viele Hände im Sand, die aufeinander ausgerichtet sind

Portfolioarbeit in Kitas mit Künstliche Intelligenz

Prof. Dr. Matilde Heredia & Prof. Dr. Noreen Naranjos Velazquez

04.06.2025 | Fachbeitrag Kommentare (0)

Inhalt
  1. Portfolios in Kitas
  2. Portfolioarbeit in der Kita neu denken 
  3. Portfolioarbeit in Kitas mit Künstlicher Intelligenz optimieren
  4. Literatur 

Pädagogische Fachkräfte berichten häufig von verschiedenen Herausforderungen im pädagogischen Alltag, die eine zufriedenstellende Portfolioarbeit erschweren oder sogar ganz verhindern. Besonders oft genannt werden fehlender personelle und zeitliche Ressourcen. Diese ist eine Situation, die sich aktuell weiter verschärft hat (Autor:innengruppe Kinder- und Jugendhilfereport 2024 et al., 2024, S.105). 

Die Portfolios in den Kitas sollen die Interessen der Kinder im Fokus halten. Im pädagogischen Alltag der Kitas werden die Interessen der Kinder und die Themen der Familien zunehmend heterogener (Meiner-Teubner et al., 2024). Die individuelle Betrachtung und Begleitung der kindlichen Entwicklung sowie die Gestaltung einer Erziehungs- und Bildungspartnerschaft führt zu einer unmittelbaren Erweiterung der Komplexität und zu einer Vervielfältigung der Aufgaben im pädagogischen Alltag. Dabei ist hervorzuheben, dass sich "in keinem Segment des Bildungswesens die Einrichtungs-, Personal- und Platzkapazitäten, aber auch die pädagogisch-fachlichen Dynamiken hierzulande so stark verändert haben wie im Bereich der Kindergartenbetreuung" (Meiner-Teubner et al., 2024, 1422). In diesem Kontext stellt sich die Frage, wie können Portfolios im pädagogischen Alltag gut gelingen?  Mit diesem Beitrag werden Ansätze vorgestellt, wie die Anwendung von Tools Künstlicher Intelligenz (KI) die Portfolioarbeit in Kitas erleichtern kann. 

Portfolios in Kitas

Warum sind Portfolios in Kitas wichtig? Diese Frage lässt sich gut mit einer Metapher beantworten: Portfolios sind ein Spiegel der (Lern-)Erfahrungen der Kinder. Kindertageseinrichtungen werden zunehmend als Bildungsorte verstanden (Knauf, 2018, S. 424). In der Weiterentwicklung von Kitas zu zentralen Bildungsorten sind Portfolios ein zentrales Dokumentationsangebot, das kontinuierlich über die Krippen- und Kindergartenzeit hinweg – und partizipativ (Schneider & Jacobi-Kirst, 2024) aus der Perspektive der Kinder, der pädagogischen Fachkräfte sowie der Erziehungsberechtigten – gestaltet werden kann. 

Im pädagogischen Alltag werden Portfolios in Kitas meist als Ordner geführt, die gesammelte Dokumente und Werke der Kinder enthalten. Idealerweise fließen darin "Beobachtungsergebnisse der Erwachsenen und die Werke der Kinder zusammen und machen dadurch die Bildungsprozesse und Entwicklungsverläufe eines Kindes sichtbar" (Lepold & Lill, 2025). Ein gelungenes Portfolio bietet Kindern die Möglichkeit, eigene Interessen und Erfahrungen während und über die Kindergartenzeit hinaus zu finden und zu verankern. Anhand des Portfolios können sie bereits erlebte, positive Lernerfahrungen und erste Sozialisationserfahrungen mit Gleichaltrigen nachvollziehen, denn die Zeit im Kindergarten "stellt für die Heranwachsenden einen breiten Erfahrungsraum dar" (Köhler et al., 2016, S. 37). Die Dokumentation dieser positiven Erlebnisse im Portfolio hilft Kindern, eigene Interessen, Lernressourcen und auch Sozialkompetenzen innerhalb der Gruppe zu erkennen. 

Die Dokumentation dieser positiven Erlebnisse im Portfolio hilft Kindern, dabei:

  • eigene Interessen, 
  • Lernressourcen und auch 
  • Sozialkompetenzen innerhalb der Gruppe zu erkennen.

