viele Hände im Sand, die aufeinander ausgerichtet sind

Zukunftsaufgabe Personalentwicklung in Kindertageseinrichtungen

Pia Schnadt

31.10.2010 Kommentare (1)

Kindertageseinrichtungen sind schon lange keine Einrichtungen mehr, in denen der Nachwuchs lediglich betreut wird. Als entwicklungsfördernde und familienergänzende Leistungen sind Tageseinrichtungen für Kinder heute vielmehr ein Ort der frühkindlichen Bildung. Es geht darum, den Kindern über vielfältige Förderangebote bereits in jungen Jahren beste Bildungschancen zu eröffnen. Allgemein herrscht ein breiter gesellschaftlicher und wissenschaftlicher Konsens über die große Bedeutung von Kindertageseinrichtungen für die Entwicklung von Kindern und ihren späteren Bildungsweg.

Die Tätigkeiten von Fachkräften in Kindertageseinrichtungen orientieren sich stets an aktuellen Lebenslagen von Kindern und Familien und sozialen Rahmenbedingungen. Damit steigen auch die Anforderungen an die pädagogischen Fachkräfte in den Kindergärten. Systematische, auch neue pädagogische Konzepte (z.B. Veränderungen hin zur offenen Arbeit, vgl. Regel 2006, das Konzept der Inklusion, vgl. Booth, Ainscow, Kingston 2006) laden fortwährend zur professionellen Weiterentwicklung ein. Darüber hinaus übernehmen die pädagogischen Fachkräfte und die Kindertageseinrichtungen eine hohe Verantwortung - nicht nur gegenüber dem Kind, das in seinen (Selbst)Bildungsprozessen unterstützt sowie in seiner Persönlichkeitsentwicklung gefördert werden soll, sondern auch als Erziehungspartner gegenüber Eltern und Familien (z.B. Fröhlich-Gildhoff et al.: 2006).

Dass solche veränderte Rahmenbedingungen in der frühpädagogischen Arbeit auch zu neuen Anforderungen an die Qualifikation des pädagogischen Personals führen, ist spätestens mit der Einrichtung der ersten Bachelor-Studiengänge zur Frühpädagogik offensichtlich geworden. Gleichwohl ist der überwiegende Teil der pädagogischen Fachkräfte noch fachschulisch ausgebildet - auch von diesen Fachkräften wird erwartet, dass sie den neuen Ansprüchen an die frühpädagogische Arbeit gewachsen sind. Darüber hinaus gibt es für alle ErzieherInnen im frühpädagogischen Tätigkeitsfeld immer wieder neue wissenschaftliche Erkenntnisse, die in systematisch aufgebauten zielgruppenspezifischen Qualifizierungsmaßnahmen und Weiterbildungen vermittelt werden sollten. Laut einer repräsentativen Studie der GEW (2007) ist die Weiterbildungsbereitschaft unter Erzieherinnen und Erziehern insgesamt sehr hoch; auch werden viele pädagogischen Fachkräfte von ihren Einrichtungen in ihren Fortbildungsaktivitäten unterstützt. Insgesamt scheint es jedoch an systematischen Konzepten der Personalentwicklung in Kindergärten zu mangeln.

Welche Maßnahmen ergriffen werden, um die professionelle Weiterentwicklung der pädagogischen Fachkräfte in einem integrierten Personal- und Qualitätsentwicklungsprozess zu bündeln, zeigt das Beispiel des FRÖBEL e.V. Als Unternehmen der Sozialwirtschaft betreibt der gemeinnützige Träger der Kinder- und Jugendhilfe mit Sitz in Berlin rund 110 Kindertageseinrichtungen, in denen annähernd 10.000 Kinder von 1.800 FRÖBEL-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeitern betreut werden. Die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen werden mit einem umfassenden Personalentwicklungskonzept in ihrer beruflichen Entwicklung unterstützt. Ziel ist hierbei zum einen die Entwicklung und Erhaltung guter pädagogischer Fachpraxis, die das Wohlbefinden der Kinder sicherstellt, die Entwicklung der Kinder anregt und Eltern im Rahmen einer Erziehungspartnerschaft unterstützt. Zum anderen ergeben sich über die durchgeführten Personalentwicklungsmaßnahmen berufliche Entwicklungs- und Karrierechancen, die üblicherweise in diesem Berufsfeld nicht vermutet werden. Bei FRÖBEL eröffnet sich durch die verschiedenen Personalentwicklungsmaßnahmen beispielsweise ein möglicher Karriereweg von einer pädagogischen Fachkraft über die Übernahme einer Kindergartenleitung bis hin zur pädagogischen Fachberatung oder gar Geschäftsführer/in.

