Leitung und Team

Offene Arbeit - ein inklusives und partizipatives Konzept

Gerlinde Lill

15.04.2015 Kommentare (10)

Inhalt
  1. Zur Geschichte
  2. Irrtümer rund um Offene Arbeit
  3. Offene Arbeit ist ein Teamprozess
  4. Ein Praxisbeispiel: Entzerren der Mittagssituation in der Krippe

Zur Geschichte

Offene Arbeit ist in den 70er Jahren in der alten Bundesrepublik entstanden, parallel und im Zusammenhang mit anderen Reformansätzen, zum Beispiel dem Situationsansatz (Stichwort: Öffnung nach innen und außen).

Damals ging es (in Kita und Schule) zum einen um den Anspruch, die Aussonderung von Kindern mit Behinderungen zu beseitigen und zum anderen um mehr Bewegungsfreiheit (weg vom "Sitzkindergarten" und vom Frontalunterricht).

Zwei Initiatoren dieser Bewegung waren Gerhard Regel und Axel Jan Wieland. Sie unterstützten die Praxisbewegung unter anderem dadurch, dass sie die Teams, die sich auf den Weg machten, ihre Einrichtungen für behinderte Kinder zu öffnen und ihre Arbeit zu differenzieren, miteinander vernetzten. Das Motto: Praxis lernt von Praxis.

Es ging darum, Erfahrungen auszutauschen, gemeinsame Qualitätskriterien zu entwickeln, voneinander zu lernen und sich gegenseitig den Rücken zu stärken. Denn Offene Arbeit wurde von Beginn an unter Beschuss genommen. So ist es jahrzehntelang geblieben. Merkwürdigerweise muss sich bis heute rechtfertigen, wer etwas verändern will. Nicht jedoch diejenigen, die alles beim Alten lassen, obwohl sich die Lebensumstände von Kindern und Familien ebenso geändert haben, wie gesellschaftliche Bedingungen und Bildungsauftrag.

Entsprechend wichtig war und ist es, sich in Arbeitskreisen zusammenzuschließen. Denn der Blick übern Tellerrand – auf der Grundlage gemeinsamer Ziele und Maßstäbe – ist die Voraussetzung dafür, dass die Entwicklungen weitergehen.

Was ist Offene Arbeit?                                     

Zu allererst und oft vergessen: Offene Arbeit ist ein inklusives Konzept. Wie es der Name schon sagt: Offen für alle Kinder, niemand wird ausgegrenzt. Daran zeigt sich:

Offene Arbeit ist ein pädagogisches Konzept, das in gesellschaftspolitische Diskussionen eingebunden ist und darauf gründet. Offene Arbeit zielt auf eine offene Gesellschaft, in der alle teilhaben und sich einbringen können. Darum ist es das zentrale Anliegen Offener Arbeit, die Erfahrung persönlicher Eigenständigkeit und gemeinschaftlicher Verantwortung für Kinder und Erwachsene erlebbar zu machen.  

Offene Arbeit erweitert und sichert die Selbstbestimmungs- und Beteiligungsrechte für Kinder allen Alters und aller Voraussetzungen. Kern des Konzeptes ist das Wohlbefinden jedes Kindes mit seinen Eigenheiten. Daher stehen die Signale der Kinder im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Sie zeigen uns, worauf es jeweils ankommt und was ihr individueller „Bildungsplan“ vorgibt.

Das verlangt ein Umdenken der Erwachsenen. Die Pädagogenrolle wird neu justiert. Gewohnte Handlungsmuster brechen auf, die Sicht auf Kinder und die Arbeit mit ihnen verändert sich. Unterschiedlichkeit wird normal, die Arbeit differenziert. Grenzen werden durchlässig, Strukturen flexibilisiert und schließlich alle Ressourcen (Raum, Zeit, Geld, Kompetenzen) gemeinsam genutzt.    

Offene Arbeit erfordert Mut. Sie fordert dazu heraus, ins Offene zu denken und für möglich zu halten, was man noch nicht kennt. Darauf muss man sich persönlich einlassen wollen – was voraussetzt, dass man die Ziele für sinnvoll hält.

Der Weg zu gemeinsamer Verantwortung und Kooperation ist ein Teamprozess, der von der Reflexion bisheriger Erfahrungen über die Erprobung veränderter Strukturen und Handlungen zu gemeinsamen Orientierungen und Leitlinien führt.

Offene Arbeit bedeutet, Pädagogik und Organisationsformen immer von neuem auf den Prüfstand zu stellen und den sich wandelnden Anforderungen durch Kinder und Familien ebenso anzupassen wie den eigenen Erkenntnisprozessen.

