Erzieherin mit Kind

Entwicklung aus „eigener Kraft“ – mit Marte Meo

„Ein „goldenes Geschenk“, von dem Kinder ihr ganzes Leben profitieren.“ 

Die Marte Meo Methode ist ein fester Bestandteil im pädagogischen Konzept des überregional tätigen Kita-Trägers Kinderhut. Diese Methode ermöglicht pädagogischen Fachkräften, die Entwicklung der Kinder mit Hilfe von kurzen Videofrequenzen zu dokumentieren und ihre Ressourcen mit Hilfe der Bilder sichtbar werden zu lassen. Darauf basierend können im Kita-Alltag individuelle Unterstützungsmöglichkeiten erkannt werden und in alltägliche Interaktionsmomenten mit dem Kind einfließen. 

Der Name umschreibt, welche Zielsetzung Marte Meo verfolgt. Er stammt aus dem Lateinischen und bedeutet sinngemäß „aus eigener Kraft“. Maria Aarts, die Begründerin von Marte Meo, geht davon aus, dass jedes Kind mit einer persönlichen, bereits vorhandenen ,,Goldmine“, geboren wird. Jedes Kind trägt das Entwicklungspotenzial, welches es für das Leben braucht, bereits von Geburt an in sich. Diese „Goldmine“ wird sichtbar, wenn die Initiativen der Kinder wahrgenommen werden. 

Das bedeutet im Kita-Alltag: „Aufmerksam warten, der Initiative des Kindes folgen und benennen, was das Kind tut“ („AWFB“). 

 Kinderhut 

Abbildung: Britta Themelis, Kita-Leitung bei Kinderhut (Lily Kids Essen Bredeney)

Britta Themelis ist Kita-Leitung bei Kinderhut und Marte Meo Supervisorin in Ausbildung. Im Interview berichtet sie über ihre Erfahrungen mit der Marte Meo Methode. 

„Wir sehen und begleiten unsere Kinder in ihrem Handeln, nehmen ihre Interessen bewusst wahr und benennen in Form von ,,Du-Botschaften“ die Initiative des Kindes. In dem Moment, in welchem das Kind eine Initiative zeigt, begleiten wir diese Handlung sprachlich und geben dem Kind Wörter für sein Tun. Das Kind erfährt hierdurch: ,,Ich werde gesehen“. Die Qualität unserer Interaktionsmomente mit den Kindern wirkt sich positiv unterstützend auf ihre Selbstwirksamkeit, ihr Selbstbewusstsein und somit auf ihr positives Selbstbild über sich aus. Das Kind wird in seiner Individualität bestärkt.“  

Wie genau sieht das im Kita-Alltag bei Kinderhut aus?

„Klassische Fragestellungen wie „Was spielst Du da?“ oder „Was malst Du da?“ finden in unserem Kita-Alltag keine Anwendung mehr, denn sie beeinflussen die intrinsische Motivation des Kindes unbewusst. Für unsere nach der Marte Meo Methode geschulten Pädagog*innen gilt: „Aufmerksam zu warten, dem Kind genügend Raum zu geben, der Initiative des Kindes zu folgen und mit den passenden Wörtern das Gesehene zu benennen“. Wie viele wunderschöne Momente und strahlend leuchtende Kinderaugen wären mir wohl ohne die Marte Meo Methode entgangen. Durch meine persönlichen Erlebnisse Dank dieser Methode erkannte ich, welche Bedeutung es hat, inne zu halten und gemeinsam mit dem Kind diesen einzigartigen Moment zu genießen und mit einem Lächeln und liebevollen Blicken zu bestätigen. Meine positive Wahrnehmung begann sich auf das „Hier und Jetzt“ zu fokussieren. Diese Perspektive fungiert für mich wie ein Anker in unserem oft so hektischen Kita-Alltag. Das Bedürfnis, gesehen und verstanden zu werden ist nicht nur kindlich, sondern menschlich und bildet den Grundstein für Entwicklung. Deshalb ist Marte Meo auch eine wertvolle Methode in der Erziehungspartnerschaft mit den Eltern.

Menschen in Entwicklungsstimmung versetzen zu können, dieser Gedanke beflügelt meine berufliche Vision als zukünftige Supervisorin.“

Marte Meo ist also eine Art der professionellen Verhaltensanalyse?

