Kita-Fachkräfteverbände äußern sich zum Kita Qualitätsgesetz
Aktuell werden in den Bundesländern die Verträge zwischen Bund und Land unterschrieben, um das Kita Qualitätsgesetz endlich in die Praxis einzubringen. Theoretisch gibt es die Gelder des Bundes seit Januar 2023, aber die Umsetzung ließ und lässt auf sich warten. Allen ist klar, dass in Kitas investiert werden muss, um Chancengleichheit zu erreichen, Bildungsgerechtigkeit zu ermöglichen, sowie pädagogische Fachkräfte zu gewinnen und zu binden.
Kita-Fachkräfte wollen endlich ihren Beruf so ausüben, dass sie ihrem gesetzlichen Auftrag, Kinder bedürfnisorientiert zu betreuen, zu bilden und individuell zu fördern, nachkommen können. Das ist unter den aktuellen Rahmenbedingungen nur sehr eingeschränkt leistbar. “Unsere Kinder und ihre Familien brauchen individuelle Förderung, Achtsamkeit, Entwicklungsbegleitung und gute frühkindliche Bildung, anstatt einer Mangelverwahrung, wie sie aktuell vielerorts vorherrscht“ äußert sich Anja Braekow vom Verband Kita-Fachkräfte Baden-Württemberg dazu. Doch genügen die 4 Milliarden über 2 Jahre aus, um diese Ziele zu erreichen? „Wir sehen einen viel höheren Investitionsbedarf“ erklärt Verena König vom Kita-Fachkräfte-Verband Hessen „schließlich fehlt es an allen Ecken und Enden. Die Gelder müssen vorrangig für qualitative Maßnahmen verwendet werden, dem stimmen wir vollends zu. Zuerst müssten aber bundeseinheitliche Mindeststandards für eine gute pädagogische Qualität festgelegt werden, die den wissenschaftlichen Empfehlungen entsprechen.
Ein wichtiger Parameter ist beispielsweise die Fachkraft-Kind-Relation, die angibt, für wie viele Kinder eine pädagogische Fachkraft zeitgleich verantwortlich ist“. „Es ist nett anzusehen, dass der Bundeskanzler persönlich Kitas besucht und über die Wichtigkeit einer Mint Bildung spricht, aber was wir brauchen, sind personelle und zeitliche Ressourcen, ohne diese eine naturwissenschaftliche, aber auch emotionale oder sprachliche Förderung und Begleitung im Kita Alltag nicht möglich sind,“ führt Braekow aus. „Zudem ist unklar, wie es nach dem Kita Qualitätsgesetzt weiter geht, denn vorerst ist es auf zwei Jahre angelegt“ erläutert Verena König. Kitas sind aus familien- und bildungspolitischen, aber auch arbeitspolitischen Gründen gesellschaftlich relevant. Dass die Bundesrepublik Deutschland, die in allen letzten Bildungsstudien verheerend abgeschlossen hat, sich immer noch ein Kita-System leistet, ohne Standards für eine gute frühkindliche Bildungsqualität festzulegen, ist nicht nachvollziehbar.
Die mittlerweile in 12 Bundesländern vertretenen Kita-Fachkräfte Verbände haben ein gemeinsames Positionspapier erarbeitet, mit dem sie deutschlandweite Mindeststandards für eine kindgerechte Kita-Qualität fordern.
„Nur wenn jetzt massiv in die frühkindliche Bildung investiert wird, können wir der Bildungsmisere entgegentreten und zukunftsfähig bleiben. Ein Haus beginnt auch nicht mit dem Bau des Daches, sondern mit einem tragfähigen Fundament,“ schließt Braekow ab.
Die erste Bildungsinstitution ist die Kita, denn die ersten Lebensjahre sind entscheidend in der kindlichen Entwicklung. Was hier versäumt wird, ist bereits in der Grundschule nicht mehr so leicht aufzuholen, darin sind sich die Kita-Fachkräfteverbände der verschiedenen Bundesländer einig. Geredet wurde lange genug, jetzt muss gehandelt werden.