Offene Arbeit ist daher ein Prozess, der niemals endet. So heißt eine Erkenntnis: „Die einzige Konstante der Offenen Arbeit ist die Veränderung“.

Irrtümer rund um Offene Arbeit

Offene Arbeit kann man so wenig anweisen, wie Haltungsänderungen oder Umdenken. Leider versuchen immer mehr Träger gerade dies in den letzten Jahren. Das liegt vermutlich daran, dass nicht nur unter Praktikerinnen, sondern auch in den Führungsetagen falsche Vorstellungen darüber bestehen, worum es sich bei Offener Arbeit handelt. Es mag aber auch an der Hilflosigkeit bzw. mangelnden Kompetenz liegen, Prozesse zu starten, anzuleiten und zu unterstützen.

Viele Führungskräfte wollen alles ändern und zwar sofort – und so ordnen sie an statt hinzuschauen, zuzuhören und die Entwicklungen abzuwarten und zu unterstützen. Das zentrale Missverständnis: Offene Arbeit wird auf äußere Strukturen reduziert. Als da sind: Funktionsräume, denen sich Fachfrauen zuordnen; Stammgruppen mit Bezugserzieherinnen und eigenen Morgenkreisen; Wochenpläne mit Wahlpflicht….

Die Gestaltung der Räume folgt fest gefügten Mustern: Restaurant, Bewegungsraum, Bauraum, Kreativraum, Rollenspielraum. Wenn’s hoch kommt, werden obendrein eine Bibliothek und eine Werkstatt eingerichtet. Rückzugsbereiche sind eher selten. Vor allem, weil „offen“ mit offenen Türen verwechselt wird. Da sich viele Erzieherinnen davor fürchten, nicht mehr alle Kinder im Blick zu haben, gibt es häufig regelrechte Überwachungspläne. Da sitzt schon mal eine Kollegin in der Tür zwischen zwei Räumen und guckt wie beim Tennis links, rechts, links….Klappt die Überwachung nicht in allen Räumen, werden einige abgeschlossen.

 

Die Annahme, dass solche Organisationsformen die Behauptung rechtfertigen: Hier findet Offene Arbeit statt, führt dazu, dass sich nicht nur die Beispiele für schlechte Arbeit vermehren, sondern auch die Irrtümer über Offene Arbeit. So wird behauptet, für junge Kinder oder für Kinder, die in irgendeiner Weise besondere Bedürfnisse haben, sei Offene Arbeit nicht geeignet. Diese Verdrehung ist ärgerlich und komplett widersinnig. Denn Offene Arbeit funktioniert umgekehrt: Die Strukturen werden den Kindern angepasst, nicht die Kinder den Strukturen! Darum können die Organisationsformen niemals starr sein, darum müssen Grenzen durchlässig und Planungen flexibel bleiben.

Es ist ganz schlicht: Wenn bestimmte Kinder angeblich nicht „passen“, ist die Arbeit nicht offen. Es wurde nicht verstanden, worum es geht, nämlich der Unterschiedlichkeit der Kinder differenziert zu begegnen.

Was die Kinder brauchen, zeigen sie uns – beim Spiel, mit ihren Interessen und in ihren Beziehungsbedürfnissen. Den Spuren der Kinder zu folgen und einen Rahmen zu schaffen, in dem für sie möglich ist, was sie wollen, macht gute Offene Arbeit aus. Offene Arbeit hat nichts mit offenen Türen zu tun. Im Gegenteil: Die Qualität Offener Arbeit erweist sich darin, dass Kinder die Türen hinter sich schließen und ungestört ihren Spielideen folgen können Türen abzuschließen ist damit nicht gemeint.

Eine verbreitete Befürchtung ist, dass in der Offenen Arbeit keine Bindungen entstehen, weil die feste Gruppenzugehörigkeit aufgelöst wird und damit die kontinuierliche Bezugsperson fehlt. Darin stecken mehrere Irrtümer:

Erstens: Die Vermischung von Bindung und Beziehung. Bindung gehört in die Familie. Dort binden sich Kinder – lebenslang. Sie haben keine Wahl. In der Kita hingegen müssen sie sich nicht binden. Hier können Kinder über ihre Beziehungen und den Grad ihrer Intensität selbst bestimmen. Nähe ist freiwillig. Jedenfalls in der Offenen Arbeit.

Zweitens: Kontinuität ist nicht automatisch gut. Sie kann im Gegenteil höchst negativ wirken, wenn die Beziehung zur „Bezugsperson“ gestört ist.