Grundlage der Personalentwicklung bei FRÖBEL ist der zwischen der FRÖBEL-Gruppe und der Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW) im November 2009 abgeschlossene Haustarifvertrag, der lebenslanges Lernen durch eine fortbildungsorientierte Tarifautomatik unterstützt, den Studienabschluss in einem frühpädagogischen Studiengang mit einer eigenen Entgeltgruppe honoriert und in dem u. a. das Recht auf Fort- und Weiterbildung sowie auf jährliche Personalentwicklungsgespräche tariflich verankert wurden (vgl. Stampe 2010).

Personalentwicklungsgespräche bieten den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die Möglichkeit, von den unmittelbaren Vorgesetzten eine Rückmeldung über die eigene Arbeitleistung und ihr Engagement zu erhalten, Probleme und Entwicklungsbedarfe anzusprechen und hierfür gemeinsam Lösungen und Unterstützungsmöglichkeiten – etwa durch Aus-, Fort- und Weiterbildung - zu erarbeiten und zu vereinbaren. Das Personalentwicklungsgespräch ist bei FRÖBEL ein zentrales Personalentwicklungs- und Führungsinstrument, das in den Gesamtrahmen der übergreifenden Personal- und Qualitätsentwicklung integriert ist. Gegenstand des Gesprächs sind alle Themen, die die Arbeit betreffen: von der Umsetzung der Hauskonzeption und des Qualitätsentwicklungsprozesses über die angestrebten Qualitätsziele, die von dem FRÖBEL-Kindergarten bzw. der FRÖBEL-Gruppe definiert worden sind, bis hin zu persönlichen Entwicklungszielen. In der Regel konzentriert sich das Gespräch auf ausgewählte Aspekte - bei pädagogischem Personal z. B. auf pädagogische Fragestellungen wie Eingewöhnung, Erziehungspartnerschaft, Beobachtung und Dokumentation u. v. m. Ziel des Gesprächs sind konkrete Vereinbarungen, die die berufliche Entwicklung des/der Mitarbeiter/in in Bezug auf die Qualitätsziele des FRÖBEL-Kindergartens, die persönlichen Entwicklungsziele sowie Perspektiven des/der Mitarbeiter/in in den Blick nehmen und gleichzeitig notwendige Unterstützungs- und Personalentwicklungsmaßnahmen, wie bspw. die Teilnahme an Fortbildungsseminaren, aufnehmen.

Die FRÖBEL-Gruppe bietet in ihrem eigenen Bildungswerk hierfür ein umfangreiches Qualifizierungsprogramm an, denn eine gute pädagogische Fachpraxis erfordert nicht nur reflektiertes pädagogisches Handeln, sondern ebenso die Auseinandersetzung mit aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen, die Vertiefung der eigenen berufsbezogenen Kompetenzen sowie die Weiterentwicklung professioneller Haltungen. Berufsbegleitende Fort- und Weiterbildung, kontinuierlicher kollegialer Fachaustausch sowie Zusatzausbildungen und akademische Berufsabschlüsse sind daher wesentliche Elemente des FRÖBEL-Personalentwicklungskonzepts.

Zu den Personalentwicklungsmaßnahmen gehören u. a. Einführungsseminare für neue Mitarbeiter/innen, die ihnen den Blick über den eigenen Kindergarten hinaus auf das gesamte Unternehmen ermöglichen. Ein umfangreiches betriebliches Fortbildungsprogramm umfasst mehrtägige Seminarangebote zu verschiedenen, für die FRÖBEL-Gruppe bedeutsamen frühpädagogischen Themenstellungen ebenso wie Fortbildungsangebote für Leitungskräfte, Küchen-, Verwaltungs- und technisches Personal. Zu den Maßnahmen gehört aber auch die Möglichkeit, in anderen FRÖBEL-Kindergärten zu hospitieren und so Anregungen für die Entwicklung der eigenen pädagogischen Fachpraxis zu erhalten. Diese Hospitationen müssen jedoch nicht ausschließlich in FRÖBEL-Kindergärten stattfinden, sondern können im Rahmen von internationalen Austauschprogrammen auch bei Partnerorganisationen in Österreich, Finnland oder Schweden erfolgen. In verschiedenen Arbeitsgruppen werden zudem die Schwerpunkte der pädagogischen Fachpraxis, wie bspw. die Umsetzung bilingualer Erziehung in FRÖBEL-Kindergärten, gemeinsam diskutiert und weiterentwickelt.