„So ähnlich. Interaktionen sind für die individuelle Entwicklungsbegleitung maßgeblich. Durch die Analyse anhand von kurzen Videofrequenzen wird sichtbar, welche Kompetenzen und Fähigkeiten das Kind bereits erworben hat und welche Unterstützung notwendig ist, um den nächsten Entwicklungsschritt aus eigener Kraft, in eigenem Tempo gehen zu können. 

Neue positive Selbstbilder entstehen zu lassen, die zugewandte Haltung zu initiieren und die Selbstwirksamkeit zu stärken – dies sind einige Elemente, die wir bei jedem Kind bewirken sowie unterstützen wollen.

Marte Meo gibt uns die Möglichkeit, diese Initiativen und Potenziale der Kinder im Kita-Alltag, ohne zusätzlichen zeitlichen Mehraufwand, mit Hilfe von kurzen Filmfrequenzen sichtbar zu machen. Einen entwicklungsorientierten positiven Blick bei unseren Fachkräften zu schulen gilt als Zielsetzung der Ausbildung zum Marte Meo Practitioner. So können schon kleinste gemeinsame "Happ Happ“ Momente mit dem Kind noch bewusster erlebt und in Bildern sichtbar werden. „Happ Happ“ Momente sind übrigens ein wunderschönes Element der Marte Meo Methode: „Als bewusst wahrgenommene Glücksmomente versetzen sie alle Beteiligten in Entwicklungsstimmung und schenken neue Energie“.

Dies stärkt die Beziehung zueinander, schafft Vertrauen, vermittelt wahrgenommen und angenommen zu werden und unterstützt die Entwicklung des Selbstbewusstseins ein Leben lang. Aus dieser Situation heraus erfährt jede*r Beteiligte einen „Happ Happ“ Moment. Wenn wir uns wahr- und angenommen fühlen und gegenseitig zeigen, entsteht ein warmes, wohliges Gefühl im Bauch. Auch hier wird die Beziehung gestärkt und das Selbstbewusstsein wächst. Es ist so schön, dass wir diese Momente im Alltag erleben und genießen dürfen.“ 

Und was geschieht dann mit den Aufnahmen? Wie werden diese ausgewertet?

„Das pädagogische Team analysiert gemeinsam mit dem Supervisor anhand einer entwicklungsorientierten Beobachtungscheckliste die Videofrequenzen. Damit werden bereits entwickelte Fähigkeiten und Kompetenzen noch besser sichtbar. Anschließend werden gemeinsam Möglichkeiten konkretisiert, welche als Entwicklungsgelegenheiten im Alltag genutzt werden können, um den nächsten natürlichen Entwicklungsschritt des Kindes zu unterstützen. 

Ebenso spielt das Handeln der Fachkräfte im Umgang mit den Kindern eine besondere Rolle, auch sie werden nach der Marte Meo Methode analysiert. Dabei geht es um Fragestellungen, wie beispielsweise: Habe ich dem Kind genug Entwicklungsfreiraum gegeben? Bin ich der Initiative des Kindes gefolgt? Habe ich die Handlung des Kindes sprachlich begleitet? Der Ansatz nutzt ebenso unterschiedliche wissenschaftliche Grundlagen unter anderem aus der Psychologie, der Interaktions- und Kommunikationsforschung und der Neurobiologie.“ 

Die angehende Marte Meo Supervisorin Britta Themelis hat das Potenzial der Methode aber vor allem auch für die Ausbildung von Fachkräften in Kitas erkannt.  

„Auch unsere Auszubildenden profitieren von Marte Meo. Diese Methode bietet die Möglichkeit, wiederholt das Geschehen zu betrachten und die bereits vorhandenen persönlichen Kompetenzen sichtbar werden zu lassen. Dieser positive Blick motiviert unsere Auszubildenden in ihren weiteren Entwicklungsschritten. Sie nehmen ihre „Happ Happ“ Momente als persönlichen Motivator für ihre berufliche Vision. Sie erleben anhand dieser kurzen Videofrequenzen das Zusammenspiel zwischen „Aktion und Reaktion“. Ihnen wird bewusst, welche Wichtigkeit ihr persönliches Lächeln für das Kind und seine Entwicklung hat oder welche Wirkung ihr ,,Benennen der Initiative des Kindes“ hat. Dieses Gefühl berührt das Herz unserer Auszubildenden immer wieder aufs Neue. Das bestätigt sich auch im positiven Feedback der Auszubildenden. Als Kita-Leitung bin ich mir der Verantwortung für die bestmögliche Qualifikation und Entwicklung unserer Azubis bewusst. Es gilt, ihnen den Beruf der pädagogischen Fachkraft in kleinen Schritten näher zu bringen, sie für die wichtigen Augenblicke zu begeistern, zu sensibilisieren und ihnen Energiequellen für ihre Ausbildung zu schenken, indem sie ihre „Happ Happ“ Momente mit den Kindern genießen können.“