Drittens: Die Überbetonung der Beziehungen zu Erwachsenen. Mindestens genauso wichtig sind die Beziehungen der Kinder untereinander. In der Offenen Arbeit spielen die frei gewählten Kindergruppen eine große Rolle. Kinder spielen nicht nur miteinander und stecken sich gegenseitig mit ihren Ideen an, sie schaffen sich auch Regeln, treten für ihre Interessen ein und bestimmen Abläufe.

Dazu brauchen sie keine von Erwachsenen eingesetzten „Kinderparlamente“, sondern nur die Chance, gehört, gesehen und unterstützt zu werden, wenn sie etwas auf die Beine stellen wollen. Und das passiert nicht nach Plan.

Eine Frage wird häufig gestellt: Wenn Kinder immer mehr selbst bestimmen können – was haben wir Erwachsenen dann noch zu bestimmen? Antwort: Alles. Das Machtverhältnis zwischen Erwachsenen und Kindern bleibt bestehen. Die Verantwortung der Erwachsenen ebenfalls. Welche Selbstbestimmungs- und Mitbestimmungsrechte den Kindern zugestanden (oder wieder entzogen) werden, entscheiden nach wie vor die Erwachsenen.

Ein Vorurteil besagt, Offene Arbeit bedeute Chaos. Doch wer gute Offene Arbeit erlebt, ist erstaunt, wie ruhig es zugeht. Die Kinder vertiefen sich in das, was für sie wichtig ist, die Erwachsenen sind gelassen und die Atmosphäre ist entspannt. Ist das nicht der Fall, kann es keine gute Offene Arbeit sein. Es besteht dringender Veränderungsbedarf. 

Offene Arbeit ist ein Teamprozess

Wie alle Entwicklungen verläuft dieser Prozess weder gradlinig noch überall gleich. Das Tempo, der Weg, die Kurven und Schleifen, die er dreht, sind abhängig von diversen Einflussfaktoren: Von den Vorerfahrungen der Kolleginnen, von ihren persönlichen Wertvorstellungen und pädagogischen Zielen, von ihrem beruflichen Rollenbild, ihrer Lust auf neue Erfahrungen oder ihren Ängsten vor Unbekanntem. Doch nicht nur die Voraussetzungen der einzelnen Kolleginnen spielen eine Rolle, sondern auch der Entwicklungsgrad der Kommunikations- und Streitkultur. Gehört es im Team zum professionellen Selbstverständnis, die Arbeit zu reflektieren, konzeptionelle Diskussionen zu führen und über Veränderungen nachzudenken, ist viel gewonnen. Werden Auseinandersetzungen vermieden, ist die Hürde höher. Denn Offene Arbeit macht es notwendig, zu streiten. Über das Bildungsverständnis und die Bildungsziele, über die Rechte von Kindern und deren Grenzen, über die Zusammenarbeit mit Eltern und deren Einbeziehung in konzeptionelle Entwicklungen – vor allem aber über unterschiedliche Arbeitsweisen. Im Zentrum steht die Frage: Was halten wir für gut und richtig – und warum? Und: Wer ist eigentlich WIR?

Über die großen Linien mag man sich schnell einigen. Interessant wird es, wenn dieses Große sich im Kleinen beweisen muss. Wenn (zum Beispiel) das Stichwort „Individualität des Kindes“ im Alltag erkennbar werden soll: Wo hat individuelle Besonderheit ihren Platz? Mit welchen Begründungen wird sie eingeschränkt?

Es ist unvermeidbar, sich „auf die Schliche kommen“, wenn wir Ansprüche kritisch unter die Lupe nehmen und konsequent zu Ende denken. Das gilt nicht nur für die Arbeit mit Kindern, sondern auch auf Leitungsebene oder für Multiplikatorinnen. 

So ist Offene Arbeit ein Prozess der Einzelnen und ein gemeinsamer Prozess. Beides verschränkt sich. Je sicherer man sich in einem gemeinsamen Konzept aufgehoben fühlt, umso eher lässt man sich auf neue Erfahrungen ein. Je mehr sich die Einzelnen einlassen, umso besser gelingt die Zusammenarbeit. Vertrauen wächst und erleichtert wechselseitige Spiegelung. Offene Arbeit wird zum Selbstläufer.

