
Nichts tun und nicht werten
Angehende Erzieher üben sich in Achtsamkeit
Königsfeld. Achtsamkeit ist laut der Internet-Enzyklopädie Wikipedia „ein Zustand von Geistesgegenwart, in dem ein Mensch hellwach die gegenwärtige Verfasstheit seiner direkten Umwelt, seines Körpers und seines Gemüts erfährt, ohne von Gedankenströmen, Erinnerungen, Phantasien oder starken Emotionen abgelenkt zu sein, ohne darüber nachzudenken oder diese Wahrnehmungen zu bewerten.“
An den Fachschulen für Sozialwesen und Sozialpädagogik der Zinzendorfschulen haben angehende Erzieherinnen und über 32 Stunden an einem Wahlpflichtfach zu diesem Thema teilgenommen. „Mir ging es dabei darum, das etwas strapazierte Konzept der Achtsamkeit als Nutzen für das pädagogische Handeln zu vermitteln“, erklärte die Lehrerin Bianca Jäger den Hintergrund ihres Angebotes.
In dem Kurs lernten die jungen Erwachsenen, das Handeln ihres Gegenübers zunächst wertfrei aufzunehmen. Konkret bedeutet das für die angehenden Erzieherinnen und Erzieher, die Persönlichkeit des von ihnen betreuten Kindes erst einmal stehen zu lassen. Ein kurzes Innehalten erlaubt den Blick auf die individuelle Situation. Erst danach sollte eine Reaktion auf Worte oder Taten folgen.
Anhand verschiedener Übungen entwickeln die Teilnehmer eine hohe Präsenz im Umgang mit sich selbst und den Kindern. „Es ist eine Verankerung im Hier und jetzt“, so Bianca Jäger. Was so einfach klingt, sei aber ziemlich schwer in einer Welt, in der Multitasking und permanente Erreichbarkeit den Alltag bestimmen. Übungen im Nichtstun, Kurzmeditationen oder Übungen im Freien wie zum Beispiel stilles Gehen helfen dabei, den Blick auf Positives zu lenken.
„Gerade in Coronazeiten, die viele als emotionale Belastung empfinden, ist Achtsamkeit sehr hilfreich“, meint die Lehrerin. „Man braucht nicht viel, es muss einem aber wichtig sein.“ Durch beständige Übung könne Achtsamkeit sogar zu einer Lebenseinstellung werden.
Das haben auch die überraschend zahlreichen Teilnehmerinnen und Teilnehmer an dem Kurs festgestellt und geben ihr neues Wissen morgens als Impuls an ihre Mitschüler weiter.
Bild: Im Meditationsraum üben sich die Schülerinnen und Schüler in Achtsamkeit. Foto: Zinzendorfschulen
Zusatz-Info: Die Zinzendorfschulen in Königsfeld, eine der größten Privatschulen mit Internat in Baden-Württemberg, sind in ihrem Charakter ebenso ungewöhnlich wie in ihrem Bildungsangebot. Das Netz allgemeinbildender und beruflicher Abschlüsse ist weit gespannt von der Fachschulreife/mittleren Reife bis zur allgemeinen Hochschulreife. Sie werden von praxisnahen Berufsausbildungen in sozialpädagogischen Berufsfeldern abgerundet. Schülerinnen und Schüler – ob Externe oder in den Internaten – genießen die Atmosphäre der Geborgenheit in einem Schulwerk mit seiner mehr als 200-jährigen Geschichte und besonderen pädagogischen Grundsätzen.