Die regelmäßige Einbeziehung der Portfolios in den pädagogischen Alltag ermöglicht es den Kindern, positive Erfahrungen zu verankern, was idealerweise einen positiven Einfluss auf ihre Entwicklung hat.

Damit Kinder sich in den eigenen Portfolios wiedererkennen können, ist es unabdingbar, dieser im pädagogischen Alltag kontinuierlicher, erfahrungsorientierter und partizipativer – unter Einbeziehung der Perspektive der Kinder – zu gestalten. "Kinder sind aktive Gestalter ihrer Entwicklungs- und Bildungsprozesse. Bildung geschieht somit von Anfang an" (Viernickel & Völkel, 2016, S. 14). Künstliche Intelligenz kann gezielt einige Arbeitsschritte der Portfolioarbeit im pädagogischen Alltag vereinfachen.

Portfolioarbeit in der Kita neu denken 

In der deutschen Kitalandschaft werden Portfolios sehr unterschiedlich gehandhabt. "Die meisten Einrichtungen passen das Prinzip des Portfolios an ihre eigenen Vorstellungen und Möglichkeiten an, sodass sich die Bezeichnung Portfolio zu einem Sammelbegriff für verschiedene Formen der Bildungsdokumentation entwickelt hat" (Knauf, 2019, S. 37). Gerade diese allgemeine und sich über die Zeit entwickelte Konzeption von Portfolios in Kitas motiviert Teams dazu, die Portfolioarbeit in der Kita neu zu denken. Es ist empfehlenswert, einen solchen Prozess sowohl fachlich als auch organisatorisch anzugehen und idealerweise durch Fachberatungen oder externe Referent:innen begleiten zu lassen.

Neben organisatorischen Aspekten wie Zuständigkeiten im Team, notwendigem Material und dem Ort, an dem die Portfolios für die Kinder zugänglich gemacht werden, sollten die Form der Portfolios und zentrale Elemente gemeinsam mit dem Team besprochen und festgelegt werden. Wird vordergründig ein Lernportfolio oder ein Entwicklungsportfolio entwickelt? Werden einige Vorlagen im Vorfeld vereinbart? Sollen Lerngeschichten (Wustmann Seiler et al., 2022) enthalten sein? Ebenfalls zentral ist die Frage, ob die Portfolios ausschließlich analog oder auch digital (Lepold, 2021) gestaltet werden.

Aus pädagogischer Sicht ist es notwendig zu überprüfen, ob sich die Portfolioarbeit – immer noch – an der pädagogischen Konzeption der Kita orientiert. Falls dies nicht der Fall ist, könnten hier konkrete Vorgehensweisen besprochen werden, damit die Portfolioarbeit künftig stärker an die pädagogische Konzeption der Einrichtung angelehnt ist.

Ebenfalls zum Neudenken der Portfolioarbeit gehört eine wichtige Absprache bezüglich der Durchgängigkeit der Portfolios. Es sollte geklärt werden, ob die Portfolios über die gesamte Krippen- und Kindergartenzeit durchgängig geführt werden oder ob zwei verschiedene Portfolios entwickelt werden. Dazu gehört auch die Entscheidung über die Portfoliovorlagen: Wenn mit Vorlagen gearbeitet wird, stellt sich die Frage, nach welchen Kriterien diese eingesetzt werden.

Kinder in die Portfolioarbeit einzubeziehen, ist eine Win-win-Lernsituation: Durch die Reflexion ihrer eigenen (Lern-)Erfahrungen können Kinder, insbesondere im Elementarbereich, beim Gestalten der Portfolios über eigene Themen und Interessen nachdenken und möglicherweise auch neue Interessen entdecken. "Bildungsfördernde pädagogische Angebote sollten es den Kindern daher ermöglichen, ihre Themen zu bearbeiten, sich mit ihren Interessen, Wünschen und Bedürfnissen auseinanderzusetzen und in anregender Weise herausgefordert zu werden." (Viernickel & Völkel, 2016, S. 16) 

Portfolioarbeit in Kitas mit Künstlicher Intelligenz optimieren

Mit der Unterstützung von ChatGPT können durch gezielte Arbeitsaufträge an ChatGPT die oben genannten Aspekte der Portfolioarbeit verbessert werden:

  • die Portfolioarbeit konzeptionell verankern,
  • die Perspektive der Kinder in der Portfolioarbeit erweitern und
  • die Arbeitsabläufe der Portfolioarbeit in der Kita vereinfachen. 