Dreh- und Angelpunkt Offener Arbeitist die gemeinsame Verantwortung für alle Kinder und für das Ganze. Darin liegt die größte Herausforderung zum Umdenken und Umhandeln. Denn die traditionelle Arbeitsweise hat ein Verständnis von „meiner, meiner“ geprägt: Meine Kinder, meine Gruppe, mein Raum, meine Eltern, meine Spielsachen… Aus einem solchen Selbstverständnis heraus zu kommen und sich in einen Verantwortungsverbund mit anderen zu begeben, braucht Zeit und neue Erfahrungen. Schritt für Schritt.

Manche Kolleginnen wollen das auf keinen Fall. Sie fühlen sich in ihrer Bedeutung und in ihrem Einflussbereich bedroht, haben Angst davor, nicht mehr wichtig zu sein, Angst„ „ihre Kinder“ nicht ständig im Blick zu haben, Angst, in der Konkurrenz zu anderen Kolleginnen nicht bestehen zu können, Angst vor Chaos und Anarchie, Angst, nicht mehr alles im Griff zu haben. Sie verweigern sich und machen weiter, wie gewohnt. Und das, obwohl der Bildungsauftrag anderes verlangt, nämlich die Unterstützung einer Entwicklung zu Selbstständigkeit und Eigenverantwortung.

Kinder streben von Anfang an nach Unabhängigkeit und Eigenständigkeit. Und danach, sich einzubringen. Dazu müssen sie weder motiviert noch erzogen werden. Doch welche Chance sie haben, in diesem Streben weiterzukommen, ist davon abhängig, ob sie sich darin üben können. Genau wie Fahrradfahren lernt man Beteiligung und Eigenverantwortung, indem man sie erproben kann. Partizipation im Sinne von Teil haben, Teil sein, sich einbringen und mitentscheiden ist die Voraussetzung dafür, Verantwortung in der Gemeinschaft zu übernehmen. Das Anliegen Offener Arbeit ist es, ein entsprechendes Übungsfeld zu bieten – nicht nur für Kinder, sondern auch für Erwachsene.

Zuweilen fehlen heutigen PädagogInnen eigene Freiheitserfahrungen in der Kindheit. Manche wünschen sich gerade deshalb etwas anderes und wagen sich „ins Offene“. Andere wiederum können sich nur vollständig durchregelte Tagesabläufe vorstellen. Ob der Mut zur Veränderung erwacht, hat wesentlich mit den Erfahrungen zu tun, die Kolleginnen heute machen. Das wiederum verweist auf die Entscheidungsstrukturen in den Trägerorganisationen und das Demokratieverständnis in den Führungsetagen. Wer die Erweiterung der Handlungs- und Entscheidungsspielräume für Kinder will, muss dies ebenso denjenigen ermöglichen, die mit den Kindern arbeiten. Wie sonst sollen sie Vertrauen in Eigenverantwortung und demokratische Prozesse gewinnen?

Offene Arbeit ist eine Basisbewegung. Sie lebt davon, dass sich die Praktikerinnen öffnen, ungewohnte Perspektiven einnehmen und Neues erproben wollen. Wer Offene Arbeit anweist, wird das Gegenteil erleben: Die Kolleginnen machen „dicht“. Der Öffnungsprozess wird jedoch zum Selbstläufer, wenn die Kolleginnen sich aus eigenem Antrieb auf den Weg machen, wenn sie erleben, dass nicht nur die Kinder, sondern auch sie selbst von der Entwicklung profitieren. Zu gewinnen ist viel: Auch sie erhalten Gelegenheit, ihre Ideen und besonderen Vorlieben einzubringen – je unterschiedlicher, desto besser. Sie müssen nicht alles und alle dasselbe tun, auch sie können sich vertiefen und spezialisieren. Sie entlasten und unterstützen sich gegenseitig, übernehmen parallel verschiedene Aufgaben, was zum Beispiel dazu führt, dass „Stoßzeiten“ entzerrt werden.

Je alltäglicher die Kooperation im Team, umso leichter fallen Schritte in Richtung gemeinsamer Verantwortung und Arbeitsteilung. Ängste schwinden und machen der Freude am Ausprobieren und an der eigenen und gemeinsamen Weiterentwicklung Platz. Probleme (die natürlich immer wieder auftauchen) werden als das gehen, was sie sind: Herausforderungen, an denen man weiter wachsen kann. Teams, die auf diesem Weg unterwegs sind, wollen nie mehr anders arbeiten.

