Kitas müssen die Rechte der Kinder schützen!
Im Jahr 2000 wurde im Bürgerlichen Gesetzbuch niedergelegt: „Kinder haben das Recht auf gewaltfreie Erziehung. Körperliche Bestrafungen, seelische Verletzungen und andere entwürdigende Maßnahmen sind unzulässig“ (§ 1631 Abs. 2 BGB). Gewalt gegen Kinder hat viele Gesichter. In Kitas erleben Kinder unterschiedliche Formen von Alltagsgewalt: Zum Beispiel Zwang, etwa wenn sie etwas kosten oder aufessen sollen. Wenn sie in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt werden, wenn sie beschämt oder bestraft werden. Auch Schimpfen, Anschreien oder grob am Arm packen ist übergriffig.
Die BiKA-Studie („Beteiligung von Kindern im Kita-Alltag“, 2018 – 2020) hat in Krippengruppen mit Hilfe von Videografie untersucht, wie die Beteiligungsrechte der Jüngsten im Alltag umgesetzt werden: https://www.pina- research.de/forschung/forschungsprojekte/bika/.
Nach Ergebnissen der Studie kommt es beispielsweise in knapp der Hälfte der untersuchten Krippengruppen beim Mittagessen zu grenzüberschreitendem Körperkontakt gegenüber Kindern. In genauso vielen Essenssituationen können nicht alle Kinder selbst entscheiden, wie viel sie essen oder trinken möchten. Ebenfalls in knapp jeder zweiten beobachteten Essenssituation sind Bewegungseinschränkungen von Kindern zu beobachten.
Das kann so nicht bleiben! Wir fordern im Einklang mit vielen Fachkolleg:innen aus der Praxis und der Wissenschaft:
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Kitas brauchen mehr und gut ausgebildete pädagogische Fachkräfte. Sie benötigen mehr Zeit für Vor- und Nachbereitung, für Reflexion, Team- sitzungen und Weiterbildung. Der Betreuungsschlüssel ist deutlich zu verbessern.
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Gewalt darf im Alltag von Kitas nicht vorkommen. Fehlverhalten muss klarer definiert werden. Kinderrechtsbasiertes pädagogisches Handeln muss vorrangig Gegenstand von Personal- und Teamentwicklung sein. Die Aus- und Fortbildung von pädagogischen Fachkräften zu Beteiligungs- und Schutz- rechten von Kindern muss unmittelbar verbessert und ausgeweitet werden.
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Kinder müssen sich wirksam beschweren können, ebenso ihre Eltern. Dafür sind die gesetzlich geforderten Beschwerdemöglichkeiten in Kitas sowie die unabhängigen Ombudsstellen endlich systematisch einzurichten.
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Wir brauchen mehr Wissen darüber, wie die Beteiligungs- und Schutzrechte von Kindern in Kitas, Kindertagespflegestellen und Horten tatsächlich verwirklicht werden, und wie das die Kinder sehen. Nur so können wirksame Möglichkeiten der Intervention und Prävention entwickelt werden. Dafür brauchen wir mehr Monitoring und mehr Forschung.
An sicheren Orten sind die Rechte von Kindern insgesamt geschützt. An sicheren Orten erleben Kinder Selbst- und Mitbestimmung, können ihre Persönlichkeit voll zur Entfaltung bringen und sind vor Diskriminierung und Grenzüberschreitung geschützt.
Prof. Dr. Frauke Hildebrandt (Fachhochschule Potsdam, iffe e.V.)
Prof. Dr. Catherine Walter-Laager (Universität Graz, Zentrum PEP) Bianka Pergande (Deutsche Liga für das Kind)
Katrin Macha (ISTA-Institut für den Situationsansatz/INA Berlin gGmbH) Prof. Dr. Jörg Maywald (Deutsche Liga für das Kind)
Prof. Dr. Gerlind Große (Fachhochschule Potsdam)
Quelle: Deutsche Liga für das Kind
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Kommentare (10)
Hallo,
Ich habe mal eine Frage, wie ihr am besten, aus Erziehersicht bzw Elternsicht eine Situation lösen würdet, ohne die oben genannten Kinderrechte zu verletzten.
Ich bin auch der Meinung Kinderrechte einzuhalten, allerdings in maß und ziel.
