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Was lange währt, wird endlich gut: Referentenentwurf eines Gesetzes zur Stärkung von Kindern und Jugendlichen

15.10.2020 | Politik Kommentare (0)

Auch wenn die Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe – AGJ an verschiedenen Stellen noch Nachbesserungs- oder Klärungsbedarf sieht, hält sie den Referentenentwurf in der Gesamtbetrachtung für eine wertvolle Weiterentwicklung des Kinder- und Jugendhilferechts. Als besonders unterstützungswürdig bewertet die AGJ die inklusive Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe sowie die Betonung der Subjektstellung der Adressat(inn)en. Die dennoch verbleibenden Leerstellen dürfen aber nicht kleingeredet werden. Sehr kritisch bewertet die AGJ einzelne Regelungsvorschläge im Themenfeld Kinderschutz.

Eine Woche nach Bekanntwerden des Referentenentwurfs eines Gesetzes zur Stärkung von Kindern und Jugendlichen nimmt der Geschäftsführende Vorstand der Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe – AGJ Stellung dazu.

Die AGJ bedankt sich für die Möglichkeit, zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur Stärkung von Kindern und Jugendlichen (KJSG-RefE 2020) Stellung nehmen zu können.

Wertvolle rechtliche Weiterentwicklung des Kinder- und Jugendhilferechts

Trotz der erheblichen Verzögerungen im Verfahren und damit einhergehenden Belastungen begrüßt die AGJ die Inhalte des nun vorgelegten KJSG-RefE 2020. Auch wenn die AGJ an verschiedenen Stellen noch Nachbesserungs- oder Klärungsbedarf sieht, hält sie den KJSG-RefE 2020 in der Gesamtbetrachtung für eine wertvolle rechtliche Weiterentwicklung des Kinder- und Jugendhilferechts, die wichtige Impulse in die Praxis sendet und somit eine Grundlage für eine bedeutsame fachliche Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe bilden kann. Die AGJ erkennt die große Leistung bei der Erarbeitung der KJSG-RefE 2020 an und sieht, dass viele fachpolitische Anregungen aus der Debatte der letzten Jahre aufgegriffen wurden. Hierfür bedankt sie sich ausdrücklich bei den verantwortlichen Personen im BMFSFJ.

Als besonders unterstützungswürdig bewertet die AGJ die inklusive Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe und dass das KJSG-RefE 2020 die Subjektstellung der Adressat(inn)en und damit ein fachliches Wesensmerkmal der Kinder- und Jugendhilfe deutlich im Recht betont. Die Implementierung von Selbstvertretung (§ 4a SGB VIII-E), Ombudsstellen (§ 9a SGB VIII-E), aber auch die an verschiedenen Stellen gestärkten Beratungs- und Beteiligungsansprüche (§§ 4 Abs. 3, 8 Abs. 3, 10a, 36 Abs. 1 S. 2 und Abs. 5, 37, 37a, 42 Abs. 2, 45 Abs. 2 S. 2 Nr. 4 SGB VIII-E) hält die AGJ vor diesem Hintergrund für sehr gelungen. Und obgleich sich die AGJ einen schnelleren und mutigeren Schritt zur Zusammenführung der Zuständigkeit der Eingliederungshilfe für Kinder und Jugendliche mit Behinderung unter dem Dach des SGB VIII gewünscht hätte, hält sie das vorgeschlagene dreistufige Vorgehen für eine abgewogene Lösung, die sowohl die inklusive Ausrichtung der Kinder- und Jugendhilfe verdeutlicht wie auch Verbesserungen für Kinder und Jugendliche mit Behinderung und ihre Eltern mit sich bringt.

Die dennoch verbleibenden Leerstellen dürfen aus Sicht der AGJ aber nicht kleingeredet werden. Sie führen auch weiterhin zu einer Benachteiligung für Familien, in denen ein Familienmitglied eine Behinderung hat oder diese droht. Sehr kritisch bewertet die AGJ besonders einzelne Regelungsvorschläge im Themenfeld Kinderschutz: durch die Umstellung des § 4 KKG-E, die Ausformung der dort aufgenommenen Rückmeldepflicht, insbesondere aber dem Anreiz, Fallverläufe als Kindeswohlgefährdung zu etikettieren (§ 73c SGB V-E) und die Verpflichtung zur Übersendung vollständiger Hilfepläne an das Familiengericht (§ 50 SGB VIII-E), droht aus Sicht der AGJ ein Einbruch der mühsam errungenen abgewogenen fachlichen Kinderschutzarbeit. Es enttäuscht, dass hier offenbar sogar Positionierungen und Hinweise aus dem Dialogprozess Mitreden-Mitgestalten ungehört blieben, die über die Berufsgruppen hinweg einhellig vorgebracht worden waren. An diesen Stellen fordert die AGJ in der Überarbeitung des RefE-KJSG 2020 nochmals deutliche Nachbesserungen.

Nichtsdestotrotz appelliert die AGJ an die politischen Entscheidungsträger/-innen, zeitnah den parlamentarischen Gesetzgebungsprozess zur Reform des SGB VIII aufzunehmen und die politische Debatte über die Regelungsvorschläge so konstruktiv zu führen, dass eine Verabschiedung noch in dieser Legislaturperiode gelingen kann. Ein erneutes Scheitern oder weiteres Vertagen der SGB VIII-Reform würde die AGJ zutiefst bedauern.

Inhalt der Stellungnahme

Zur Erleichterung der Lesbarkeit der Stellungnahme erfolgt die Auseinandersetzung mit den vorgeschlagenen Änderungen in Orientierung an den in der Einleitung des KJSG-RefE genannten Themenbereichen. Diese sind:

1. Kinderschutz
2. Stärkung von Kindern und Jugendlichen in Einrichtungen und Pflegefamilien
3. Hilfen aus einer Hand für Kinder mit und ohne Behinderung
4. Mehr Prävention vor Ort
5. Mehr Beteiligung von jungen Menschen, Eltern und Familien
6. Sonstige Neuregelungen

Quelle: Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe – AGJ

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