
Verdi legt Gesetzesnovelle für KiTaG vor
Im Kita-Streik sind zwei Gewerkschaften engagiert: Die GEW und Verdi. Während wir bislang die GEW zu Worte kommen ließen (siehe die beiden Editorials von Bernhard Eibeck) wird heute der Gesetzentwurf der Gewerkschaft Verdi an dieser Stelle veröffentlicht.
Seit Erlass des Niedersächsischen Kindertagesstätten-Gesetzes im Jahr 2002 haben sich die gesellschaftlichen, bildungs-, sozialpolitischen, aber auch die berufsfachlichen Bedingungen massiv verändert. Entsprechend hatte auch die rot-grüne Landesregierung in ihrer Koalitionsvereinbarung angekündigt, ein reformiertes KiTaG auf den Weg zu bringen. Aber, so ver.di-Landesleiter Detlef Ahting: „Seit zwei Jahren warten Erzieherinnen, Eltern und politisch Interessierte nun vergeblich auf diese Novellierung. Um die politische Diskussion zu befördern, legt die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di jetzt eine eigene Gesetzes-Novelle vor".
Die zentralen Änderungsvorschläge von verdi für ein neues KiTaG sind folgende:
1. Zeitfaktor
Die Anforderungen an den Bildungsauftrag der Kindertagesstätten sind erheblich gewachsen. Für die gewissenhafte Durchführung von Aufgaben wie Beobachtung und Dokumentation, Reflexion, Planung, Vor- und Nachbereitung der Arbeit, Zusammenarbeit mit den Eltern, Teamberatung, Supervision und für die fachliche Fortbildung stehen nach der jetzigen Regelung je Gruppe insgesamt 7,5 Stunden pro Woche zur Verfügung (für bis zu 25 Kindergartenkinder, 15 Krippenkinder oder 20 Hortkinder). Benötigt werden hingegen 20 Prozent der jährlichen Arbeitszeit, also 7,5 Stunden - und das pro Fachkraft.
Die Kita-Leitungen brauchen mehr Zeit für Leitungsaufgaben. Derzeit ist eine Kita-Leitung mit drei Gruppen für fünf Stunden wöchentlich von der Arbeit in der Gruppe für Leitungsaufgaben, Vorbereitung, Fortbildung freizustellen. Notwendig ist hingegen eine Freistellung von 20 Stunden wöchentlich, um das Arbeitspensum zu bewältigen.
Um den veränderten Anforderungen in den Kindertagesstätten gerecht zu werden, soll der Träger verpflichtet werden, mindestens drei Tage Fortbildung im Jahr zu gewährleisten.
2. Qualifikation
Von den Mitarbeiterinnen in den Kindertagesstätten und in den Krippen wird eine hoch qualifizierte pädagogische Arbeit verlangt, die nur mit einer entsprechenden spezifischen Ausbildung der Beschäftigten gewährleistet werden kann. Eine Anpassung der Arbeitsbedingungen ist notwendig. So ist beispielsweise eine Stellvertretung für die Leitung einer Kindertagesstätte bisher gesetzlich nicht vorgesehen. Durch die Änderung wird die stellvertretende Leitung ab einer Anzahl von drei Gruppen Pflicht (bei einer Gruppengröße von 25 Kinder im Kindergaren, 15 Kinder in Krippen, 20 Kinder im Hort).
Bislang muss lediglich eine Erzieherin mit staatlicher Anerkennung in einer Gruppe tätig sein, die Zweitkraft soll, muss aber nicht Erzieherin sein. Mit der vorgesehenen Änderung wird die Besetzung der Gruppen mit mindestens zwei Erzieherinnen sichergestellt und damit die notwendige Fachkraft-Kind-Relation verbessert. Perspektivisch werden als Zweitkraft nur noch Erzieherinnen mit staatlicher Anerkennung eingestellt. Für die bisher als Zweitkraft beschäftigten Kinderpflegerinnen und Sozialassistentinnen gilt hingegen Bestandsschutz.
3. Gruppengröße
Die geltende Mindestanforderung für die Gruppengröße und damit für das Betreuungsverhältnis sieht vor, dass bis zu 25 Kinder von zwei Fachkräften betreut werden. Aus Sicht von ver.di muss das Betreuungsverhältnis in den Gruppen verbessert werden. Hierzu ist eine Änderung des Personalschlüssels erforderlich.
4. Ausstattung
Die Räume und die Ausstattung der Kindertagesstätten müssen nach dem Gesetz so gestaltet sein, dass eine „angemessene Erziehungs- und Bildungsarbeit" geleistet werden kann und „ausreichende Außenfläche" zur Verfügung steht. Konkret bedeutet dies derzeit, dass für ein Krippenkind 3 m² und für ein Kindergartenkind 2 m² Bodenfläche zur Verfügung stehen, im Außenbereich 12 m² je Kind. Für eine Ganztagsbetreuung reichen die zugestandenen Bodenflächen nicht aus; sie müssen erweitert werden. Gänzlich fehlt eine Regelung für einen Sozialraum, Räume für Elternarbeit, Räume für therapeutische Zwecke sowie Materialräume, die neu einzufügen ist. Diese Räume müssen zukünftig vorgesehen sein.
5. Integration
Die Betreuung mehrerer Kinder mit Behinderung in einer integrativen Gruppe ist nach dem geltenden Gesetz vorrangig vor der Einzelintegration. Derzeit soll eine integrative Kindergartengruppe nicht weniger als 14 und darf nicht mehr als insgesamt 18 Kinder umfassen, davon wenigstens zwei, höchstens vier Kinder mit Behinderung. Inklusive Pädagogik ist aber nur mit kleineren Gruppengrößen zu gewährleisten. Deshalb ist die Gruppengröße auf mindestens 10 und höchstens 16 Kinder anzupassen.
Eine Synapse zu den detaillierten Änderungsvorschlägen von verdi im Vergleich zum alten KiTaG können Sie herunterladen unter KiTaG-Synopse__Mai_2015.pdf.
Quelle: verdi