
„Inklusion verändert das Bildungssystem“
185 Vertreterinnen und Vertreter der Aus- und Weiterbildung und der Praxis haben beim WiFF-Bundeskongress „Kompetent für Inklusion“ diskutiert, wie Kitas inklusiv werden können. In Deutschland besuchen drei Viertel aller Kinder mit besonderem Förderbedarf reguläre Kindertageseinrichtungen. Rund 17 Prozent der in Kitas betreuten Kinder ab drei Jahren haben einen Migrationshintergrund und sprechen in den Familien eine andere Sprache als Deutsch. Hinzu kommen Kinder, die von Armut betroffen sind. Diese Situation stellt laut einer Befragung der Weiterbildungsinitiative Frühpädagogische Fachkräfte (WiFF) das pädagogische Personal vor große Herausforderungen. Wie Kitas verändert werden müssen, um jedes Kind unabhängig von individuellen Stärken und Schwächen aufnehmen zu können, war Thema des WiFF-Bundeskongresses „Kompetent für Inklusion!“ am 17. und 18. Oktober 2013 in der Berliner Repräsentanz der Robert Bosch Stiftung. 185 Vertreterinnen und Vertreter der frühpädagogischen Aus- und Weiterbildung, der Kita-Praxis sowie aus Politik und Wissenschaft haben Vorträge und Workshops besucht und sich über ihre Erfahrungen ausgetauscht. „Inklusive Frühpädagogik umfasst alle Elemente einer qualitativ hochwertigen Kita-Praxis “, sagt Prof. Dr. Timm Albers, Juniorprofessor an der pädagogischen Hochschule Karlsruhe. Sie ermögliche gleiche Chancen für Partizipation, verzichte auf Etikettierungen, fördere die Zusammenarbeit in multiprofessionellen Teams und öffne und vernetze die Kita mit anderen Einrichtungen des Sozialraums. „Doch die Umsetzung ist in Deutschland defizitär“, stellt Albers fest. Denn Inklusion stehe im Widerspruch zu unserem ausdifferenzierten Bildungssystem und brauche gute Rahmenbedingungen. Für größtmögliche Teilhabe von Anfang an müssen au f der Ebene der pädagogischen Fachkraft, der Einrichtung und auf gesamtgesellschaftlicher Ebene Veränderungen angestoßen werden. Dabei sei Inklusion als Prozess zu verstehen.
„Inklusion verändert das Bildungssystem grundlegend“, sagt
Prof. Dr. Anke König. Die Leiterin der WiFF sieht
Weiterbildung in der Funktion, diese Reform in die Praxis zu
bringen. Weiterbildung solle Routinen in der pädagogischen
Arbeit durchbrechen, da sich diese nicht am Individuum
orientieren. König plädiert für kontinuierliche Weiterbildung,
um die Professionalität über die Lebensspanne auszubauen und
zu erhalten. In der europäischen Bildungspolitik sieht sie die
Chance, die Weiterbildungslandschaft zu systematisieren und
auszudifferenzieren. Ein erster Schritt sei die Orientierung
an Kompetenzen, die Aus- und Weiterbildung verzahnt und den
Wechsel von einem Bildungsort zum anderen und damit auch
Aufstieg möglich macht.
„Think big, act small“, wirbt Ana del Barrio Saiz. „Wir müssen
die Erwartungen bei der Umsetzung einer inklusiven Pädagogik
herunter fahren, sonst verlieren wir die Praktiker“, ist die
unabhängige Weiterbildnerin und Beraterin aus Vorschoten in
den Niederlanden überzeugt. Mit dem Ansatz der Critical
Learning Communities (kritisch lernende Gemeinschaften) hat
sie Kita-Teams dazu motiviert, sich an Stärken statt an
Defiziten zu orientieren und damit mehr Vielfalt in der Kita
zu ermöglichen. „In der Praxis der Weiterbildung ist darauf zu
achten, alle Lernenden in die Gruppe zu integrieren“, weiß
Prof. Dr. Carola Iller. Die Professorin für Erwachsenenbildung
an der Johannes Kepler Universität in Linz spricht sich dafür
aus, Inhalte differenziert nach den Vorkenntnissen der
Teilnehmenden und anhand unterschiedlicher Methoden zu
vermitteln. In der Vielfalt der Weiterbildungsträger sieht sie
die Chan ce, dass unterschiedliche Angebote geschaffen werden.
Quelle: Pressemitteilung der Weiterbildungsinitiative Frühpädagogische Fachkräfte (WiFF) vom 23.10.2013