Die Portfolioarbeit konzeptionell verankern: Eine Verzahnung zwischen der pädagogischen Konzeption der Kita und der Portfolioarbeit kann gelingen, wenn das Portfolio als ein "pädagogischer Prozess, der sich über die gesamte Kita-Zeit (im Idealfall auch noch darüber hinaus) erstreckt" (Lepold & Lill, 2021, S. 10) verstanden wird. Durch gezielte Arbeitsaufträge an ChatGPT können zentrale Perspektiven aus der pädagogischen Konzeption der Kita herausgearbeitet werden, die idealerweise in der Portfolioarbeit berücksichtigt werden.

  • Fasse bitte die zentralen Aspekte der pädagogischen Konzeption zusammen, die für die Portfolioarbeit wichtig sind.
  • Benenne bitte mögliche Interessen der Kinder, die für das Portfolio relevant sein können.
  • Stelle bitte eine Verbindung zwischen den Bildungsbereichen, der pädagogischen Konzeption und den Portfoliovorlagen her.
  • Entwickle bitte Portfoliovorlagen für eine gelungene Erziehungs- und Bildungspartnerschaft aus der Perspektive unserer pädagogischen Konzeption.

Dies sind einige der Anweisungen, die an ChatGPT gegeben werden können. Bei Bedarf können die ersten Rückmeldungen von ChatGPT durch weitere Nachfragen gezielt in die gewünschte Richtung verfeinert oder erweitert werden.

Die Perspektive der Kinder in der Portfolioarbeit erweitern: ChatGPT kann dabei helfen, die Interessen und Erfahrungen der Kinder in ihren Portfolios stärker zu berücksichtigen. Ebenso können die Interessen und Themen der Kinder, die sie selbst in ihren Portfolios dokumentieren möchten, im Nachhinein als Ansatzpunkte dienen, um pädagogische Angebote sowie Materialien besser an die Bedürfnisse der Kinder anzupassen. Es ist sinnvoll, die Fragen gezielt auf die Individualität und die Perspektive des jeweiligen Kindes auszurichten. "Der Fokus bei der Portfolioarbeit liegt darauf, die Individualität des Kindes, seine Entwicklungsprozesse und Interessen sichtbar zu machen." (Lepold & Lill, 2025, S. 10). Das Ziel sollte es sein, die Portfolios nicht für die Kinder, sondern gemeinsam mit den Kindern zu gestalten (Lepold & Lill, 2021, S. 11). ChatGPT kann anhand solcher Fragestellungen dazu beitragen, die Perspektive der Kinder stärker einzubeziehen:

  • Formuliere Fragen, um den Dialog innerhalb der Portfolios der Kinder in der Krippe bzw. im Elementarbereich zu erweitern.
  • Entwickle bitte eine Vorlage für den/die Bildungsbereich(e) ..., in der die Interessen des Kindes stärker berücksichtigt werden 
  • Fasse bitte die zentralen Aspekte des Bildes vom Kind aus der pädagogischen Konzeption zusammen, die für die Portfolioarbeit wichtig sind.

Die Arbeitsabläufe der Portfolioarbeit in der Kita vereinfachen: An erster Stelle ist es unabdingbar, die einzelnen Arbeitsschritte in der Portfolioarbeit zu erkennen. "Der Portfolio-Prozess ist ein zyklischer und dynamischer Ablauf, der darauf abzielt, die Entwicklung des Kindes umfassend zu begleiten und zu dokumentieren" (Lepold & Lill, 2025, S.16). Die verschiedenen Schritte – wie beispielsweise Beobachtung, Reflexion oder Dokumentation – können anhand von Checklisten, Tabellen und Vorlagen zu den Absprachen im Team zielgerichteter und weniger zeitintensiv gestaltet werden. Auch in diesem Bereich können weitere Textbausteine formuliert werden, die dem gesamten Team als Vorlage für Informationen an die Eltern über die Portfolioarbeit und als Einladung zur Mitwirkung an der Portfolioarbeit dienen können.