Situation: Kinder spielen (5 K), K1 kam angerannt das K2 nerven würde und alle Spielsachen wegnimmt. Erzieher rief K2 zum herkommen um die Situation zu klären. 2 , 3, 4 mal gerufen, nichts. K2 sah zwar zu den Erziehern, ignorierte sie aber. Alle anderen Kinder "halfen" den Erzieher und riefen auch nach K2.
Erzieher ging daraufhin zu K2 um die Situation zu klären. Daraufhin Schlug K2 mit den Fäusten auf die Erzieherin, trat mit den Füßen zu, beschimpfte Sie und warf ihr dinge nach (kl äste, steine ect.)
Wie sollte man sich da Fachgerecht verhalten ohne die Rechte zu verletzten?
E1 hat sich umgedreht und ist gegangen, ohne Worte!
Da auch die Erzieher normale Menschen sind, wie andere, die auch "schlechte" Tage haben können, solche Vorkommen nicht die Ausnahme sind und die Nerven am Ende. Eltern kennen so ein Gefühl, egal in welche Phase sich ein Kind befindet.
Ich rede solches Verhalten wenn Erzieher Grenzen überschreiten, die nicht zu überschreiten sind, nicht schön, allerdings finde ich persönlich es ein Wahnsinn, dass Erzieher solch ein Verhalten ertragen müssen, weil sie nichts mehr dürfen um Grenzen zu setzten.
Reden JA!! Aber hilft reden immer? Wenn ein Kind das gesagt ignoriert bzw wegläuft oder der gleichen, nur um das nicht hören zu müssen. Dann hilft reden auch nichts.
Redaktion ErzieherIn.de :
In einer solchen Situation ist es im Sinne des Kinderschutzes und der professionellen pädagogischen Haltung besonders wichtig, dass eine Pädagogin, die merkt, dass sie emotional an ihre Grenzen kommt, sich Unterstützung holt und ggf. eine Kollegin übernimmt. Dies schützt sowohl das Kind als auch die Fachkraft selbst. Gleichzeitig sollte der Fokus nicht nur auf der akuten Eskalation liegen, sondern darauf, präventiv zu arbeiten: Was sind die Ursachen für das Verhalten? Was braucht das Kind, um nicht in solche eskalierenden Situationen zu geraten?
Grenzen zu setzen ist wichtig – aber sie müssen immer im Rahmen der Kinderrechte geschehen: gewaltfrei, respektvoll und entwicklungsfördernd. Auch in sehr belastenden Momenten hilft es, sich bewusst zu machen, dass herausforderndes Verhalten oft ein Ausdruck von Überforderung, Hilflosigkeit oder inneren Nöten des Kindes ist.
Wichtig ist:
Ruhig bleiben und Deeskalieren: Auch wenn das Verhalten verletzend ist.
Klare, wertschätzende Ansprache: "Ich sehe, dass du wütend bist. Ich passe auf dich auf. Aber ich lasse nicht zu, dass du mich verletzt."
Teamarbeit: Unterstützung holen, gemeinsam reflektieren.
Strukturen schaffen: Regeln im Alltag klar und für alle Kinder verständlich vermitteln und regelmäßig einüben.
Selbstfürsorge: Pädagog*innen brauchen Möglichkeiten zur Entlastung und Supervision, um langfristig handlungsfähig zu bleiben.
man ist das traurig, wir als Erwachsene müssen uns doch auch an Regeln halten,
denkt das doch mal zu Ende, wenn jeder machen kann was er will....
Achtung, Wertschätzung, Zurückhaltung, Frustrationstoleranz, Empathie, Gemeinschaft, selbst Nachhaltigkeit lernen wir nun mal im Kindesalter...
"Woher soll ein Kind wissen was es will, wenn es nie einen Wunsch verwehrt bekommt?"
Das sind wir unserer Schöpfung schuldig.
Sehr traurig das wir das unseren Kindern verwähren. Das ist übrigens auch eine Form von Kindeswohlgefährdung.
In der Einrichtung in der ich arbeite werden gerade mal zwei Kinder konsequent erzogen - übrigens die einzigen die klug sind, Zusammenhänge erkennen und sozial kompetent
wie gesagt es ist traurig was wir unsere Kindern antuen und nicht zutrauen....
