mehrere Kinder

Männeranteil in Norwegens Kitas

02.06.2011 Kommentare (0)

In Norwegen liegt der Männeranteil am Personal von Kindertageseinrichtungen mit 8,5 Prozent fast dreimal so hoch wie in Deutschland. Kari Emilsen arbeitet als Professorin an der Königin-Maud-Hochschule Trondheim in der Ausbildung von elementarpädagogischen Fachkräften. Sie war von 2008 bis 2010 eine der Koordinator/innen der norwegischen Initiativen zur Erhöhung des Männeranteils im Rahmen des Nationalen Aktionsplanes für Geschlechtergerechtigkeit in Kindergarten und Grundschule. Tim Rohrmann sie zu ihren Erfahrungen befragt.

Was war deine Aufgabe als nationale Koordinatorin?

Die Hauptaufgabe der nationalen KoordinatorInnen bestand darin, ein Netzwerk von regionalen Rekrutierungsteams zu koordinieren, die Männer für den Erzieherberuf gewinnen sollen, sowie die Webseite www.mennibarnehagen.no zu betreuen.

Auf regionaler Ebene haben wir verschiedene lokale Initiativen sowohl in unserer Hochschule als auch in den Kommunen angeregt. Wir haben uns darauf konzentriert, dass unsere männlichen Studierenden wichtiges ”Rekrutierungspersonal” sind. Außerdem war wichtig, einem Studienabbruch von männlichen Studierenden an der Königin-Maud-Hochschule entgegenzuwirken. In den Kommunen haben Kita-Erzieher Schulen und Hochschulen besucht, um junge Männer für die Erzieherausbildung und die Tätigkeit in Kitas zu interessieren. Außerdem sind wir Teil eines regionalen Netzwerkes und kooperieren mit politischen Vertretern.

In Deutschland sind wir vom hohen Männeranteil am Personal norwegischer Kindergärten beeindruckt. Bist du zufrieden mit dem, was Norwegen erreicht hat?

Das Ziel der Regierung ist ein Männeranteil von 20 Prozent, also sind 8,5 Prozent nicht gut genug. Ich meine, dass in allen Kindergärten 50 Prozent Männer arbeiten sollten. Wir stellen fest, dass es dafür konstante und langfristige Bemühungen benötigt. Eine klare und zielgerichtete Strategie ist ein wichtiger Erfolgsfaktor. Ein konkreter Aktionsplan für Geschlechtergerechtigkeit und Ressourcen für zielgerichtete Aktionen sind unabdingbar.

Von offizieller Seite wird deutlich gemacht dass die Gesellschaft, die Kinder und auch die Frauen, die in der Kinderbetreuung arbeiten, von mehr Männern in Kindergärten profitieren. Es ist wichtig junge Männer zu motivieren, in der Kinderbetreuung zu arbeiten. Auch dies ist Teil der offiziellen Politik. Die norwegischen Gesetze erlauben Quotenregelungen zugunsten für männliche Erzieher in Kitas, aber diese Möglichkeit wird selten genutzt.

Warum sollte es aus deiner Sicht mehr Männer in norwegischen Kindergärten geben?

Ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis (gender balance) beim Personal von Kindergärten ist wichtig für die norwegische Gesellschaft. Wenn wir wirklich eine gleichberechtigte Gesellschaft wollen und Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern (wie auch zwischen anderen gesellschaftlichen Gruppen), dann müssen wir uns für heterogene Teams in Kitas einsetzen. Sowohl Männer als auch Frauen profitieren von einer in diesem Sinne ausgewogeneren Arbeitsumgebung in norwegischen Kindergärten.

Kleine Kinder brauchen Anregungen von vielen verschiedenen Menschen, Männern und Frauen unterschiedlichen Alters und mit unterschiedlichen Fähigkeiten. Zudem ist es wichtig für norwegische Männer, dass sie einen Zugang zum Bereich der Kinderbetreuung finden und dort tätig werden können.

Was sind die wesentlichen Hindernisse, die einer Erhöhung der Zahl männlicher Fachkräfte in norwegischen Kindergärten im Weg stehen?

Gesellschaften verändern sich nicht über Nacht, und viele Menschen meinen, in der Kinderbetreuung gehe es nur darum, „auf Kinder aufzupassen“. Traditionell haben wir eine segregierte Gesellschaft, in der Männer als die Familienernährer galten und wenig Einfluss auf den weiblichen, häuslichen Bereich hatten, in dem auch die Kinder betreut wurden. Viele Menschen nehmen die Veränderung der norwegischen Kindergärten noch nicht wahr, die nicht mehr einfach nur ein „häuslicher“ Bereich sein sollen, in dem lediglich Frauen arbeiten, sondern vielmehr pädagogische Einrichtungen, in denen nahezu alle norwegischen Kinder ihre Bildungskarriere beginnen. Veraltete Einstellungen können dazu führen, dass Männer bislang nicht das Gefühl haben, einen „natürlichen“ Platz im Kindergarten zu haben. Auch Einstellungen weiblicher Kolleginnen können ein Problem sein. Manche Frauen haben Vorurteile Männern gegenüber und finden es nicht wichtig, Männer einzustellen oder willkommen zu heißen. Auch eine Erhöhung von Gehältern sowie des Status des Arbeitsfeldes könnten dazu beitragen, mehr Männer für die Arbeit mit jungen Kindern zu gewinnen.

Leider gibt es bislang nicht viele Forschungsergebnisse zur Bedeutung männlicher und weiblicher Fachkräfte in norwegischen Kindergärten. Dies führt zu Meinungen, die nicht wissenschaftlich basiert sind, was ebenfalls ein wichtiges Hindernis sein kann.

Welche Aktionen, Ansätze und Methoden zur Rekrutierung von Männern haben in den letzten Jahren zu guten Ergebnissen geführt?

Maßnahmen seitens der Regierung, mit klaren Zielen und finanziellen Ressourcen für konkrete Aktionen sind wichtige Erfolgsfaktoren. Es führt zu guten Ergebnissen, wenn männliche Fachkräfte männliche Kollegen suchen und sich ganz allgemein für mehr Männer in der frühkindlichen Erziehung und Bildung einsetzen. Viele kreative und gute Methoden wurden in regionalen Netzwerken entwickelt. Viele Kommunen und Kindergärten finden es wichtig, ein vielfältiges Personal einzustellen. In einigen Kommunen gibt es ein Netzwerk von Kindergärten, die sich mit Unterstützung von Hochschulen für mehr Männer einsetzen und dies mit geschlechtersensibler Pädagogik verbinden. Eine solche Kooperation von Hochschulen und Praxiseinrichtungen ist sehr produktiv. Entscheidend ist eine Kombination von nationalem und lokalem Engagement.

Quelle: http://www.koordination-maennerinkitas.de/index.php?id=137

 

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