Ein Praxisbeispiel: Entzerren der Mittagssituation in der Krippe

Während manche Kinder am Tisch im kleinen Restaurant sitzen und essen wollen, spielen andere munter weiter. Ein Kind hat sich im Traumraum schlafen gelegt. (Niemand wird wach gehalten.) Eine Kollegin stellt die Schüsseln auf den Tisch, unterstützt, wenn gewünscht beim Auftun der Speisen. Eine andere wickelt derweil das eine und andere Kind. Eine dritte spielt Gitarre. Einige Kinder zieht das magisch an, sie gesellen sich zu ihr, hören zu und summen mit. Alle sind entspannt. So etwas  klappt, wenn eng zusammengearbeitet wird, Verantwortung und Aufgaben geteilt werden und man im Team kontinuierlich kommuniziert. Die gemeinsame Nutzung und unterschiedliche Gestaltung aller verfügbaren Räume bietet den Rahmen dafür, dass die Kinder jederzeit ihren individuellen Bedürfnissen folgen können. Für die Erwachsenen bedeutet diese Form der Kooperation, dass Aufräum- und Umbauaktionen entfallen – und sie Zeit für die Kinder gewinnen.

Die Autorin und ihr Netzwerk

Gerlinde Lill, promovierte Pädagogin, Grafikerin und Politologin, hat 2001 zusammen mit Christa Möllers das Netzwerk Offene Arbeit Berlin-Brandenburg (NOA) gegründet. Seitdem setzt sich dieser Arbeitskreis, der mittlerweile aus 30 Frauen besteht, mit dem inneren Kern der Offenen Arbeit und dessen äußeren Formen auseinander. In der Verschränkung von Praxisbeobachtungen, gemeinsamer Reflexion und theoretischer Vertiefung entstanden unter anderem „Prüfsteine“ für die Qualität Offener Arbeit sowie Fachbücher und Fachartikel (siehe Literaturverzeichnis).

Das NOA hat sich mit Arbeitskreisen in anderen Bundesländern vernetzt, diverse Hospitationsreisen und bislang vier bundesweite Fachgespräche veranstaltet. Themen waren: „Selbstbildungsprozesse bei Erwachsenen“ (2006), „Kollegiale Spiegelung“ (2008), „Abenteuer Bildung“ (2010) und „Das Kreuz mit der Freiheit“ (2013). Inzwischen bietet das NOA eigene Fortbildungen an und gestaltet Fachtage im Auftrag diverser Träger. Im Mittelpunkt stehen die Expertinnen der Praxis. (www.noa-berlin-brandenburg.de)

Literatur zur Geschichte und Entwicklung der Offenen Arbeit

Bücher

Becker-Textor, I. u. Textor, M.R.: Der offene Kindergarten – Vielfalt der Formen, Freiburg/Breisg. 1997

Büchsenschütz, J. u. Regel, G. (Hrsg.): Mut machen zur gemeinsamen Erziehung, Hamburg 1992

Gruber, R. u. Siegel, B.(Hrsg.): Offene Arbeit in Kindergärten. Das Praxisbuch,  verlag das Netz, Weimar, Berlin 2008

Klattenhoff, K. , Pirschel, R., Wieland, A.J. (Hrsg.): Das Kind zur Rose machen –   Zur Philosophie des Offenen Kindergartens, Kongressbericht zum 1. Oldenburger Kongress zum Offenen Kindergarten, Varel 1999 

Klattenhoff, K. , Pirschel, R., Wieland, A.J. (Hrsg.): Ein Haus für alle Kinder, Beiträge zur Pädagogik der Nichtaussonderung, Kongressbericht zum 2. Oldenburger Kongress zum Offenen Kindergarten, Varel 2001

Kühne, Th. u. Regel, G. (Hrsg.): Erlebnisorientiertes Lernen im Offenen Kindergarten, Projekte und Arbeitsansätze aus der Praxis für die Praxis, Hamburg 1996

Kühne, Th. u. Regel. G.(Hrsg.): Bildungsansätze im Offenen Kindergarten. Erzieherinnen im Mittelpunkt der pädagogischen Arbeit, Hamburg 2000

Lill, G.: Einblicke in Offene Arbeit, Betrifft KINDER extra, verlag das Netz, Weimar, Berlin 2006

Lill, G.: Was Sie schon immer über Offene Arbeit wissen wollten … Fragen und Antworten, Betrifft KINDER Extra, verlag das netz, Weimar, Berlin 2012

Regel, G. u. Wieland, A.J. (Hrsg.) : Psychomotorik im Kindergarten. Eine Arbeitshilfe von Erziehern für Erzieher, Hamburg 1984

Regel, G. u. Wieland, A.J (Hrsg.): Offener Kindergarten konkret. Veränderte Pädagogik in Kindergarten und Hort, Hamburg 1993

