Geldscheine

Qualität hat ihren Preis. GEW startet Vorbereitungen für EGO 2015

Bernhard Eibeck

02.04.2014 Kommentare (2)

Am 1. April 2014 wurde nach drei Verhandlungsrunden für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst bei den Kommunen und dem Bund eine Tarifeinigung erzielt. Die Gehälter werden rückwirkend zum 1. März 2014 um 3,0 Prozent, mindestens 90 Euro erhöht. Am 1. März 2015 gibt es eine weitere Gehaltssteigerung um 2,4 Prozent. Der Urlaub wird für alle Beschäftigten ab dem Urlaubsjahr 2014 auf 30 Tage erhöht. Das bedeutet z. B. für eine Erzieherin, die in Entgeltgruppe S 6 TVöD eingruppiert ist:

Erzieher/in S 6

 

Stufe 1

Stufe 2

Stufe 3

Stufe 4

Stufe 5

Stufe 6

Bis 28.02.14

2.221,21

2.438,98

2.613,20

2.787,40

2.945,28

3.118,42

Ab 01.03.14

2.311,21

2.528,98

2.703,20

2.877,40

3.035,28

3.211,97

Ab 01.03.15

2.366,68

2.589,68

2.768,08

2.946,46

3.108,13

3.289,06

Nähere Informationen auf der Homepage der GEW: http://www.gew-tarifrunde-tvoed.de/

EGO 2015 – für eine neue Entgeltordnung im Sozial- und Erziehungsdienst

Jetzt gilt es, sich mit voller Kraft auf die nächsten Tarifverhandlungen vorzubereiten, in denen es um eine grundlegende Erneuerung der Entgeltordnung für den Sozial- und Erziehungsdienst und eine Aufwertung der Erziehungs- und Sozialberufe geht. Die im Jahr 2009 erstmals abgeschlossene Regelung kann Anfang 2015 neu verhandelt werden. Auch wenn die Entgeltordnung unmittelbar nur für Beschäftigte in kommunalen Einrichtungen gilt, so hat sie doch eine enorme Wirkung auf die ganze Branche. Die meisten Arbeitgeber der Jugendhilfe, Wohlfahrtsverbände und Vereine orientieren sich mit ihren Tarifverträgen und Arbeitsvertragsrichtlinien am TVöD.

Nachdem der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) zum Zeitpunkt seines Inkrafttretens im Jahr 2005 eine Menge Probleme zutage förderte, haben die Gewerkschaften gefordert, für Beschäftigte im Sozial- und Erziehungsdienst bei den Kommunen eine eigene Entgeltordnung zu vereinbaren. Dies ist nach langen Auseinandersetzungen und massiven Streiks im Jahr 2009 gelungen. Seit dem gibt es für die Beschäftigten in Kindertagesstätten bei den Kommunen eine eigene Gehaltstabelle. Die für die Eingruppierung maßgeblichen „Tätigkeitsmerkmalen“ wurden aus dem BAT, dem Vorläufer des TVöD, übernommen.

Mit dem Tarifabschluss 2009 vereinbarten Arbeitgeber und Gewerkschaften eine Laufzeit von fünf Jahren. Somit gilt die Entgeltordnung für den Sozial- und Erziehungsdienst bis zum 31.12.2014 und kann Anfang 2015 erneut verhandelt werden. Die GEW will die Diskussion über die komplizierte Materie frühzeitig beginnen.

Tätigkeitsmerkmale den Realitäten anpassen

Die Eingruppierung richtet sich nach sog. „Tätigkeitsmerkmalen“. Darin ist festgelegt, in welcher Entgeltgruppe die Beschäftigten eingruppiert sind. Tätigkeitsmerkmal enthalten in aller Regel die Berufsbezeichnung und eine „entsprechende Tätigkeit“. Für Erzieherinnen gibt es zwei Tätigkeitsmerkmale, die zu unterschiedlichen Eingruppierungen führen:

Eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe S 6 wird nach folgendem Tätigkeitsmerkmal vorgenommen: „Erzieherinnen/Erzieher mit staatlicher Anerkennung und entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Beschäftigte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben.“

Für die Eingruppierung in S 8 muss eine „besonders schwierige fachliche Tätigkeit“ vorliegen: "Erzieherinnen/Erzieher mit staatlicher Anerkennung und entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Beschäftigte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben, mit besonders schwierigen fachlichen Tätigkeiten.“

