
Stellungnahme der Kita-Fachkräfteverbände zum Sondierungspapier von CDU, CSU und SPD
Keine ernsthaften Bemühungen um kindgerechte und entwicklungsförderliche Standards
für alle deutsche Kitas erkennbar
Die Absichtserklärungen zum Thema frühkindliche Bildung im Sondierungspapier von CDU und SPD verkennen die schlechten Rahmenbedingungen in unseren Kitas und bieten keine grundsätzlichen Lösungen, um bundesweit gute frühkindliche Bildung und Chancengerechtigkeit in unseren Kitas zu etablieren.
Wir begrüßen das im Papier formulierte Ziel, beste Bildung auf allen Ebenen zu etablieren.
Zitat aus dem Sondierungspapier: „Als rohstoffarmes, von Industrie geprägtes,
exportorientiertes Land sind wir auf ein leistungsfähiges, innovatives Bildungs-,
Wissenschafts- und Forschungssystem angewiesen. Eine hervorragende Bildung auf allen
Ebenen ist dafür das Fundament. Alle Kinder und Jugendliche in Deutschland sollen
gerechte und gleiche Bildungschancen für ein selbstbestimmtes Leben haben.“
Zur Erreichung dieses Ziels werden eine frühzeitige Sprachdiagnostik, die Wiederaufnahme der Sprachkita-Programme die Ausweitung des Startchancenprogramms auf Kitas in herausfordernden Lagen genannt.
Frühzeitige Sprachdiagnostik:
Erzieher*innen sind nicht ausgebildet, um diagnostische Verfahren durchzuführen, bzw. dürfen keine Diagnosen jeglicher Art stellen. Entgegen einer Sprachstandserhebung kann eine Sprachdiagnostik daher nicht in Kitas durchgeführt werden.
Die Wiederaufnahme der Sprachkita-Programme:
Daran schließt sich die Frage an, wie Kitas eine kontinuierliche und gezielte Sprachförderung im Kita-Alltag bei allen Kindern mit Förderbedarf gewährleisten sollen. Vor Abschaffung des
Bundesprogramms zur Sprachförderung waren lediglich 12,5 % aller Kitas Nutznießer und bekamen zusätzlich eine Sprachförderkraft in ihrer Einrichtung zur Verfügung gestellt. Kinder mit Sprachförderbedarf gibt es aber in jeder deutschen Kita. Was geschieht mit den 87% aller Kitas, die keine zusätzlichen personellen Ressourcen erhalten?
Die Ausweitung des Startchancenprogramms auf Kitas in herausfordernden Lagen:
Zusätzliche Förderung für Kitas nach sozialräumlichen Gesichtspunkten begrüßen wir. Allerdings gibt es ein grundsätzliches Problem. Die seit vielen Jahren von Wissenschaft und Fachpraxis angemahnten Mindeststandards für eine gute Kita-Qualität gelten als nicht finanzierbar und werden deshalb nicht umgesetzt. So haben beispielsweise alle Bundesländer bereits 2019 im Rahmen des sogenannten „guten Kita-Gesetzes“ unterschrieben, dass sie eine Fachkraft-Kind Relation nach fachlichen Mindestanforderungen anstreben. Dafür sollten bundeseinheitliche kindgerechte Personalstandards etabliert werden, die bis heute auf sich warten lassen.
Beste Bildung für unser rohstoffarmes, exportorientiertes Land kann nur mit den notwendigen finanziellen Mitteln gelingen. Das Kita-System bildet das Fundament des Bildungssystems. Wer hier investiert, legt die Grundlage für wirtschaftlichen Erfolg und Sicherung unseres Wohlstands. Dem Bund obliegt die Aufgabe, allen Kindern und Jugendlichen in Deutschland gerechte und
gleiche Bildungschancen für ein selbstbestimmtes Leben zu bieten sowie die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu fördern. Damit das gelingt, fordern wir eine stärkere dauerhafte
finanzielle Beteiligung des Bundes an der frühkindlichen Bildung. Gemeinsam mit Kommunen und Ländern trägt auch der Bund Verantwortung für ein qualitativ hochwertiges Kita-System, auf das Kinder, Fachkräfte und Eltern seit Jahren vergeblich hoffen. Kita-Rahmenbedingungen, die nicht entwicklungsförderlich sind, gefährden die kindliche Entwicklung. Ohne ausreichend Zeit und Raum für Zuwendung, intensive Interaktion und Begleitung der kindlichen Entwicklung bleibt das im Sondierungspapier genannte Ziel einer hervorragenden Bildung auf allen Ebenen ein Lippenbekenntnis.
Quelle: Kita-Fachkräfteverbände in Deutschland