Regel. G.: Plädoyer für eine offene Pädagogik der Achtsamkeit. Zur Zukunft des Offenen Kindergartens, Scheenefeld 2008

Regel, G. u. Kühne, Th.: Pädagogische Arbeit im Offenen Kindergarten, Freiburg / Breisg. 2010, 3. vollständig überarbeitete Neuauflage

Regel, G. u. Santjer, U (Hrsg.): Offener Kindergarten konkret in seiner Weiterentwicklung. Aus der Praxis für die Praxis, 20 Jahre später, Berlin 2011

Themenhefte von Fachzeitschriften:

TPS, Ausgabe 7, 2011: Offene Arbeit

Welt des Kindes, Heft 5,  2011: Offene Arbeit in der Kita

 

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Kommentare (10)

fragende Mutter 11 Juli 2018, 14:20

Guten Tag,

diese Schilderungen und Fragen finde ich sehr nachvollziehbar und sie machen mich sehr nachdenklich, ob nach dem Konzept nicht u.U. zu beschränkt gebildet und gefördert wird.

Ich würde mich ebenfalls sehr über Ihre Antwort auf diese Fragen freuen.

Viele Dank und viele Grüße

Lisa Jares 18 Mai 2017, 15:45

Guten Tag Frau Garwinkel,

evtl. werden Sie in unserer Link-Liste fündig: https://www.erzieherin.de/rubrik?&r=4001&rubrik=Anbieter

Mit freundlichen Grüßen

Petra Grawinkel 18 Mai 2017, 12:16

Sehr geehrte Frau Lill,

wir sind seit einem Jahr dabei, teiloffene Arbeit einzuführen und konzeptionell umzusetzen. Da immer wieder Fragen und Unsicherheiten bei den Mitarbeiterinnen auftauchen, würden wir gerne eine Teamfortbildung zum Thema durchführen. Unser Problem ist, dass wir keine(n) Referentin / Referenten dazu finden. Können Sie uns weiter helfen?



Mit freundlichen Grüßen,

Petra Grawinkel (Leitung)



Kath. Kindergarten und Familienzentrum

Die Arche

Gasse 16

57368 Lennestadt

Tel. 02721-1630

Lisa Jares 19 April 2017, 15:05

Guten Tag Juliane,

das Konzept der offenen Arbeit kann in einer großen sowie ein einer kleinen Kindertageseinrichtung funktionieren. Das Konzept steht und fällt mit den pädagogischen Fachkräften und der anregenden Raumgestaltung. Da es keine feste Gruppenzugehörigkeit gibt, haben die Kinder BezugserzieherInnen die sie und die Eltern während der Kitazeit begleiten. Der Personalschlüssel ist dabei identisch mit denen eines geschlossenen Konzeptes. Der Personalschlüssel ist im jeweiligen Bildungsgesetz des Landes festgeschrieben. Wenn Sie das Gefühl haben, dass ihr Kind Schwierigkeiten hat in dem offenen Konzept „anzukommen“ sollten Sie sich mit der/dem Bezugserzieher zusammensetzen. Wenn Sie sich noch weiter über die offene Arbeit informieren können, kann ich Ihnen z.B. dieses Buch empfehlen: https://www.socialnet.de/rezensionen/20304.php

Mit besten Grüßen

Lisa Jares

Juliane 19 April 2017, 13:42

Was für Voraussetzungen müssen geschaffen werden, um dem Konzept "offene Arbeit" gerecht zu werden? In einem kleinen, intimen Kreis mag das Konzept funktionieren. Was ist aber mit richtig großen Kitas mit 140 Kindern und viel zu wenig Personal? Ich als Laie verstehe das offene Konzept als ein System in dem viel gemeinsam mit Kindern reflektiert wird. Was aber, wenn diese Voraussetzungen nicht geschaffen sind?

Ich bin sehr verzeifelt, da mein Kind seit einem dreiviertel Jahr in einer Kita ist und sich sehr zum anspruchsvollen Kind entwickelt hat. Wie kann ich dem entgegenwirken? Vorher war er auch im offenen System aber in dem Haus waren es nur 50 Kinder und der Kreis viel überschaubarer. Selbst seine damalige Erzieherin erkennt ihn nicht wieder.



Ich bin sehr verzweifelt





Gibt es Anhaltspunkte für Rahmenbedingungen, die eine Kita einhalten sollte? (beispielsweise Anzahl der Kinder pro Erzieher etc)

Jana 12 August 2016, 11:52

",,,Eine Frage wird häufig gestellt: Wenn Kinder immer mehr selbst bestimmen können – was haben wir Erwachsenen dann noch zu bestimmen? Antwort: Alles. Das Machtverhältnis zwischen Erwachsenen und Kindern bleibt bestehen..."