Außerdem gibt es besondere Tätigkeitsmerkmale für Beschäftigte, die den geforderten Berufsabschluss nicht haben, und für Kitaleitungen. In den Tarifverhandlungen des Jahres 2009 war es nicht möglich, die Tätigkeitsmerkmale zu überarbeiten. Die Priorität in diesen Tarifverhandlungen lag auf einer verbesserten Bezahlung. So sind die zum Teil aus dem Jahr 1970 stammenden Formulierungen heute noch gültig. In der praktischen Anwendung zeigt sich allerdings, dass eine adäquate Eingruppierung kaum noch möglich ist. Ein Beispiel dafür ist die Vorschrift, dass Erzieherinnen in Integrationsgruppen nur dann in eine höhere Entgeltgruppe (S 8) eingruppiert werden, wenn die Gruppe zu mindestens einem Drittel „behinderte Kinder“ umfasst. An anderer Stelle ist die Rede von Tätigkeiten in der „Fürsorge“ und es werden Einrichtungsformen genannt, die es schon lange nicht mehr gibt, wie z. B. „Vermittlungsgruppen für nicht schulpflichtige Kinder“. Völlig unbefriedigend ist die Regelung zur Eingruppierung von Kitaleitungen. Sie wird nach der Zahl der in der Einrichtung verfügbaren und belegten Plätze vorgenommen. Die Struktur der Einrichtung (Öffnungszeiten, Alter der Kinder) bleibt ebenso unberücksichtigt wie die Beschäftigten (Anzahl, Voll- und Teilzeitkräfte).

Grundsätzlich ist das größte und durchgängige Problem, dass die Tätigkeitsmerkmale zu einer Zeit formuliert wurden, als der Kindergarten eine zumeist nur halbtags geöffnete Betreuungseinrichtung war. Der veränderte Auftrag und das neue Selbstverständnis als Bildungseinrichtung ist im Tarifrecht bislang nicht nachvollzogen worden. Die in den letzten Jahren gestiegene pädagogische Qualität frühkindlicher Pädagogik und die neuen Anforderungen müssen Eingang in das Tarifrecht finden und zum Maßstab der Eingruppierung und damit letztlich der Bezahlung werden.

Zur Vorbereitung auf die Tarifverhandlungen beginnt die GEW frühzeitig mit der Diskussion von Forderungen. Unter anderem müssen folgende Fragen beantwortet werden:

  • Soll es dabei bleiben, die Entgeltordnung nach Berufen zu gliedern oder soll das Qualifikationsniveau gelten?
  • Braucht man eine Stufung in „normale“ Tätigkeiten und „schwierige“ Tätigkeiten?
  • Wie spiegelt sich das „multiprofessionelle Team“ in der Entgeltordnung wider?
  • Sollen Fachberatungen in die Entgeltordnung aufgenommen werden?
  • Was ist das Berufsbild der Kindheitspädagogen (BA/MA) und wie ist es einzugruppieren?
  • Welche Bedeutung soll die „staatliche Anerkennung“ haben?
  • Welche Kriterien soll es für die Eingruppierung von Kitaleitungen geben?

Entgeltgruppen und -stufen

Gehaltssteigerungen innerhalb einer Entgeltgruppe gibt es nur durch einen Stufenaufstieg, den man im Verlauf einiger Jahre erreicht. Zu den Regelungen der Stufenlaufzeiten siehe: GEW: Kleines ABC des Sozial- und Erziehungsdienstes.

Eine höhere Entgeltgruppe kann man bei gleichbleibender Tätigkeit nicht erreichen. Mit der Stufenzuordnung ist eine Reihe von Problemen verbunden:

  • Ist es richtig, dass man zum Erreichen einer höheren Stufe immer länger warten muss (z. B. von Stufe 5 bis Stufe 6 fünf Jahre)?
  • Was rechtfertigt die sehr lange Stufenlaufzeit bei Heilpädagog/innen?
  • Soll es Möglichkeiten geben, die Stufenlaufzeit zu verkürzen?

Ein großes Ärgernis ist, dass man bei einem Arbeitgeberwechsel Gefahr läuft, die erreichte Stufe zu verlieren. Dieses Problem resultiert nicht aus einer Sonderregelung für den Sozial- und Erziehungsdienst, sondern trifft alle Beschäftigten des öffentlichen Dienstes. Bei einem unmittelbaren Wechsel zu einem Arbeitgeber, der den TVöD oder einen vergleichbaren Tarifvertrag anwendet, kann die erreichte Stufe beibehalten werden. Wenn man neu zu einem „TVöD-Arbeitgeber“ wechselt, wird man bei einer Berufserfahrung von mindestens drei Jahren in Stufe 3 eingruppiert. Nur in besonderen Fällen, insbesondere bei großem Personalmangel, kann die seitherige Berufserfahrung angerechnet werden. Dies sind allerdings nur „Kann-Regelungen“ – einen Anspruch darauf hat man nicht. (Näheres siehe § 16 TVöD .) Im Rahmen der Tarifverhandlungen 2015 wird man auch über dieses Problem reden müssen.

