Grünes Licht für Kinder- und Jugendstärkungsgesetz
Der Familienausschuss hat das geplante Kinder- und Jugendstärkungsgesetz gebilligt. Das Gremium verabschiedete den Gesetzentwurf der Bundesregierung (19/26107) am Mittwoch in einer geänderten Fassung mit den Stimmen der Fraktionen von CDU/CSU, SPD und Bündnis 90/Die Grünen. Gegen die Gesetzesvorlage stimmten die AfD- und die Linksfraktion, die FDP-Fraktion enthielt sich der Stimme. Zuvor hatte der Ausschuss einen umfangreichen Änderungsantrag von Union und SPD mit den Stimmen der Koalition und der Grünen gegen das Votum der AfD bei Stimmenthaltung von Linken und FDP angenommen. Der Bundestag wird am Donnerstag abschließend über den geänderten Gesetzentwurf beraten und abstimmen.
Das Gesetz sieht umfassende Änderungen am Achten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII) vor, um Kinder und Jugendliche in Heimen und Pflegefamilien oder in schwierigen Lebensverhältnissen besser zu schützen und zu unterstützen. So sollen Heime und ähnliche Einrichtungen einer strengeren Aufsicht und Kontrolle unterstellt werden. Kinder in Pflegefamilien sollen auf Anordnung des Familiengerichts dauerhaft in diesen verbleiben, wenn dies zum Schutz und Wohl des Kindes erforderlich ist. Die Kostenbeteiligung von jungen Menschen in Pflegefamilien und Einrichtungen der Erziehungshilfe soll von 75 Prozent auf 25 Prozent ihres Einkommens aus Schülerjobs, Praktika oder einer Ausbildung gesenkt werden. Mit dem Änderungsantrag der Koalition wird zudem ein Freibetrag von 150 Euro des Einkommens von der Kostenbeteiligung ausgenommen. Einkommen aus kurzfristigen Ferienjobs und ehrenamtlicher Tätigkeit sollen gänzlich freigestellt werden. AfD, FDP, Linke und Grüne hingegen plädierten dafür, die Kostenbeteiligung ganz abzuschaffen.
Zudem soll die Kooperation zwischen der Kinder- und Jugendhilfe, dem Gesundheitswesen, den Strafverfolgungsbehörden und den Familien- und Jugendgerichten verbessert werden. So sollen beispielsweise Ärzte, die sich bei Verdacht auf Kindeswohlgefährdung an das Jugendamt wenden, in Zukunft auch eine Rückmeldung über die anschließende Gefährdungseinschätzung erhalten. Darüber hinaus soll die Prävention vor Ort und die Beteiligung von jungen Menschen, Eltern und Familien verbessert werden. In Notsituationen sollen sie sich an eine Erziehungsberatungsstelle in ihrer Umgebung wenden können und dort unbürokratisch Hilfe erhalten. In den Ländern soll eine bedarfsgerechte Struktur von unabhängigen Ombudsstellen eingerichtet werden und die Beschwerdemöglichkeiten für Kinder und Jugendliche in Heimen und Pflegefamilien soll erweitert werden. Die FDP bemängelte, dass die Unabhängigkeit der Ombudsstellen nicht gewährleistet sei, wenn diese bei den Jugendämtern angesiedelt werden. Dies müsse ausgeschlossen werden.
Mit der Gesetzesnovelle sollen die staatlichen Leistungen und Hilfen für Kinder- und Jugendliche mit Behinderungen in den kommenden Jahren im SGB VIII gebündelt werden. Prinzipiell soll die Inklusion als Leitgedanke in der Kinder- und Jugendhilfe und die grundsätzlich gemeinsame Betreuung von Kindern mit und ohne Behinderung verankert werden. Ab 2024 soll die Funktion eines Verfahrenslotsen beim Jugendamt eingerichtet werden, der als Ansprechpartner für Eltern und andere Erziehungsberechtigte fungiert. Die AfD-Fraktion kritisierte den Inklusionsgrundsatz als zu undifferenziert. Dies sei bereits in der Schulpolitik nicht geglückt, unterschiedliche Behinderungen müssten unterschiedlich berücksichtigt werden.
Quelle: hib - heute im bundestag Nr. 528 vom 21. April 2021