Britta Themelis nennt konkrete Beispiele für die Anwendung der Marte Meo Methode:

„Ein gutes Beispiel ist die Unterstützung bei der Sprachentwicklung. Die Kinder sitzen mit ihrer pädagogischen Fachkraft auf dem Bauteppich, ein Kind nimmt ein Tier aus dem Korb, zeigt es der Fachkraft und diese sagt: „Du hältst einen Elefanten in deiner Hand.“ Das Kind wiederholt „Elefant“ und die Fachkraft bestätigt „Ja, genau, du zeigst mir den Elefanten“. Das Kind schaut zur Fachkraft, diese nickt mit ihrem freundlichen Blick und das Kind lächelt zufrieden. Das Kind bekommt allein dadurch Worte für sein Tun und auch die soziale Information „ICH werde gesehen, ich bin gut und jemand ist bei mir.“ Das stärkt das Selbstbewusstsein des Kindes, so bekommt es Energie für seine weitere Entwicklung.

„Welches Tier ist das?", „Welche Farbe ist das?" Erwachsene neigen dazu, Kinder „abzufragen“ oder auch ihre eigenen Spielideen einbringen zu wollen. Durch zu viele Fragen nehmen wir dem Kind jedoch die Möglichkeit, die eigene Welt zu erkunden. Die Spielintention des Kindes kann in diesem Moment eine ganz andere sein, als die des Erwachsenen. Auch hier gilt: Aufmerksam warten, dem Kind den nötigen Raum geben, sich als Erwachsener zurücknehmen, den Spielideen des Kindes folgen und diese benennen.“

Wie kann man Marte Meo erlernen? Gibt es da eine spezielle Ausbildung?

„Ja, die gibt es. Man kann sich als Mitarbeiter*in bei Kinderhut zum Marte Meo Practitioner oder Colleague Trainer ausbilden lassen, um seine professionelle Wahrnehmung zu schärfen.

Wir bieten die Ausbildung für alle Angestellten sogar an unserem eigenen Kinderhut Campus an. Über 52% unseres pädagogischen Personals hat die Ausbildung zum Marte Meo Practitioner, Colleague Trainer oder Supervisor bereits erfolgreich absolviert bzw. ist gerade dabei, diese zu absolvieren.“ 

Eine letzte Frage noch: Eigener Campus? Wie dürfen wir uns das vorstellen? 

„Lebenslanges Lernen wird bei uns großgeschrieben. Regelmäßige Fort- und Weiterbildungsangebote sind daher ein fester Bestandteil der Kinderhut Mitarbeiterentwicklung. Der Kinderhut Campus ist unsere interne Fort- und Weiterbildungsplattform. Auf dem Kinderhut Campus sind Fort- und Weiterbildungsangebote gebündelt - sowohl interne als auch externe Angebote zu fachlichen Schwerpunktthemen der Kinderhut Kita-Arbeit, wie z.B. Marte Meo. Aber auch eigene Fortbildungswünsche zur professionellen und persönlichen Entwicklung werden hier unterstützt und gefördert. Über neue Kollegen und interessierte Fachkräfte freuen sich übrigens alle Kinderhut-Kitas, und danicht nur hier in Essen.“

Aktuelle Stellenangebote und alles Wissenswerte über das Arbeiten bei Kinderhut auf www.ichmachkita.de
Kinderhut Homepage: www.kinderhut.de
Kinderhut bei Instagram: kinderhut_kitas
Kinderhut auf TikTok: kinderhut_kitas 
Alles zur Marte Meo Methode: https://www.martemeo.com/de/

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