Bei dieser Aussage kann und will ich nicht mitgehen!



Ich stehe voll und ganz hinter dem Konzept der offenen Arbeit. Aber hier hat das "Machtspiel", wie es früher praktiziert wurde, keinen Platz!



Die Sichtweise auf die Kinder und somit das "Bild vom Kind" hat sich verändert, was sich in unserer Beziehung zu ihnen zeigt.

Offene Arbeit bedeutet dadurch auch, dass sich die Machtverhältnisse ändern und neu ausbalanciert werden müssen!



Es geht nicht um "Macht"!



Strukturen, Organisation und das gesamte Handeln orientieren sich an den Kindern, die im Haus leben!



Erzieherauge.blogspot.com



Anke Demmler 17 März 2016, 09:19

Ich habe mit viel Interesse Ihren Artikel gelesen. Unsere Tochter ist 4 Jahre und besucht eine neu sanierte Einrichtung, die sich seit einem Jahr das Ziel gesetzt hat, dass Konzept der offenen Arbeit halboffen umzusetzen.

Ich halte sehr viele Ideen des Konzeptes für sinnvoll, so z. B. die freie Wahl zum Azfenthalt in den Themenräumen und dennoch die klare Tagesstrukturierung. Ich habe auch den Eindruck, dass meine Tochter sich wohl fühlt. Dennoch kommen mir nach einjähriger Beibachtung viele Fragen und Zweifel auf, auf die ich hoffe, von Ihnen eine Antwort zu finden.

Nach dem Morgenkreis in der Stammgruppe findet die Wahl der Kinder zur Beschäftigung in den Räumen statt. Die Räume haben zwar Themen, aber innerhalb der Räume findet jeden Tag freies Spiel statt. Meine Tochter ist sehr gern draußen, deshalb entscheidet sie sich seit Monaten, draußen zu spielen. Nach der Ruhezeit am Mittag gehen die Kinder auch wieder raus und es findet ebenfalls wieder freies Spiel statt.

Ich bin der Überzeugung, dass für die Entwicklung freies Spielen außerordentlich wichtig ist. Dennoch fehlen mir angeleitete Impulse und Angebote. So wie es die Erzieher schildern, greifen Sie Interessen der Kinder auf und setzen sie spontan um. Meine Tochter hat sehr viele Interessen, äußert sich aber anscheinend in der Kita nicht dazu. Zumindest gab es innerhalb des Jahres noch keine inhaltliche Umsetzung bezüglich ihrer Interessen. Zudem mache ich zu Hause die Erfahrung, dass man sie sehr leicht für Basteleien o.ä. begeistern kann, ohne sie zu zwingen. Diese Impulse und Angebote, Neues zu erleben mit angeleiteten Projekten und Angeboten fehlt. Der Tenor jeden Tages ist: spielt, was ihr wollt. Mein Kind entscheidet nicht nach Interessen, sondern nach der Erzieherin und nach ihren Freundinnen. Ich habe den Eindruck, dass nach einem Jahr freiem Spiel das Interesse an der Pupoenstube im Rollenspielzimmer nicht mehr vorhanden ist und auch das freie Spielen im Garten nicht mehr reizvoll erscheint. Zunehmend höre ich, dass es langweilig ist im Kindergarten. Ihr ist auch nicht immer klar, ob es Angebote gibt, welche es gibt und mit was sich die Erzieher in den Funktionsräumen beschäftigen wollen. In meinen Augen gibt es 6 wunderbar ausgestattete Spielzimmer, in denen die Spielsachen thematisch geordnet sind und die Kinder können wählen jeden Tag, wo sie frei spielen wollen. Das ist alles. Zusammenfassend ergeben sich folgende Fragen für mich:

Widerspricht es dem offenen Konzept, mit den Kindern Themen zu sammeln, sie also zu partizipieren, um diese dann innerhalb eines Zeitraumes (z.B. einer Woche) in den einzelnen Funktionszimmern inhaltlich angeleitet umzusetzen? ( z.B. Thema Meer / Wale: Musikzimmer Lieder zum Meer, Bücherzimmer Geschichten zum Meer, Bauzimmer: basteln eines Wales, usw.)



Ist es durch das offene Konzept überhaupt möglich, dass sich ein Kind längerfristig und über eine lange Zeit konzentriert mit einem Thema auseinandersetzen und beschäftigen kann, wenn derartige Themenangebote und thematische Impulse fehlen?



