mehrere Kinder

Erhöhung der Kitaplätze

Kita Fachkräfteverband e.V. Bremen Niedersachsen

27.03.2022 Kommentare (2)

Wir fordern keine Aussetzung der Mindeststandards für die Kitas in Niedersachsen und Bremen.

Leider mussten wir der Presse entnehmen, dass Seitens der niedersächsischen Landesregierung angedacht wird, die Kapazitäten der Kitaplätze für ukrainische Kinder um einen Platz zu erhöhen. Mit großen Bauchschmerzen sehen wir dem entgegen.

Wir sehen unser System „Kita“ am Rande der Legalität und kurz vor dem Kollaps. Bereits verschiedene Gewerkschaften und Fachgremien, wie z.B. die Bertelsmann Stiftung, haben in der Vergangenheit mehrfach darauf aufmerksam gemacht, dass unsere Fachkräfte am Limit sind. Es gibt immer mehr Fachkräfte, welche aus ihrem vermeintlichen Traumjob aussteigen. Bereits im Herbst legte die Agentur für Arbeit erschreckende Zahlen vor. So kommen auf 100 freie Stellen nur noch 79 Fachkräfte. Durch die neuen Vorschläge der Landesregierung wird sich diese Situation weiterhin verschlechtern und das System zum kollabieren bringen!

Auf Grund der Aussetzung der gesetzlich verankerten Mindeststandards wird sich der Zuwachs vom Fachkräftemangel enorm verstärken. Hinzu kommen vermehrt Krankheiten, wie z.B. BurnOut oder Depressionen.

Weiterhin sehen wir unsere pädagogische Arbeit stark gefährdet. Wir entwickeln uns verstärkt zurück zu Aufbewahrungsanstalten und sind keine Bildungseinrichtungen mehr. Das kann nicht die Lösung des Problems sein!

Vielerorts gibt es Wartelisten für Kinder mit einem Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz. Doch die Kommunen können diese nicht bedienen, da es keine Kapazitäten gibt.

Wir lehnen den Vorschlag die Kitaplätze kurzfristig zum 01.04.2022 um ein oder zwei Plätze zu erhöhen, wie von einzelnen Parteien des Landtages gefordert, ab. Das System ist mehr als sonst durch die Pandemie und dem massiven Personalwandel und Personalmangel an seiner Belastungsgrenze angekommen. Vielerorts werden Gruppen oder Kitas geschlossen, da sie die Betreuung der Kinder nicht mehr gewährleisten können und das Personal abwandert. Hier gilt es jetzt mittel- bis langfristige Perspektiven zu schaffen. Dazu muss das System Bildung neu bewertet werden und es müssen die Ihnen bekannten Studien der Bertelsmann-Stiftung hinzugezogen werden. Weiterhin muss dafür eine Finanzierungsmöglichkeit geschaffen werden, damit nicht die gleichen Probleme wie in der Flüchtlingspolitik 2015 entstehen.

Durch eine Anhebung der Gruppenstärke in den Kitas und einer damit verbundenen Aussetzung der Mindeststandards, wird das System mehr denn je belastet und die Konflikte zwischen den Eltern und Fachkräften nehmen zu. Wie soll vielerorts begründet werden, dass ein Kind, was seit zwei Jahren auf seinen Kitaplatz wartet, nicht aufgenommen werden kann, aber eines, welches gerade aus seinem System gerissen wurde und nun unbedingt integriert werden muss, diesen Platz bekommt?

Ja, die Kinder benötigen Sicherheit und Geborgenheit. Dies bekommen sie zunächst in ihrer Familie und müssen dort gefestigt und nicht durch eine von unserem System auferlegte Eingewöhnung der Familie oder Mutter wieder entrissen werden. Das grenzt an eine Gefährdung. Die Kinder und Familien sind mitunter schwer traumatisiert. Hier muss Hilfe geschaffen werden. Dies kann durch eine Förderung von Traumapädagogen oder Traumapsychologen geschaffen werden. Der Großteil der Fachkräfte hat im Bereich der Traumabewältigung keine adäquate Ausbildung, um auf solch eine Situation angemessen und professionell reagieren zu können. Sie benötigen Unterstützung, bevor die Kinder in einer Einrichtung aufgenommen werden. Hier gilt es einen „Schnellschuss“ zu vermeiden und entsprechend der Fürsorge gegenüber den Kindern zu handeln.

Viele Einrichtungen sind bereit ihre Räumlichkeiten am Nachmittag für eine kleine Spielgruppe anzubieten. Hier stellt sich die Frage: Welche Möglichkeiten haben wir?

Durch eine kleine Spielgruppe am Nachmittag haben die Familien mit ihren Kindern die Möglichkeit das System Kita und ihre Fachkräfte zunächst in Ruhe kennen zu lernen, um dann zu entscheiden, ob sie in dieses System integriert werden möchten. Sie können mit anderen Familien ein Netzwerk aufbauen und Unterstützung bekommen, wenn an dieser Stelle Traumapädagogen hinzugezogen werden, besteht auch die Möglichkeit eventuelle Traumata der Kinder aufzufangen.

