Studentin im Hörsaal

Qualität in der frühen Bildung – Ergebnisse einer BMBF Förderrichtlinie liegen vor

Seit 2018 finanziert das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) die Förderrichtlinie „Qualitätsentwicklung für gute Bildung in der frühen Kindheit“. Zehn Forschungsprojekte in ganz Deutschland bearbeiteten unterschiedliche Fragen zur Qualität in der frühen Bildung. Ziel war es herauszuarbeiten, welche Aspekte für die Weiterentwicklung der Qualität im System der Frühen Bildung relevant sind. So standen die Arbeit von Träger und Leitung, die Gestaltung des pädagogischen Raums, die Beteiligung der Kinder an der Qualitätsentwicklung, die Interaktionsqualität sowie die sprachliche Bildung, die Zusammenarbeit mit den Eltern oder auch die Vernetzung im Sozialraum im Vordergrund der Forschungsarbeiten. 

Damit widmeten sich die einzelnen Vorhaben auch Themenbereichen, die in der bisherigen Qualitätsforschung eher geringe Beachtung gefunden haben. Damit ist es eine besondere Stärke der Förderrichtlinie, durch diese Vielfalt den Blick auf die pädagogische Qualität in Kindertageseinrichtungen zu weiten. Dies insbesondere, weil in den Projekten unterschiedliche Akteurs:ebenen im System der Frühen Bildung untersucht wurden, wie die Eltern und Kinder, die Leitungskräfte, die Trägervertreter:innen oder auch die Ebene der öffentlichen Kinder- und Jugendhilfe. Das Zusammenspiel dieser unterschiedlichen Akteur:innen rückt in den Vordergrund. Die Ergebnisse der Projekte spiegeln also die Komplexität pädagogischer Qualität wider, in dem die unterschiedlichen Erwartungen, Perspektiven oder auch Interessen der Beteiligten berücksichtigt wurden. 

Das Metavorhaben der Förderrichtlinie (Meta-QEB) am Deutschen Jugendinstitut vernetzte und unterstützte die geförderten Projekte. Insbesondere möchte das Metavorhaben herausfinden, wie die Ergebnisse aus der Forschung die Praxis und die Politik erreichen und verändern können. Zu den Zielgruppen zählen die pädagogischen Fachkräfte und Kita-Leitungen, die Steuerungsebene (Träger, Verbände, Administration) sowie die Aus- und Weiterbildung der pädagogischen Fachkräfte. Was ist für einen sogenannten „Transfer“ der Ergebnisse der Projekte wichtig und welche Erwartungen werden dabei an Forschung und Praxis sowie Politik formuliert? 

Wie der Prozess des Transfers abläuft, ist keineswegs eine Frage, die sich nur die Forschung in der Pädagogik der frühen Kindheit stellt. Fast jede Wissenschaftsdisziplin steht vor der Erwartung, dass das wissenschaftliche Wissen die Praxis erreichen soll. Neuere Theorien gehen davon aus, dass es sich beim Transferprozess nicht um eine Einbahnstraße von Wissenschaft zu Praxis handelt und damit Erkenntnisse nicht einfach eins zu eins von der Praxis übernommen werden können. Denn jede:r einzelne Akteur:in im System der Frühen Bildung betrachtet wissenschaftliches Wissen mit spezifischen Deutungsmustern, entsprechend der Eigenlogik des jeweiligen (institutionellen) Kontextes und der individuellen Erwartungen. Diese sind wiederum davon geprägt, welche Funktion im System übernommen wird. Wissenschaftliches Wissen wird also aus diesen unterschiedlichen Perspektiven heraus bearbeitet, überdacht, bewertet sowie reinterpretiert für die eigenen Problemstellungen – es verändert sich, es wird transformiert. Dabei findet diese Wissenstransformation im Dialog zwischen allen Beteiligten statt. Durch Interaktionen können Prozesse des Verstehens initiiert und damit die verschiedenen Blickwinkel auf die jeweiligen Wissensbestände ausgetauscht werden. Somit ist wissenschaftliches Wissen, zu dem Theorien und Befunde zählen, dem Praxiswissen nicht überlegen. Es handelt sich um ein Nebeneinander qualitativ unterschiedlicher Wissensformen (ausführlich zum Wissenstransfer in der Frühen Bildung: Blatter/Schelle 2022).

Diese Überlegungen waren im Projekt Meta-QEB der Ausgangspunkt für eine Studie zum Wissenstransfer in der Frühen Bildung. Hierbei wurde sowohl die Perspektive von pädagogischen Fachkräften in Gruppendiskussionen als auch jene von Wissenschaftler:innen in Expert:inneninterviews betrachtet. Die Themen der Gruppendiskussionen sowie der Interviews zeigen in den ersten Auswertungen, dass Berührungspunkte zwischen Praktiker:innen und Forschenden – Voraussetzung für die oben skizzierte Wissenstransformation – nicht selbstverständlich sind. Die Aussagen der Befragten legen die Annahme nahe, dass Praxis und Forschung meist als getrennte Welten wahrgenommen werden. Dabei zeigt sich aber auch, dass sowohl Forschende als auch Fachkräfte den Aspekt des Dialogs und der Kooperation zwischen Praxis und Forschung als wichtig erachten. So bleibt es eine entscheidende Herausforderung, die Lücke zwischen Forschung und Praxis zu überwinden und die dafür notwendigen personellen, zeitlichen sowie finanziellen Ressourcen bereitzustellen. Dies stellt die Voraussetzung dafür dar, in eine Wissenstransformation einzusteigen und so auch gemeinsame, nachhaltige Entwicklungsprozesse im Arbeitsfeld anzustoßen.  

Alle zentralen Ergebnisse der zehn Forschungsprojekte und erste Einblicke in theoretische wie empirische Erkenntnisse zum Transfer im System der Frühen Bildung wurden auf der Abschlusstagung der Förderrichtlinie im Mai 2022 vorgestellt. Darüber hinaus waren drei Keynotes Teil des Programms: Prof. Dr. Yvonne Anders (Otto-Friedrich-Universität Bamberg), Prof. Dr. Werner Thole (Technische Universität Dortmund) und Dr. Veronika Manitius (QUA-LiS NRW) gaben Einblick in relevante Themen, die es bei der Qualitätsentwicklung zu berücksichtigen gilt. Die Dokumentation der Tagung – mit Videomitschnitten – ist auf dieser Webseite abrufbar. 

Weitere Informationen zur Förderrichtlinie, zum Metavorhaben und einen Überblick über relevante Publikationen und Ergebnisse sind unter www.dji.de/metaqeb zu finden.

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