
Klima im Kita-Team – gemeinsam handeln, aber wie?
Über die Klimakrise zu reden, kann herausfordernd sein. Einige sehen dringenden Handlungsbedarf, andere warten lieber noch ab, wie sich die Situation entwickelt. Meistens sind Gespräche darüber mit starken Emotionen verbunden. Das Modell der Gewaltfreien Kommunikation kann in der Kita helfen, auf solche Emotionen einzugehen und Gespräche über das Klima in eine produktive Richtung zu lenken.
Stell dir vor, du arbeitest in einer Kita und möchtest nachhaltiger handeln. Du achtest auf ressourcenschonende Materialien, thematisierst Naturphänomene mit den Kindern und versuchst, den Energieverbrauch zu senken. Doch im Team stößt du auf Zurückhaltung: Manche Kolleg:innen fühlen sich überfordert, andere genervt von neuen Vorschriften. Wie kannst du das Thema ansprechen, ohne Widerstände zu erzeugen? Wie gelingt eine Kommunikation, die Verständnis schafft und zum gemeinsamen Handeln motiviert?
Wenn gute Ideen auf Widerstand treffen
Alex, eine Fachkraft in der Kita, bemerkt, dass die Mülltrennung oft nicht richtig durchgeführt wird oder gar nicht stattfindet. Alex überlegt, wie sich das ändern ließe, und spricht das Thema im Team an. Doch die Reaktionen sind ernüchternd: „Wir haben keine Zeit für sowas!“ oder „Das ist Sache der Eltern.“ Frustriert fragt Alex sich, wie die Kolleg:innen ins Boot geholt werden können. Genau hier setzt Klimakommunikation an: Sie hilft, Barrieren abzubauen, konstruktive Gespräche zu führen und nachhaltige Veränderungen im Team anzustoßen. Viele Fachkräfte fragen sich, ob ihre Stimme im Team etwas bewirken kann. Studien zeigen jedoch, dass partizipative Entscheidungsprozesse die Akzeptanz nachhaltiger Maßnahmen steigern (vgl. Oppold, 2021). Wer den ersten Schritt macht, kann sein Umfeld positiv beeinflussen. Widerstände sind normal – aber sie bedeuten nicht, dass das Team gegen Klimaschutz ist. Oft entstehen sie aus Unsicherheit oder dem Gefühl, alleine handeln zu müssen. Deshalb ist es wichtig, Klimaschutz als gemeinsames Projekt zu kommunizieren (vgl. More in Common Deutschland, 2021, S. 18). Indem Klimaschutz als gemeinschaftliche Aufgabe vermittelt wird, lässt sich dieses Zögern abbauen und Motivation schaffen.
Klimagefühle: Emotionen in der Klimakrise
Klimagefühle umfassen Emotionen wie Angst, Frustration oder Trauer angesichts der Klimakrise. Während manche Menschen dadurch zum Handeln motiviert werden, fühlen sich andere überfordert und ziehen sich zurück. Besonders Menschen, die wirtschaftliche Unsicherheiten erleben, neigen dazu, die Klimakrise zu verdrängen (vgl. Ojala et al., 2021). Doch Abwehrhaltungen verhindern notwendige Veränderungen. Deshalb ist es wichtig, über Klimaängste zu sprechen und emotionale Hürden abzubauen. Wer aktiv wird, erlebt oft, dass Engagement Zuversicht schafft – insbesondere, wenn Klimaschutz als gemeinschaftliche Bereicherung statt als zusätzliche Belastung vermittelt wird (vgl. More in Common, 2021, S. 35). Auch in Kitas sollte Klimaschutz mit positiven Zukunftsvisionen verbunden werden, anstatt durch Verzichtsdebatten Widerstände zu erzeugen. Klimakommunikation sollte nicht als schwieriges Thema gesehen werden, das Konflikte erzeugt, sondern als Chance, gemeinsame Werte zu entdecken und das Team zu stärken.
Klimakommunikation: Wen wollen wir erreichen?
Erfolgreiche Klimakommunikation setzt an den Werten der Menschen an. Wer sich nicht bereits intensiv mit Klimaschutz befasst, lässt sich selten durch Fakten über bedrohte Tierarten überzeugen. Stattdessen wirken Argumente, die sich auf Gesundheit, Kostenersparnis oder die Zukunft der eigenen Kinder beziehen (vgl. Sippel, 2024). Denn grundsätzlich sind die meisten Menschen bereit, sich mit der Klimakrise auseinanderzusetzen (vgl. More in Common, 2021, S. 10).