Mit freundlichen Grüßen
im Auftrag der Kita-Fachkräfteverbände in Deutschland
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Kommentare (6)
Sehr geehrte Frau Dr. Butzmann, eine längere Zeit der Kinder in Familienbetreuung ist eine schöne Vorstellung, aber leider nur leistbar für Familien, die sich das auch monetär leisten können. An der Entwicklung der Kinderbetreuungseinrichtungen, die mittlerweile auch in den westlichen Bundesländern mit ganztägigen Öffnungszeiten aufwarten, ist zu erkennen, dass viele Familien nicht mehr die Wahl haben, weil beide Einkommen benötigt werden, um die immer weiter steigenden Kosten zu bezahlen. Wir reden hier nicht über ein Problem der frühkindlichen Bildung, sondern über eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung.
Liebe Frau Kunz, da habe ich mich nicht deutlich genug ausgedrückt. Danke für den Hinweis. Meine Aussagen betreffen nur die Kinder in der Krippe vor dem zweiten oder dritten Geburtstag. Für alle älteren Kinder trifft das voll zu, was Sie schreiben. Und für die Verbesserung der Zustände wünsche ich Ihnen und Ihren Mitstreiter/innen viel Erfolg. Hierzu noch eine von mir immer wieder gemachte Anmerkung: Würde der Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz aufgehoben (denn die Krippenkinder erwischt die derzeitige Situation am schlimmsten), wäre Personal und Ressourcen frei für die Kindergartenkinder. Denn Bildung findet bei den kleinsten Krippenkinder nachweislich nicht statt, sondern viele sind durch die zu frühe Trennung von den Eltern in ihrer Entwicklung eingeschränkt.
"Bindung VOR Bildung" oder besser "Bindung IST frühe Bildung": darin sind sich Entwicklungspsychologen, Hirnforscher und die fundierte jahrzehntelange Bindungsforschung einig. Und diese frühe Bindung in den ersten 3-4 Lebensjahren ist die emotionale Basis dafür, dass ein Kind später all seine Potentiale bestmöglich nutzen kann. Und die besten Voraussetzungen für eine gute Bindung in den ersten Lebensjahre bietet eine Familie mit weitgehend verlässlichen, zugewandten und liebevollen Bindungspersonen. Anschließend kann ein qualitativ GUT geführter Kindergarten sinnvoll sein für eine ganzheitliche Entwicklung.
In prekären Familien kann eine institutionelle Frühbetreuung -allerdings mit besonders guter Qualität- für solch ein Kind zum Vorteil sein.
Liebe Frau Dr. Butzmann,
als Institution werden öffentliche oder staatliche Einrichtungen oder Organisationen bezeichnet, die einen ganz bestimmten Zweck haben und auf Dauer eingerichtet wurden.
Die Familie ist die erste Gemeinschaft, die ein Kind erfährt und in allen Familien wird "gebildet".
In allen Bundesländern sind Bildungsprogramme für die institutionelle frühkindliche Bildung schon seit fast 2 Jahrzehnten verabschiedet worden. In allen wird der Bildungs, Erziehungs und Betreuungsauftrag festgeschrieben. Für ALLE Kinder, nicht nur "aus prekären Familienverhältnissen" ist Bildung-ganzheitliche Bildung- wichtig.
Die Diskussion sollte besser darüber geführt werden, welche Rahmenbedingungen die Kitas und auch Schulen benötigen, damit diese ihren Bildungs-Auftrag auch erfüllen können.
Hier sollte die Gesellschaft sich fragen, was sind uns unsere Kinder wert?
Stetig die Ansprüche zu erhöhen ohne an den Rahmenbedingungen etwas zu verändern, hat uns dahin geführt wo wir stehen-- vor dem Kollaps!
Danke für den Hinweis. In Zukunft werden wir uns folgendermaßen ausdrücken:" Die Kita ist die erste öffentliche Bildungsinstitution."
Die erste Bildungsinstitution ist die Familie, die in den ersten zwei bis drei Jahren durch das Ermöglichen einer zeitaufwändige sicheren Bindung Bildung im umfassenden Sinne schafft. Die Kita ist nur für die Kinder aus prekären Familiensituationen eine Bildungsinstitution, für alle andere eher nicht. Für die Mehrheit der Kinder unter zwei bis drei Jahre ist eine beziehungsorientierte Familienerziehung der Garant für eine positive schulische Laufbahn. Das sollten alle Beteiligten in dieser lückenhaften Diskussion bedenken.