
Kinder, die auf Bäume klettern...
"Heute beschränkt sich der Kontakt zur Natur von Kindern auf das Hintergrundbild ihres Computers oder Tablets. Kleinkinder wischen und streichen über ihre elektronischen Geräte, bevor sie 'Mama' oder 'Papa' sagen. Tomaten und Möhren wachsen ihrer Meinung nach im Supermarkt, wilde Tiere gibt es nur hinter Gittern im Zoo und auf Bäume klettern sie – fest in den Sicherheitsgurt eingeschnallt – höchstens zweimal im Jahr beim betreuten Klassenausflug in den Kletterwald.
Diese angebliche 'Naturferne' deutscher Kinder wurde kürzlich auch in einer Studie der Deutschen Wildtier Stiftung empirisch festgestellt. Eltern wurden gefragt, wie viel Zeit ihre Kinder noch in der Natur verbringen. Das Ergebnis hätte Mark Twain zum Weinen gebracht: Knapp die Hälfte aller Kinder zwischen vier und zwölf Jahren sei noch nie selbstständig auf einen Baum geklettert. 22 Prozent der befragten Eltern gaben an, dass ihre Kinder 'nie oder fast nie' einem frei lebenden Tier begegnen" (taz von heute).
Als wesentlicher Grund wird die Angst der Eltern vor Gefahren genannt. Dabei ist das Klettern auf Bäume ein solch tolles Erlebnis. Dazu zwei Kinder, in der gleichen Ausgabe der tageszeitung:
Bo, 5 Jahre alt: Das auf dem Foto ist ein toller Baum, weil der so viele Verzweigungen hat. Ich bin oft auf dem Baum und klettere ganz hoch. So hoch, dass manchmal der, der auf mich aufpasst, mich nicht mehr sehen kann. Vorm Runterfallen habe ich keine Angst, aber einmal habe ich mir wehgetan. Dann bin ich aber einfach weitergeklettert. Der Baum heißt Wundergarten. Auf der einen Seite hat er ganz viele Äste und auf der anderen ganz wenige. Ich klettere auch oft an der Seite mit den wenigen Ästen hoch. In einem Baumhaus war ich noch nie. Ich wäre aber gerne mal in einem Baumhaus, weil man sich da nicht festhalten muss. Ob ein Baumhaus oder ein Kletterbaum besser ist. weiß ich nicht. Mein Lieblingsbaum heißt Hochhaus, weil er mehrere Etagen hat. Er ist wie ein echtes Haus, und auf einer Etage kann man sich sogar hinlegen wie in einem echten Schlafzimmer. Er hat zwei Stockwerke. Manchmal klettere ich auch auf einen Baum, der an einem Fluss steht. Der hat auch ganz viele Verzweigungen.
Und Ilyas, vier Jahre alt: Immer weiter hoch! Ich kletter gerne auf Bäume! Von dort aus schaue ich mir alles an. Alle Kinder, Bäume und Tiere. Besonders gerne kletter ich auf den Kirschbaum meiner Tante, dann sieht unten alles ganz klein aus. Ich träume dann, ich wäre eine Spinne und kletter immer weiter rauf. Zum Schluss schaukle ich an einem Ast und springge dann gaaanz weit!
Na, wenn das mal nicht eine Erfindung der Eltern ist, denn wo springt der kleine Ilyas denn dann hin?
Wie auch immer, den meisten Kindern fehlen diese Erlebnisse. Und noch mehr. Denn die TU München hat herausgefunden, dass Kinder heute um 15 Prozent weniger fit sind als ihre Eltern. "Die Fitness sinkt alle 10 Jahre um 6 Prozent." (taz vom 11./12. Juli, S. 19). Da leben wir nun in einem reichen Land und unsere Kinder bewegen sich nicht genug...
Das können die Fachkräfte allein nicht richten.
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