Ein weiteres Hindernis: Die Klimakrise scheint oft weit entfernt. Die Kita kann hier als praxisnahes Beispiel dienen: Hitzewellen und UV-Strahlung betreffen die Kinder schon heute. Schattenplätze und Sonnenschutz sind keine abstrakten Klimamaßnahmen, sondern konkrete Verbesserungen im Alltag. Indem Klimaschutz greifbar wird, wächst auch die Bereitschaft zum Mitmachen. Ein erster Schritt kann eine offene Gesprächsrunde sein, in der jede:r im Team seine Gedanken zum Thema äußern kann – ohne Druck oder Bewertung (vgl. Fraude et al., 2021). Storytelling hilft, Nachhaltigkeit greifbar zu machen: Ermutigt Kinder, Eltern oder Kolleg:innen, kleine Erfolgsgeschichten zu teilen.
Praktische Prinzipien der Klimakommunikation
(erstellt mit canva.com)
Von Klimakommunikation zur Gewaltfreien Kommunikation
Klimakommunikation ist mehr als das Vermitteln von Fakten – sie erfordert eine wertschätzende Haltung. Gerade in Kita-Teams prallen nicht selten unterschiedliche Perspektiven aufeinander. Gewaltfreie Kommunikation (GfK) (vgl. Rosenberg, 2016, S. 24) ist ein Ansatz, der weltweit in Gemeinschaften mit sozialen und politischen Spannungen eingesetzt wird – ein Modell, das auch in der Klimakommunikation wertvolle Impulse setzen kann, um diese Gespräche empathisch und lösungsorientiert zu führen. Sie basiert auf vier Schritten:
- Beobachtungen schildern, ohne zu bewerten.
- Eigene Gefühle benennen, statt Vorwürfe zu formulieren.
- Bedürfnisse ausdrücken, die hinter den Gefühlen stehen.
- Konkrete Bitten stellen, statt Forderungen zu äußern.
Auch die Care-Ethik knüpft hier an: Es geht nicht nur um eine respektvolle Kommunikation im Team, sondern auch um unsere Verantwortung für kommende Generationen und die Umwelt (vgl. Puig de la Bellacasa, 2017). Wenn wir Klimaschutz als gemeinschaftliche Aufgabe verstehen, entsteht ein offener Raum für Veränderungen.
Zukunft gestalten: Klimakommunikation als pädagogische Verantwortung
Der Klimawandel betrifft nicht nur unsere Gegenwart, sondern vor allem die Zukunft der Kinder. Pädagog:innen haben eine besondere Verantwortung: Sie bereiten Kinder auf ein Leben in einer veränderten Welt vor und fungieren als Vorbilder. Kinder orientieren sich an der Kommunikationsweise der Erwachsenen in ihrem Umfeld. Die Welt der Kinder baut sich durch Imitation und Abgucken auf. Es ist daher wichtig darauf zu achten, wie und über welche Themen gesprochen wird (vgl. Zirfas, 2020, S. 280).
Wie über das Klima gesprochen wird, prägt also maßgeblich das Umweltbewusstsein der Heranwachsenden. In diesem Sinne wird stellvertretend für das noch in der Entwicklung befindliche Kind agiert und dessen Interessen eine Stimme verliehen – eine Haltung, die Brumlik als die Rolle der Fachkraft als „Anwalt des Kindes“ beschreibt (vgl. Witte, 2017, S. 672). Kinder sollen Nachhaltigkeit nicht nur theoretisch lernen, sondern aktiv erleben. Eine Kita, die ressourcenschonend wirtschaftet, klimafreundliche Projekte umsetzt und nachhaltige Werte vorlebt, zeigt Kindern, dass ihr Handeln einen Unterschied macht.
Klimagerechtes Handeln als Chance
Klimaschutz bedeutet nicht Verzicht, sondern eine bewusste Gestaltung unserer Umwelt. Ein niedrigschwelliger Einstieg kann ein gemeinsamer Austausch über nachhaltige Materialien sein. Kleine Schritte führen zu langfristigen Veränderungen (vgl. Weder et al., 2021). Eine Kita, die nachhaltige Entscheidungen trifft – sei es bei der Essensversorgung, der Materialwahl oder dem Energieverbrauch – schafft eine Umgebung, in der Kinder Geborgenheit und Zukunftsperspektiven erfahren.