Öffentliche Diskussion über den Wert der Bildungs- und Sozialarbeit führen

Neben einer Klärung dieser Fragen im Detail muss es in den nächsten Monaten darum gehen, die Bedeutung der Berufe in Bildung, Erziehung und sozialer Arbeit in der Öffentlichkeit darzustellen. Die Tarifauseinandersetzung „EGO 2015“ ist auch eine politische Auseinandersetzung über den Wert sozialer Arbeit und die Qualität von Bildung, Erziehung und Betreuung. Kitas sind für Kinder, für Eltern, die Wirtschaft und die Gesellschaft insgesamt von großer Bedeutung. Die pädagogische Arbeit von Erzieherinnen und Erzieherin in Tageseinrichtungen für Kinder hat sich in den letzten 15 Jahren massiv verändert. Der Beruf wird immer mehr zu einem wissenschaftlich orientierten Bildungsberuf. Der Fokus liegt auf der Begleitung von Kindern auf ihrem Bildungsweg. In allen Kita-Bildungsplänen und –empfehlungen wird größter Wert auf die Vermittlung von Kompetenzen und Fertigkeiten gelegt. Das muss sich in der Bezahlung widerspiegeln. Der Gehaltsunterschied zwischen Erzieherinnen und Grundschullehrerinnen von 700 Euro brutto/Monat ist nicht zu rechtfertigen.

Schon heute ist spürbar, wie sich der Fachkräftemangel auf die Qualität auswirkt. Wenn es nicht gelingt, den Beruf durch eine bessere Bezahlung deutlich attraktiver zu machen, wird es schwer werden, die immer kleiner werdende Zahl von Schulabgängerinnen und Schulabgängern dafür zu begeistern. Immer mehr junge Leute sind zwar im Prinzip an Sozial- und Bildungsberufen interessiert, winken aber ab, wenn sie hören, wie die Bezahlung und die Aufstiegschancen aussehen. Einige Kommunen haben darauf bereits reagiert und gruppieren Erzieherinnen in Entgeltgruppe S 8 ein oder zahlen ihnen eine Zulage.

Nicht nur die Tarifparteien, auch die Landesregierungen müssen handeln. Bei jeder sich bietenden Gelegenheit sprechen sich Politiker aller Parteien dafür aus, mehr Geld in Kitas zu investieren und Erzieherinnen besser zu bezahlen. Wenn es aber darum geht, den großen Worten Taten folgen zu lassen, sieht es mau aus, die Kassen sind leer und der Schuldenabbau hat Priorität. Die heutige Finanzierung der Einrichtungen reicht für eine angemessene Bezahlung und für gute Arbeitsbedingungen nicht aus. Die Kita-Gesetze und Finanzierungsregelungen gefährden die pädagogische Qualität.

Die GEW wird Gespräche mit Verbänden und der Wissenschaft führen, um dies deutlich zu machen. Vor allem wird die GEW die Diskussion in den Einrichtungen führen: Was sind unsere Ziele? Was müssen wir tun, um sie zu erreichen? Eines ist jetzt schon klar: die Zeiten, in denen Erzieherinnen alles hingenommen haben, sind vorbei. Jetzt gilt es, sich auf eine Tarifauseinandersetzung vorzubereiten, die für lange Zeit Eingruppierung und Bezahlung und damit den Wert der Arbeit festschreibt.

Bernd EibeckBernhard Eibeck

Bernhard Eibeck ist Referent für Jugendhilfe beim Hauptvorstand der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft

Ihre Meinung ist gefragt!

Diskutieren Sie über diesen Beitrag.

Kommentare (2)

Christoph Kairies 04 April 2014, 20:12

Es wird höchste Zeit eine größere Gesamtaufwertung zu erreichen als die kürzliche Tariferhöhung! Das Selbstverständnis als Bildungseinrichtung und die immer größere Komplexität der Arbeit muss sich endlich auch in der Bezahlung der Fachkräfte wieder finden! Vor allem die studierten Kindheitspädagogen/innen müssen endlich adäquat eingruppiert werden um sie langfristig in der direkten Arbeit am Kind halten zu können! Dieser Kampf muss endlich geführt werden!

Marcus Krieger 03 April 2014, 13:21

Ja es wird endlich Zeit, den SuE so finanziell aufzuwerten, so dass auch Männer diesen schönen aber auch sehr anstrengenden Beruf professionell ausüben.
Außerdem wäre es wünschenswert wenn sich gerade jetzt viele Menschen welche in sozialen Berufen arbeiten einer Gewerkschaft anschließen ! Damit unsere Lobby noch größer wird und wir das verdienen was wir verdienen.

Kommentar schreiben




Die angegebene E-Mail-Adresse wird nicht dargestellt, sondern nur für eventuelle Benachrichtigungen verwendet.


Bitte schreiben Sie freundlich und sachlich. Ihr Kommentar wird erst nach redaktioneller Prüfung freigeschaltet.





Ihre Angaben werden nicht an Dritte weitergegeben. Weitere Hinweise zum Datenschutz finden Sie im Impressum.