Literatur 

Autor:innengruppe Kinder- und Jugendhilfereport 2024, Rauschenbach, T., Mühlmann, T., Meiner-Teubner, C., Fendrich, S., Volberg, S., Tabel, A., Olszenka, N., Afflerbach, L. K., Pothmann, J., Erdmann, J., Tiedemann, C., Froncek, B., Röhm, I., Haubrich, J., & Kopp, K. (2024). Kinder- und Jugendhilfereport 2024. Verlag Barbara Budrich. https://doi.org/10.3224/84743044

Knauf, H. (2018). Lerngeschichten als narratives Assessment in der Elementarpädagogik: Eine empirische Untersuchung des Konzepts in deutschen Kindertageseinrichtungen. Zeitschrift für Erziehungswissenschaft21(3), 423–439. https://doi.org/10.1007/s11618-017-0780-0

Knauf, H. (2019). Bildungsdokumentation: Formen und Stile in der pädagogischen Praxis. In H. Knauf, Bildungsdokumentation in Kindertageseinrichtungen (S. 35–137). Springer Fachmedien Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-24101-8_3

Köhler, S.-M., Krüger, H.-H., & Pfaff, N. (Hrsg.). (2016). Handbuch Peerforschung (1. Aufl.). Verlag Barbara Budrich. https://doi.org/10.2307/j.ctvd7w8m2

Lepold, M. (2021). Digitale Beobachtung und Dokumentation in der Kita: Gemeinsam – pädagogisch – reflektiert (Erstauflage). Verlag Herder.

Lepold, M., & Lill, T. (2021). Dialogisches Portfolio. Alltagsintegrierte Entwicklungsdokumentation. (2. Auflage). Herder.

Lepold, M., & Lill, T. (2025). Das Portfolio in der Kita—Kinder beim Wachsen begleiten (Überarbeitete Neuausgabe 2025). Herder.

Meiner-Teubner, C., Böwing-Schmalenbrock, M., Olszenka, N., & Rauschenbach, T. (2024). Der KiTa-Fachkräftebedarf – eine Vorausberechnung bis zum Jahr 2035. Zeitschrift für Erziehungswissenschaft27(6), 1421–1446. https://doi.org/10.1007/s11618-024-01279-8

Schneider, A., & Jacobi-Kirst, C. (Hrsg.). (2024). Demokratie von Anfang an: Partizipation leben in der KiTa (1. Aufl.). Verlag Barbara Budrich. https://doi.org/10.2307/jj.13632417

Viernickel, S. (2020). Beobachtung und Dokumentation. In R. Braches-Chyrek, C. Röhner, H. Sünker, & M. Hopf (Hrsg.), Handbuch Frühe Kindheit (2. Aufl., S. 491–502). Verlag Barbara Budrich. https://doi.org/10.2307/j.ctvvb7m51

Viernickel, S., & Völkel, P. (2016). Beobachten und Dokumentieren im pädagogischen Alltag (1. Auflage). Verlag Herder.

Wustmann Seiler, C., Kammerer, C., & Villiger, A. (2022). «Jetzt sehe ich, was mein Kind für Fortschritte macht!» – Wie verändern die «Bildungs- und Lerngeschichten» die Bildungs- und Erziehungsarbeit der Eltern? Ergebnisse aus zwei Evaluationsstudien in Kindertageseinrichtungen der Schweiz. https://doi.org/10.5281/ZENODO.7075169

Autorinnen

Prof.`in Dr.`in phil. Noreen Naranjos Velazquez lehrt seit 2017 an der IU International University of Applied Sciences. Zu ihren quantitativen Forschungsschwerpunkten gehören interprofessionelle Netzwerke, professionelle Beziehungsarbeit, Prozessmanagement in der betrieblichen Kinderbetreuung sowie Künstliche Intelligenz in Wissenschaft und Praxis der Sozialen Arbeit. Weitere Informationen hier

Prof.`in Dr.`in Matilde Heredia lehrt seit 2020 als Professorin der Kindheitspädagogik an der IU International University of Applied Sciences. Zentrale Forschungsschwerpunkte sind: Chancengleichheit in der Kindheitspädagogik, die Rolle von KI und Digitalisierung im Bildungskontext. Sie ist als Referentin für Bildung und Sozialentwicklung in Deutschland und Argentinien tätig. Weitere Informationen hier

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