Auch für Fachkräfte kann Klimakommunikation bereichernd sein: Studien zeigen, dass Menschen, die sich aktiv für Lösungen einsetzen, weniger Ohnmachtsgefühle erleben und mehr Zuversicht entwickeln (vgl. Wullenkord & Reese, 2021). Wenn Klimakommunikation als gemeinsamer Lernprozess verstanden wird, stärkt dies das Team – und die Kinder erleben, dass Wandel möglich ist.
Fazit: Der erste Schritt ist das Gespräch
Klimawandel und Nachhaltigkeit sind große Themen – aber sie bieten auch die Chance, als Team zusammenzuwachsen. Offen und wertschätzend miteinander zu sprechen, ermöglicht nicht nur persönliche Reflexion, sondern gibt auch Kindern eine Haltung der Verantwortung und des Mutes mit auf den Weg.
Ein offenes Gespräch kann der erste Schritt sein – nicht nur für mehr Nachhaltigkeit, sondern auch für ein stärkeres Miteinander im Team.
Literaturverzeichnis
Fraude, C., Bruhn, T., Stasiak, D., Wamsler, C., Mar, K. A., Schäpke, N., Schroeder, H., & Lawrence, M. G. (2021). Creating space for reflection and dialogue: Examples of new modes of communication for empowering climate action.GAIA - Ecological Perspectives for Science and Society, 30(3), 174–180. https://doi.org/10.14512/gaia.30.3.9
Gutsche, C. (2024). Klimakommunikation mit Wirkung: Gespräche und Maßnahmen motivierend gestalten. Mit praktischen Übungsaufgaben. oekom. https://doi.org/10.14512/9783987264122
More in Common Deutschland. (2021). Gemeinsam für unser Klima: Wie Klimaschutz zum verbindenden Projekt wird.More in Common. Abgerufen am 31. Januar 2025, von https://www.moreincommon.de/media/leapg0va/more_in_common_studie_klima_zusammenhalt.pdf
Oppold, D. (2021). Klimapolitik in der Demokratie. In P. Nanz, M. G. Lawrence, O. Renn & J. Meyer (Hrsg.), Klimaschutz: Wissen und Handeln (S. 77–86). Bundeszentrale für politische Bildung.
Ojala, M., Cunsolo, A., Ogunbode, C. A. & Middleton, J. (2021). Anxiety, Worry, and Grief in a Time of Environmental and Climate Crisis: A Narrative Review. Annual Review of Environment and Resources, 46(1), 35–58. https://doi.org/10.1146/annurev-environ-012220-022716
Rosenberg, M. B. (2016). Gewaltfreie Kommunikation - Eine Sprache des Lebens. Junfermann Verlag, Paderborn.
Puig de la Bellacasa, M. (2017). Matters of Care- Speculative Ethics in More Than Human Worlds. University of Minnesota.
Sippel, M. (2024). Zehn evidenzbasierte Kernprinzipien der Klimakommunikation – und wie Hochschulen diese anwenden können. In W. Leal Filho (Hrsg.), Theorie und Praxis der Nachhaltigkeit. Lernziele und Kompetenzen im Bereich Nachhaltigkeit (S.121-141). Springer VS. https://doi.org/10.1007/978-3-662-67740-7_7
Weder, F., Krainer, L., Karmasin, M., & Trültzsch-Wijnen, C. W. (2021). Transformative Klimakommunikation: Veränderungsprozesse in Wissenschaft und Gesellschaft anstoßen. GAIA - Ecological Perspectives for Science and Society, 30(3), 162–167. https://doi.org/10.14512/gaia.30.3.7
Witte, E. (2017). Verantwortung in Erziehung und Bildung. In L. Heidbrink, C. Langbehn und J. Loh (Hrsg.), Handbuch Verantwortung. Mit 13 Abbildungen und 1 Tabelle (S. 667–680). Springer Fachmedien Wiesbaden.
Wullenkord, M. C. & Reese, G. (2021). Avoidance, rationalization, and denial: Defensive self-protection in the face of climate change negatively predicts pro-environmental behavior. Journal of Environmental Psychology, 77, 101683. https://doi.org/10.1016/j.jenvp.2021.101683
Zirfas, J. (2020). Generativität und Generationalität. In T. Fuchs, A. Schierbaum & A. Berg (Hrsg.), Jugend, Familie und Generationen im Wandel. Erziehungswissenschaftliche Facetten (S. 267–284). Springer VS.