Daher fordern wir:

  • Keine Aussetzung der Mindeststandards
  • Kurze Bürokratie zur Integration von ukrainischen Erzieher:Innen in die Kitas mitmittelfristigen Lösungen für Weiterbildungen
  • Mit den Geflüchteten ins Gespräch gehen und Bedarfe erfragen. Welche Form der Hilfewünschen sie sich? Was brauchen junge Kinder, die gerade aus Kriegsgebieten geflüchtet sind, ihre Heimat verlassen mussten und sich nun in fremder Umgebung zurechtfinden müssen?
  • Spielgruppen in Gemeindehäusern und öffentlichen Räumen einrichten, die ukrainischen Eltern und Kindern, aber auch deutschen Familien offenstehen.
  • Auch Kitas können außerhalb ihrer Öffnungszeiten Räume zur Verfügung stellen
  • Betreuungsangebote für Kinder, in die ukrainische Muttersprachler:Innen mit einbezogenwerden
  • Fortbildungsangebote für Ukrainer:innen mit pädagogischer Ausbildung, Anerkennungpäd. Abschlüsse, Angebot von Sprachkursen
  • Ukrainer:innen, die schon länger hier leben als Vermittler:innen oder Lotsen einsetzen
  • Tagesmütter/Väter mit ins Boot holen
  • Berentete rüstige Kita-Fachkräfte ansprechen und reaktivieren. Sie müssen ordentlichbezahlt werden und ihr Verdienst darf nicht auf ihre Rente angerechnet werden.
  • Studenten pädagogischer Studiengänge als bezahlte Aushilfskräfte engagieren, analogzu den Werkstudenten anderer Fachrichtungen.
  • Therapeutisch und psychologisch ausgebildete Kräfte oder Praxen mit einbinden undentsprechend vergüten
  • Vernetzung und Kooperation der verschiedenen Institutionen. TransparenteInformationen für alle Beteiligten, wo welche Unterstützung und Hilfe zu bekommen ist. Unbürokratische Zugänge zu Unterstützungsangeboten.Für Kitas, die Aufnahmekapazitäten haben oder durch entsprechende Unterstützung einige Plätze überbelegen können:
  • Entlastung der Leitungen bei Verwaltungsaufgaben, zum Beispiel durch Kräfte des Trägers der kommunalen Verwaltung oder der Jugendämter
  • Gewichtungsfaktoren einführen. Kinderzahlen werden bei der Aufnahme geflüchteter Kinder, die kein Deutsch sprechen, reduziert oder der Personalschlüssel wird entsprechend erhöht.
  • Trauma-therapeutische Fortbildungen für pädagogische Fachkräfte mit zusätzlichen Zeitressourcen
  • Pädagogisch und psychologisch ausgebildete Kräfte der Jugendämter, von freien Trägern oder von Einrichtungen der öffentlichen Jugendhilfe werden abgeordnet, um in den Kitas auszuhelfen, bis sich die Lage entspannt hat.
  • Zusätzliche Kräfte aus anderen Berufsfeldern zur Unterstützung im Kita-Alltag. 
Diese Auflistung ist nicht nach Priorität gestaffelt. Sie stellt lediglich unsere Forderungen und Ideen, welche im Plenum mit anderen Verbänden gesammelt wurden, dar.

 

 

Ihre Meinung ist gefragt!

Diskutieren Sie über diesen Beitrag.

Kommentare (2)

Angelika Mauel 29 März 2022, 19:46

Dass die GEW Lehrer in Berlin zu Warnstreiks für kleinere Klassen auffordert, kann auch uns ermutigen!
https://www.news4teachers.de/2022/03/bundesweites-novum-gew-ruft-lehrkraefte-in-berlin-zum-warnstreik-auf-fuer-kleinere-klassen/

Angelika Mauel 28 März 2022, 21:27

Hallo! Leider konterkarieren die vielen Vorschläge und Anregungen das Ziel, eine Erhöhung der Kitaplätze zu verhindern. Damit dieses Ziel klar rüber kommt, könnte dargelegt werden, warum die Gruppenstärke auf keinen Fall weiter erhöht werden kann: Zum Beispiel, weil die Fachkräfte nicht bereit sind, eine Vergrößerung der Gruppen als Verantwortliche mitzutragen. Leitungen können es ablehnen, Berufsanfängerinnen oder "reaktivierten" rüstigen Rentnerinnen die Verantwortung für eine noch größere Gruppe zu übertragen. Und im normalen Alltag lassen sich bei guter Beobachtungsgabe immer Situationen finden, die Anlass bieten, eine Gefährdungsanzeige zu stellen.
Das Schreiben ist ein solider Beweis dafür, wie schnell und umsichtig sich Erzieherinnen Gedanken machen, um mal wieder das Beste aus einer Notlage zu machen. Mich erinnert es an vorauseilenden Gehorsam. Ich fände es gut, wenn die Kitafachverbände höhere Mitgliedsbeiträge nehmen würden und wenn man - dank höherer Einnahmen - sich vor der Absendung wichtiger Mittteillungen von einem fachlich versierten Anwalt beraten lassen würde. - Was dem Gedankenaustausch unter Berufskollegen dient, ist mehr als unsere Politiker ernst nehmen oder an sich ran lassen wollen. Verstanden wird die Botschaft: Die Erzieherinnen werden weisungsgebunden tun, was angeordnet wird.

Welche anderen Verbände haben eigentlich im Plemum mitgewirkt? - Alles Gute!

Kommentar schreiben




Die angegebene E-Mail-Adresse wird nicht dargestellt, sondern nur für eventuelle Benachrichtigungen verwendet.


Bitte schreiben Sie freundlich und sachlich. Ihr Kommentar wird erst nach redaktioneller Prüfung freigeschaltet.





Ihre Angaben werden nicht an Dritte weitergegeben. Weitere Hinweise zum Datenschutz finden Sie im Impressum.