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Kollektiven Erinnerungsarbeit in die ErzieherInnen-Ausbildung

Q: Sie haben die Ergebnisse einer Studie zur Anwendung von Erinnerungsarbeit in der ErzieherInnen-Ausbildung online verfügbar gemacht. Können sie uns kurz erklären, was ist eigentlich Erinnerungsarbeit?

A: Erinnerungsarbeit ist eine Methode, die aus dem Rahmen feministischer Forschung heraus entwickelt wurde. Sie kann in den Sozialwissenschaften eingesetzt werden, aber auch in Prozessen selbstgesteuerten Lernens und in Prozessen beruflicher Reflektion. Kernstück von Erinnerungsarbeit ist die Beschäftigung mit kurzen selbstverfaßten Texten. Erinnerungsarbeit wird in Gruppen durchgeführt. Die Texte werden dabei zu einem gemeinsam festgelegten Thema geschrieben. Sie werden von der Gruppe analysiert mit der Zielsetzung, die darin enthaltenen Selbstkonstruktionen aufzuspüren. Dadurch können Fixierungen, Widersprüche, Selbstblockaden im Denken und Handeln sichtbar gemacht und angegangen werden.

Q: Und welches Interesse lag der Studie zugrunde, deren Ergebnisse sie nun vorgestellt haben?

A: Die Studie war eine vorbereitende Arbeit zu einer größeren Methodenuntersuchung bei der internationale Abwandlungen der Methode im Fokus stehen. Ein Schwerpunkt dabei wird auf Anwendungen von Erinnerungsarbeit in Bereichen außerhalb von Universitäten liegen. Die jetzt abgeschlossene Studie befaßte sich mit der Übertragung von Erinnerungsarbeit in den Bereich der ErzieherInnen-Ausbildung. Dabei ging es vor allem darum, die Anpassungen der Methode in den Blick zu nehmen, die sich aus dem Transfer in den institutionellen Rahmen von Fachschulen ergeben. Fragestellungen, die dabei zugrunde lagen waren z. B.: Kann Erinnerungsarbeit in der ErzieherInnen-Ausbildung angewandt werden? Welche Adaptionen sind dabei sinnvoll und der institutionellen Umgebung angemessen? Welches Potential liegt in der Anwendung von Erinnerungsarbeit mit angehenden ErzieherInnen? Mit welchen Schwierigkeiten ist bei der Anwendung von Erinnerungsarbeit in der ErzieherInnen-Ausbildung zu rechnen?

Q: Sie haben im Rahmen der Studie vier Erinnerungsarbeits-Projekte an drei Fachschulen durchgeführt und dokumentiert. Zu welchen Ergebnissen sind sie dabei gekommen?

A: Die wichtigste Erkenntnis ist sicherlich, daß die Anwendung von Erinnerungsarbeit in der ErzieherInnen-Ausbildung möglich ist. Dabei ist es jedoch wichtig, sich in der Planung und Durchführung von entsprechenden Projekten mit den institutionellen Rahmenbedingungen auseinanderzusetzen. Lernerfahrungen durch Erinnerungsarbeit sind häufig sehr nachhaltig. Um eine solche Nachhaltigkeit zu erreichen ist die aktive Mit-Gestaltung der Projekte durch die Studierenden notwendig. In der von mir vorgestellten Auswertung der Projekte gehe ich ausführlicher auf eine Reihe von Aspekten ein, die dabei in Betracht zu ziehen sind. Die Stichworte dazu lauten: Die Sinnfrage; Benotungskontext; Einstiegsphase/Vorannahmen; Format/Terminierung/Faktor Zeit; Einführung der Methode/Methodentransparenz; Überforderung/Unterforderung; Textanalyse als zentrales Element; Tiefendimension in Erinnerungsarbeit; Kollektiv/Gruppe/Zusammenarbeit; Leitungsfunktion; Resultate; Themen. Es würde den Rahmen hier sprengen, wenn ich auf diese Aspekte im Einzelnen eingehen wollte. Die entsprechenden Einschätzungen können aber in der Auswertung direkt nachgelesen werden.

Q: An wen richtet sich denn die öffentliche Verbreitung der Auswertung?

A: Diese Veröffentlichung zielt einerseits darauf, LehrerInnen und Studierenden in der ErzieherInnen-Ausbildung die Anwendung von Erinnerungsarbeit zu erleichtern. Insofern ist es, wie auch im Titel des Dokumentes benannt: eine Handreichung. Zum anderen ist die darin enthaltene Darstellung des methodischen Vorgehens auch interessant für andere Zusammenhänge. Wenn z. B. ein Team in einer KiTa nach einer Möglichkeit sucht, die pädagogischen Reflektionsprozesse inhaltlich weiter zu entwickeln, oder wenn sich eine Gruppe mit Konzeptionsentwicklung befaßt und nach einer Methode sucht, die dabei helfen kann, dann ist Erinnerungsarbeit eine sehr attraktive Variante.

Q: Sie haben auf eine weitergehende Methodenuntersuchung hingewiesen. Planen sie im Rahmen dieser Untersuchung weitere Projekte im Erziehungsbereich?

A: Die Methodenuntersuchung soll im Sommer 2018 mit institutioneller Unterstützung der Universität in Maynooth (Irland) und des Berliner Institut für kritische Theorie (InkriT e.V.) beginnen. Dabei sind auch weitere Anwendungen von Erinnerungsarbeit geplant. Bezogen auf den Erziehungsbereich gibt es zwei konkrete Vorhaben, für die ich noch nach KooperationspartnerInnen suche. Da ist zum einen die mögliche Einbindung von Erinnerungsarbeit in einer längerfristigen Perspektive mit einer Klasse über die zwei schulischen Ausbildungsjahre hinweg. Zum anderen bin ich auch an der Zusammenarbeit mit einem Team oder auch einer teamübergreifenden Gruppe von ErzieherInnen interessiert, die sich ein selbstgewähltes Thema mit Erinnerungsarbeit erschließen möchten. Wenn sich also dafür jemand interessiert, dann freue ich mich über eine Kontaktaufnahme.

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