
Inklusive Tagesbetreuung
WiFF-Expertise zur Bildung, Betreuung und Erziehung entwicklungsgefährdeter Kinder in den ersten drei Lebensjahren
Die UN-Behindertenrechtskonvention gibt seit 2009 allen Kindern in
Deutschland das Recht auf den Zugang zum allgemeinen Bildungs- und
Betreuungssystem. Dennoch besuchen Kinder in den ersten drei
Lebensjahren mit besonderen Bedürfnissen bislang seltener eine
Kindertageseinrichtung als ihre Altersgenossen. Doch mit dem
Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz wird in den kommenden Jahren die
Nachfrage an inklusiven Betreuungsplätzen in Regeleinrichtungen steigen.
Daraus ergeben sich neue Aufgaben für Erzieherinnen und Erzieher, für
die sie qualifiziert werden müssen. Simone Seitz, Nina-Kathrin Finnern,
Natascha Korff und Anja Thim haben im Auftrag der
Weiterbildungsinitiative Frühpädagogische Fachkräfte (WiFF) den
Forschungsstand und die Rahmenbedingungen einer Inklusiven Pädagogik für
diese Altersgruppe untersucht und leiten daraus Empfehlungen für die
Aus- und Weiterbildung der Fachkräfte ab.
Inklusion als ganzheitliches Konzept
Die
UN-Konvention definiert Bildung, Partizipation und Selbstbestimmtheit
als zentrale Menschenrechte. Sie gründet auf dem Verständnis, dass sich
Menschen durch soziale und kulturelle Merkmale oder körperliche
Beeinträchtigungen unterscheiden und Heterogenität damit keine Ausnahme,
sondern die Regel ist. Die Autorinnen stellen heraus, dass eine
Inklusive Pädagogik deshalb das Ziel verfolgen muss, Kinder gemeinsam zu
betreuen und individuell zu fördern. Gerade eine frühe Tagesbetreuung
ermöglicht durch die Interaktion mit Gleichaltrigen
Entwicklungsfortschritte und fördert die Inklusion, da Vorurteile bei
den Jüngsten noch nicht ausgebildet sind. Auch für die Eltern von
Kindern mit besonderen Bedürfnissen bedeutet der Kitabesuch oftmals eine
Entlastung und kann zur sozialen Teilhabe der ganzen Familie beitragen.
Das Konzept der Inklusiven Pädagogik lenkt damit den Blick vom
einzelnen Kind auf die Einrichtung und deren Umfeld. In
multiprofessionellen Teams, bestehend z.B. aus Erzieherinnen und
Erziehern sowie Sonder- oder Heilpädagogen, kann die Verantwortung für
alle Kinder gemeinsam übernommen werden.
Umgang mit Heterogenität als notwendiger Bestandteil von Weiterbildung
Die
Qualifikation von Integrations- bzw. Inklusionsfachkräften ist nicht
einheitlich geregelt und reicht von Sonder-, Heil- und Sozialpädagogen
und -pädagoginnen bis hin zu Erzieherinnen und Erziehern mit
Zusatzausbildung. Es fehlen verbindliche Qualitätsstandards für die Aus-
und Weiterbildung. Um Inklusive Pädagogik in Kindertageseinrichtungen
zu verankern, ist es notwendig, dass der Umgang mit Heterogenität und
Risiken für Exklusion zu einer selbstverständlichen Säule der
frühpädagogischen Qualifizierung wird. „Jede pädagogische Fachkraft
sollte darauf vorbereitet sein, mit entwicklungsgefährdeten Kindern
arbeiten zu können und sich dafür die menschenrechtliche Dimension
bewusst zu machen,“ so die Autorinnen.
Die WiFF Expertise "Kinder mit besonderen Bedürfnissen – Tagesbetreuung in den ersten drei Lebensjahren" kann auf dem Webportal der WiFF kostenlos bestellt oder als PDF heruntergeladen werden.