The question I have for parents. Are you takimg responsibility for your child's behaviour at home? If yes, than the Kita will have a lovely day with your child.
Ich verstehe die Kommentare von Teressa und Ina sehr gut. Es ist zunehmend schwierig geworden, Kinder in unserer modernen Zeit zu erziehen, insbesondere angesichts der zahlreichen Regeln, die den Erziehern auferlegt werden. Die Regeln, die eigentlich den Schutz der Erzieher gewährleisten sollen, werden heutzutage oft missachtet oder existieren nicht. Erzieher werden auf schlimmste Weise beschimpft, bespuckt und sogar körperlich angegriffen. Übergriffiges Verhalten der Kinder gegenüber den Erziehern scheint mittlerweile zur traurigen Normalität zu gehören. Die Leitungskräfte verschließen oft die Augen vor diesen Problemen, und das pädagogische Personal wird dafür auch noch bestraft. Wo bleibt unser Schutz? Aus meiner Sicht gerät alles immer mehr aus den Fugen. Die neue Generation wird dadurch nicht besser, sondern schlimmer. Die neue Generation von Eltern bevorzugt moderne "neuartige" Erziehungsstile wie den "Rasenmäher-" oder "Helikopter-Stil". Aber ist das wirklich gut für die Gesellschaft?
Als mein Sohn (damals 3 Jahre) bei der Eingewöhnung in die Kita unangekündigt von mir getrennt wurde, wollte er in Panik aus dem Raum raus um mich zu finden. Die Erzieherin hat ihn festgehalten. Er hat sich mit Händen und Füßen gewehrt. Daraufhin hat die Erzieherin "die Stimme gehoben".
Mein Sohn hatte danach ca. 2 Monate lang Alpträume, was er sonst nie hat.
Obwohl diese Erzieherin früher seine Bezugspersonkandidatin No.1. gewesen war, hat er sie nach dem Vorfall nicht anzublicken gewagt. Auch hat er trotz Durst kein Getränk von ihr genommen.
Als mir klar wurde, was da passiert war, habe ich meine Drillinge aus der Einrichtung genommen, aus Angst vor seelischem Mißbrauch.
Nun finde ich keine andere Kita für sie, und weiß nicht was ich tun sollte.
Die anderen Kitas in unserer Umgebung nehmen nur Kinder aus ihrem eigenen Einzugsgebiet auf, für jene Kinder sind sie halt zuständig und damit sind dann auch alle Plätze weg.
Hat jemand vielleicht einen Tipp für mich?
Das Jugendamt war Fehlanzeige, da hat die Kitaleitung beste Beziehungen sozusagen. Die zuständige Mitarbeiterin meinte zu mir: "Sie erwarten zuviel. Sie müssen lernen sich von ihrem Kind zu lösen".
Ja, ich erwarte durchaus, dass mein Kind, wenn es in Panik gerät, nicht angeschrien wird.
Ich hätte vor ein paar Jahren noch alles unterschrieben, was ihr sagt. Mittlerweile nicht mehr. Warum? Im Laufe meiner Ausbildung ist mir eins klar geworden. Ja, Kinder erfahren Gewalt im Kindergarten. Sogar teilweise viel. Nur geht diese äußerst selten von Erziehungspersonal aus. Und sehr, sehr häufig von anderen Kindern. Leider habe ich die Erfahrung gemacht, dass diese Tatsache von Erzieherinnen mit einer Einstellung wie hier extremst bagatellisiert wird. Im Sinne von "sind halt Kinder". Dabei macht es einer 3-Jährigen jede Menge aus, wenn ein 5-Jähriget ihr mit den Worte "Hure, Halts Maul" ins Gesicht schlägt. Die Erzieherin hat hier die Aufgabe und Pflicht, das geschlagene und beleidigte Kind zu schützen. Wenn ihr sogar schon "Schimpfen und laute Stimme" als Tabu bezeichnet, dann nehmt ihr ihr einen erheblichen Teil vom dem Arsenal, dass ihr zur Verfügung steht, um dieser Aufgabe nachzukommen. Meine Erfahrung aus der Ausbildung: In den Gruppen, in denen sehr viel "gesäuselt" wird und wenig Grenzen gesetzt werden, da herrscht oft eine ungute Grundstimmung unter den Kindern, mit viel Gewalt. Während in Gruppen mit engerer Freisetzung, und dazu gehört in Fälken wie dem obigen auch eine erhobene Stimme und "Schimpfen", die Grundstimmung unter den Kindern meist deutlich besser war und alle Kinder wenig Gewalt erlebten. Natürlich dürfen die Erzieher das nicht andauernd anwenden, aber es gibt Fälle, da bleibt nichts anderes, sich körperliches Anfassen muss dann sein (rausheben und an andere Stelle verbringen, kurz festhalten). Fazit meiner Beobachtungen: Das größte Problem für Kinder ist nicht Gewalt durch Erziehungspersonal sonden Gewalt, teils massive, durch andere (oft verhaltensauffällige) Kinder. Dieser angemessen zu begegnen, klappt mit den Methoden, die hier propagiert werden, nicht. Diese führen stattdessen zu mehr Gewalt der Kinder untereinander (oft größere gegen kleinere), was eben keine Bagatelle darstellt.
