwer es junge Leute haben, das für ihren Ausbildungswunsch zuständige Ministerium ausfindig zu machen. Der Föderalismus des Bildungssystems stellt sich wieder einmal als großes Hindernis für die Bildung dar. Die Ergebnisse der Befragung finden Sie unter: Der Weg zur pädagogischen Fachkraft.

Ich wünsche Ihnen eine interessante Lesepause - und bin jederzeit für Anregungen dankbar.

Hilde von Balluseck

Anhänge

Tab. 1: Die für die ErzieherInnenausbildung zuständigen Ministerien der Länder in der Bundesrepublik Deutschland

Bundesland Ministerium
Baden-Württemberg Ministerium für Kultus, Jugend und Sport
Referat 44
Königstr. 44 (Neue Kanzlei)
Stuttgart
Bayern Bayerisches Staatsministerium für Unterricht und Kultus
Salvatorstraße 2
80333 München
Berlin Senatsverwaltung für Bildung, Wissenschaft und Forschung
Beuthstr. 6 - 8
D-10117 Berlin-Mitte
Brandenburg Ministerium für Bildung, Jugend und Sport
Referat Berufliche Schulen
Heinrich-Mann-Allee 107
14473 Potsdam
Bremen Senatorin für Bildung und Wissenschaft
Rembertiring 8 - 12
Hamburg Hamburger Institut für Berufliche Bildung
Hamburger Straße 131
22083 Hamburg
Hessen
Hessisches Kultusministerium
Referat III.3
Luisenplatz 10
65185 Wiesbaden
Mecklenburg-Vorpommern
Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur
Werderstraße 124
19055 Schwerin
Niedersachsen Keine Antwort
Nordrhein-Westfalen
Ministerium für Schule und Weiterbildung NRW
Referat 312 (Bildungsgänge der Fachschulen)
Völklinger Str. 49
40221 Düsseldorf
Rheinland-Pfalz Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Jugend und Kultur
Mittlere Bleiche 61
55116 Mainz
Saarland Ministerium für Bildung
Referat C2
Hohenzollernstraße 60
66117 Saarbrücken
Sachsen Sächsisches Staatsministerium für Kultus und Sport
Carolaplatz 1
01097 Dresden
Sachsen-Anhalt Ministerium für Gesundheit und Soziales
Turmschanzenstr. 25
39114 Magdeburg
(Erziehereinsatz, KIFÖG und Rechtsfragen)

Kultusministerium
Turmschanzenstr. 32
39114 Magdeburg
(Erzieherausbildung, BFS, FS, Bachelor- Hochschulabteilung)
Schleswig-Holstein Ministerium für Bildung und Kultur
des Landes Schleswig-Holstein
Büro:
Berufliche Schule Soziales, Ernährung und Bau
Standort: Gellertstr. 18c
24114 Kiel
Thüringen Thüringer Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur
Abteilung Allgemein bildende Schulen, berufsbildende Schulen
Referat 3 7
Werner-Seelenbinder-Straße 7
99096 Erfurt

Fragebogen zur Befragung aller Länderministerien zur Ausbildung von pädagogischen Fachkräften in Kindertageseinrichtungen

PDF-Icon Fragebogen
PDF-Datei, 44 kb


Fußnote

[1] Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird im Folgenden für die erwähnten Berufsgruppen die Schreibweise mit dem großen I gewählt, bei der jeweils die männlichen Fachkräfte mit einbezogen sind.

Ihre Meinung ist gefragt!

Diskutieren Sie über diesen Beitrag.

Kommentare (2)

Hilde von Balluseck 26 November 2012, 08:58

Hallo Frau Schäfer,

das kommt auf den Abschluss an, den Sie erreicht haben und auf das Bundesland, in dem Sie tätig sind. Bitte erkundigen Sie sich beim zuständigen Ministerium.

Mit freundlichen Grüßen
Hilde von Balluseck

christine schäfer 25 November 2012, 13:18

ich bin staatlich geprüfte gymnastiklehrerin, arbeite in einem kinderhaus 3-6-jährige als zusatzkraft.
ich habe eine pädagogische 3-jährige ausbildung.
bin ich als pädagogische fachkraft anerkannt?

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