Die Teilnahme an diesen Angeboten unterstützt der Träger durch zeitliche Freistellungen und die weitgehende Übernahme der Kosten. Mit Zeitressourcen fördert FRÖBEL darüber hinaus Zusatzausbildungen - etwa im Bereich der Integration von Kindern mit Behinderungen, der Sprachförderung oder der Fachausbildung in verschiedenen frühpädagogischen Ansätzen wie Reggio, Fröbelpädagogik u. a. Wichtig ist dem überregionalen Träger aber auch der direkte Draht zur Wissenschaft und Forschung. Im Rahmen einer Kooperation mit der Alice Salomon Hochschule Berlin bietet FRÖBEL seinen pädagogischen Fachkräften zum Beispiel die Möglichkeit, an dem dort angebotenen berufsintegrierenden Studiengang teilzunehmen, der in sieben Semestern parallel zur Berufstätigkeit zum Abschluss „Bachelor of Arts“ führt und in dessen Rahmen FRÖBEL einzelne Seminare mit gestaltet. Dieser Studiengang wird von FRÖBEL außerdem durch eine Stiftungsprofessur an der Hochschule unterstützt.

Ein weiteres wichtiges Element der Personalentwickungsstrategie bei FRÖBEL ist die Führungskräfteentwicklung. Eine gute pädagogische Fachpraxis benötigt Rahmenbedingungen, die sie unterstützen. Solche Rahmenbedingungen werden auf der Grundlage gesetzlicher und trägerspezifischer Vorgaben in der Praxis insbesondere von Leitungskräften gestaltet. Diese müssen die komplexen Aufgaben im Spannungsfeld von frühkindlicher Pädagogik, betriebswirtschaftlichen Anforderungen, Personalführung und Qualitätsmanagement bewältigen. Hinzu kommen das Management von Veränderungen, die Gestaltung von Unternehmenskooperationen, Personalführung in multikulturellen Teams, Beschwerdemanagement sowie Kinderschutz. Um Führungskräftenachwuchs in Kindergärten auf diese Herausforderungen sowohl theoretisch als auch praktisch nachhaltig vorzubereiten, führt der FRÖBEL e.V. ein Traineeprogramm durch, das sich an Erzieher/innen der FRÖBEL-Kindergärten richtet und im Rahmen des Programms „Rückenwind“ vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales sowie vom Europäischen Sozialfonds gefördert wird. In diesem Traineeprogramm sind für die Entwicklung des notwendigen Fachwissens, der Führungspersönlichkeit sowie für die Entwicklung unternehmerischen und strategischen Denkens sowohl Trainingseinheiten ‚off the job’ in Form von Seminaren, Workshops und Coaching vorgesehen, als auch Trainingseinheiten ‚on the job’ in Form von Jobrotation (zeitweilige Arbeit in einer anderen FRÖBEL gGmbH), Hospitationen, Vertretungsaufgaben, Projektaufgaben oder die Bearbeitung ausgewählter Arbeitsaufgaben. Der FRÖBEL e.V. hat damit die Möglichkeit, ein in der Industrie übliches Personalentwicklungsprogramm auf die Anforderungen der Sozialwirtschaft anzupassen und ein überaus innovatives Modell mit Beispielcharakter für den Bereich der Kinder- und Jugendhilfe zu schaffen.

Insgesamt ist die Personalentwicklung bei FRÖBEL Teil einer umfassenden Qualitätsentwicklung. Die Förderung der eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist sieht FRÖBEL nicht nur als Investition in die Zukunft als gemeinnütziger Träger - sie wirkt sich auch spürbar und unmittelbar auf die Qualität der Arbeit in unseren Kindergärten aus.

Literatur

Booth, T.; Ainscow, M.; Kingston, D. (2006): Index für Inklusion (Tageseinrichtungen für Kinder) Lernen, Partizipation und Spiel in der inklusiven Kindertageseinrichtung entwickeln, Frankfurt 2006

Fröhlich-Gildhoff, K., Kraus-Gruner, G. & Rönnau, M. (2006): Gemeinsam auf dem Weg. Eltern und ErzieherInnen gestalten Erziehungspartnerschaft. In: kindergarten heute, H. 10/2006, S. 6-15.

Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) (2007): GEW-Kita-Studie: Wie geht’s im Job? http://www.gew.de/Binaries/Binary35437/GEW-Kitastudie.pdf (25.10.2010).

Regel, G. (2006): Plädoyer für eine offene Pädagogik der Achtsamkeit, Zur Zukunft des Offenen Kindergartens, Schenefeld 2006

Stampe, T. (2010): Neuer Haustarifvertrag bei FRÖBEL - ein Träger geht neue Wege in der Tarifpolitik. https://www.erzieherin.de/neuer-haustarifvertrag-bei-froebel.php (26.10.2010)

Autorin

Pia Schnadt
Dipl. Päd., Prokuristin und Leiterin der Personal- und Qualitätsentwicklung bei der FRÖBEL Competence GmbHTel. 030 21235321. E-Mail: schnadt@froebel-gruppe.de

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Kommentare (1)

Schmidt Holger 11 November 2010, 12:31


Der ganze Bericht liest wie ein Unterstützungsprogramm für den Haustarifvertrag
der Fröbel GmbH

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