Seit vier Jahren arbeite ich in Kitas und bin sehr schockiert darüber, was sich Fachkräfte alles herausnehmen und mit welcher Macht sie ihre Vorstellung gegenüber den Kindern durchsetzen. Wenn ein Kind aggressiv ist, oder mich sogar schlägt und andere Kinder gefährdet, hole ich mir entweder Hilfe von außen oder erarbeite Lösungen um ohne Gewalt deeskalierend einzuwirken. Aber ich lasse doch nicht ein total überfordertes Team an Kindern mit Macht- und Gewaltspielchen an diesen Kindern rumdoktern. Das ist momentan bei vielen Einrichtungen der Ist- Zustand. Besonders erfahrene Fachkräfte, halten oft an der Nostalgie fest, dass man nur folgsame Kinder hatte mit denen man schöne Sachen machen konnte. Und natürlich wurden auch alle Regeln befolgt, auch die sinnlosesten. In ihren Augen sind die Kinder und die Erziehung von heute daran schuld, dass die Kinder so furchtbar sind. Dass sich die Bedingungen ändern müssen, sehen sie nicht ein. Ich habe deshalb gekündigt und werde zwei Einrichtungen melden. Nein, Gewalt an Kindern durch zerren, festhalten, anschreien, demütigen, strafen, geht garnicht.
Hallo habe eine Frage ist es zulässig das als Pädagoge in einer Kita die Kinder dazu angehalten werden alles was in der Kita passiert nicht zuhause erzählen dürfen wenn ich mein Kind frage wie es in der Kita war und es sagt mir nix weil es eingetrichtert bekam nix erzählen zu dürfen find ich absolut nicht gut
Hallo, ich weiß nicht ob ich hier mit meinen Kommentar richtig bin, aber ich versuchte es einfach. Mein Enkel hat eine neue Erzieherin, diese erzählt seit neuestem meiner Tochter beim abholen und im Beisein meines Enkels was er ihrer Meinung nach wieder einmal angestellt hat. Dies ist ein negativer Abschluss des Kitatages für ihn und er fängt an und möchte nicht mehr, wegen dieser Erzieherin in die Kita. Er geht immer mit einem negativen Gefühl aus dem Tag, für mich ist dieses Verhalten der Erzieherin unprofessionell. Und ich finde deren Verhalten auch teilweise der Mutter gegenüber übergriffig. Wir sollte man als Elternteil am besten reagieren?
Lisa Jares:
In der Kindertageseinrichtung sollten die Fachkräfte sich an den Ressourcen der Kinder orientieren und sie in ihrem "Sein" stärken.
Die Eltern sollten daher dringend das Gespräch mit der zuständigen Fachkraft und am besten der Leitung der Kita suchen.
Ich kann das ja verstehen das Grenzen nicht überschritten werden dürfen aber was ich nicht verstehe ist das Kinder ohne Konsequenzen Erzieherin ins Gesicht schlagen dürfen ohne das die Leitung einschreitet bzw. der Erzieherin noch einen auf den Deckel haut das man das Kind dann nicht an die Hand nehmen darf um es mit ins Büro zu nehmen... Schutz für Kinder steht an erster Stelle aber Erzieherinnen müssen sich alles gefallen lassen. Mir ist das 2x passiert von 2 verschiedenen Kindern.
Zweifel dran den Job weiter zu machen