Wie können Schwächen gefördert werden, wenn das Kind sich immer gegen etwas mühevolles entscheidet? ( z.B. fällt meiner Tochter das Schneiden schwer, deshalb geht sie auch nicht gern zum Schneiden). Wird damit nicht gegen die Frustrationstoleranz und gegen die Ausdauer gearbeitet? Ist es nicht auch wichtig, gerade in unserer Gesellschaft mit Misserfolgen umgehen zu können und aus diesen gestärkt zu wachsen?



In den letzten Tagen kam ein Praktikant, der mit den Mädchen einen kleinen Pferdestall für ihr Puppenhaus gebastelt hat. Es entstammte aus seiner ohne, dass es die Kinder ihm vorgeschlagen haben. Sie können sich gar nicht vorstellen, wie begeistert meine Tochter war. Wir haben zu Hause gleich einen ähnlichen gebastelt - unter ihrer Anleitung. Das zeigt mir doch, dass Angebote von den Erziehern, die eingebracht werden, dankend angenommen werden. Auch er hat erkannt, wo mögliche Interessen liegen, aber er hat sich geplant und strukturiert für die Umsetzung entschieden ohne zu warten, bis ein Kind selbst die Idee hervorbrachte.



Vielen Dank im Voraus für Ihre Antwort.

Anke









Sabrina 06 März 2016, 16:03

Vielen Dank für diesen tollen Beitrag.

Christa Manske 03 März 2016, 17:49

Dein Kommentar macht mich sehr betroffen. Einmal mehr erschrecke ich darüber,wie mit ausgebildteten Pädagogen umgegangen wird und was von Euch verlangt wird ohne Euch gleichzeitig Unterstützung zu geben. Jedes neue Automodell erhält eine teure fachliche Begleitung und bekommt Entwicklungszeit!

Offene Arbeit heißt offen zu werden für eine offene Haltung und die beginnt im Kopf und Herz einer jeden Einzelnen im Team! Dazu braucht es Visionen, Motivation und die Überzeugung, dass die Veränderung sinnvoll und leistbar ist.. Dann gilt es das Ziel und die eigene Werte miteinander zu vereinen und im Prozess einen Weg zu gestalten. Das braucht Zeit und fachliche Begleitung! Ich bewundere Deine Haltung, Dich im Netz auf den Weg zu machen und das Beste für die Kinder anzustreben. Eurem ganzen Team wünsche ich den Mut für kleine Schritte und den Mut fachliche Begleitung einzufordern. Ich begleite als Coach immer wieder Teams in die offene Arbeit und weiß von den Höhen und Tiefen auf dem Weg zum Ziel! Es lohnt sich auf jeden Fall, ich liebe es, die Kinder in der offenen Arbeit zu erleben, dabei zu sein, wenn sie ihren Interessen entsprechend eine Umgebung vorfinden und aktive, unglaublich komptente Entdecker und Lerner sind! Viel Erfolg, lasst Euch nicht unterkriegen!

Birgit Leyendecker 17 Februar 2016, 16:34

Es liest sich sehr schön und macht mir etwas Mut.

Ich gehöre nämlich auch zu einem Team, das von jetzt auf gleich die offene Arbeit machen muß, weil es die Bezirksverantwortliche so will...



Unsere Kita wurde kernsaniert, wir wurden für viele Monate ausquartiert, auseinandergerissen (auch die Gruppen als solche) und in verschiedene Kitas "notuntergebracht".



Jetzt, kurz vorm Rückzug, wurde dem Team gesagt "offene Arbeit" und im Schnelldurchgang die dazu passende Neugestaltung der Räumlichkeiten besprochen, die ja nun "Funktionsräume" sind..



Wie die offene Arbeit überhaupt funktioniert und was hier besonders wichtig ist, weiß nur eine einzige Kollegin, die diesbezüglich eine Fortbildung besucht hat, alle anderen wurden angewiesen, sich dazu Informationen anzulesen..., so landet man halt im Internet und so bin ich hier, bei Ihnen gelandet.



Da uns als Team ein eigener Entwicklungsprozess zur offenen Arbeit leider nicht vergönnt war, habe ich Bedenken, dass es gelingen wird. Unter Zwang ist noch nie etwas Gutes gewachsen und ein "Sprung ins kalte Wasser" ist nicht für jede Erzieherin erstrebenswert.



Ich hoffe, das für die Kinder etwas Gutes dabei herauskommen wird und sie sich wohlfühlen.

Fur das Team wird es wohl ein langer Weg werden...



Lieben Gruß,

B.Leyendecker

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